Hidden Champions

Wolfgang Ufer

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Lesezeit ca. 16 Minuten

Gemeinsame Passion

Die Auswahl des Teams entscheidet schon über den Erfolg

Als Hidden Champion muss man den Vergleich mit anderen nicht scheuen, oder? Wolfgang Ufer ist da anderer Ansicht: „Da kannst Du eigentlich nur verlieren, weil Du immer nur den Ausschnitt siehst, der toll ist, Du siehst ja nie drumherum.“ Stattdessen fokussiert sich der Geschäftsführer von smart Deutschland lieber auf seine eigenen positiven Gedanken, auch wenn das manchmal ganz schön viel Disziplin von ihm verlangt. Doch Disziplin braucht er in seinem Arbeitsalltag in der Automobilindustrie sowieso. Damit meint Wolfgang keine starren Hierarchien, sondern ein Ziel, auf das er hinarbeiten kann und auf welches er seine positiven Gedanken richtet. Das ist aktuell die Umstellung von smart auf 100 Prozent Elektromobilität. Mit dem smart#1 wird ab Januar das erste Elektroauto des Kleinwagenherstellers vom Band rollen. Dabei setzt smart auf die neuesten Entwicklungen in der Digitalisierung, doch auch ganz bewusst auf die Vorzüge des klassische Autohauses. Denn ein Auto vor dem Kauf anfassen zu können, ist für viele Menschen immer noch wichtig, da ist sich Wolfgang sicher.

Klar, dass Wolfgang Ufer das nicht alles alleine stemmen kann. Er hat ein großes Team, das jeden Tag mit viel Teamgeist an der gemeinsamen Passion arbeitet. Das ist für ihn auch einer der wesentlichen Faktoren des Erfolgs: die Zusammenstellung des richtigen Teams. Denn ohne die richtigen Leute wäre er komplett verloren. Doch wie führt Wolfgang sein Team: Zwar hält er nichts von ausufernden Hierarchien, doch eine klare Verteilung der Zuständigkeiten und der Verantwortung ist wichtig. Dabei ist es jedoch für ihn keine Schande, wenn jemand mit seiner Aufgabe nicht weiterkommt und andere um Hilfe bittet. Warum das gerade auch für den Chef gilt, hat Wolfgang uns im Interview verraten.

Interview mit Wolfgang Ufer

Johannes: Jeder kennt smart: kleines Auto, unverwechselbarer Look. Vor wenigen Monaten hat smart den Vorboten einer neuen Generation vorgestellt, den „smart #1“. Seitdem ist Social Media voll mit positiven Reaktionen. Wenn die Vorbestellungen im September losgehen, bin ich gespannt, wie diese durch die Decke gehen werden. Mein heutiger Gast ist CEO von smart Deutschland und wir erfahren jetzt, welche Erfahrungen ihn bis hierhin gebracht haben. Herzlich willkommen, Wolfgang Ufer. Ich finde es total schön, dass wir hier in einem echten smart #1 sitzen und dass Du Dir die Zeit genommen hast, dabei zu sein.

Wolfgang: Dankeschön, Johannes. Mach ich sehr gerne. Vor allem, wenn man dann in einem smart #1, sogar in einer Lounge Edition sitzt, freue ich mich, Dich hier zu begrüßen.

Johannes: Ich fühle mich hier sehr wohl, muss ich sagen. Wolfgang, was war denn Dein bester Rat, den Du je bekommen hast?

Wolfgang: Das ist eine spannende Frage. Weil Du so generell fragst, gehe ich mal ganz nach hinten. Ich würde dort tatsächlich bei meinem Papa oder meinen Eltern anfangen, die eigentlich immer gesagt haben: „Mach eine anständige Ausbildung“ und mein Vater hat außerdem immer gesagt hat: „Außer man tut es.“ Ich habe dann oft nicht verstanden, was er meinte. Bis ich mal irgendwann verstanden hab, wo dieser Satz von Kästner wirklich herkommt: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“ So hat er mich immer angetrieben, die Dinge wirklich anzupacken, nicht nur drüber zu reden. Und ich finde bis heute, das treibt mich an, das ist so: nicht drüber reden, sondern dann auch wirklich mal in eine Umsetzung kommen, was anpacken. Also es gibt viele, die reden immer davon, was man mal machen müsste oder was sie gern hätten. Ich finde, da ist es manchmal ganz gut, wenn man einfach mal startet und mal den Weg losläuft, denn sonst bleibt man immer da, wo man eigentlich in dem Moment steht.

Johannes: Weitergehen?

Wolfgang: Genau so ist es. Daran erinnere ich mich oft, auch in der Familie ist das quasi so eine Art Motto für alle. Wir sind drei Kinder, meine Mutter ist noch da und immer, wenn ich den Satz zitiere, dann schmunzeln alle. Aber meine Familie, ich habe zwei Kinder und eine tolle Frau, die kennt den auch.

Johannes: Was war denn Dein größter Fehler?

Wolfgang: Ja, das ist auch eine nicht einfache Frage. Ich kann Dir keinen richtig großen Fehler sagen, weil ich finde, bisher ist es mir immer gelungen, irgendwo da rauszukommen, wo ich glücklich bin. Wir kennen das Leben alle. Da gibt es immer die Momente, wo es dann mal echt schlecht läuft, und dann gibt es wieder Momente, da denkt man: Wow, ich bin jetzt gerade im Himmel. Ich bin ein täglicher Läufer morgens und ich sehe das auch immer wie so einen Jogginglauf. Wenn ich dann da die Schwäbische Alb hoch renne, gibt es auch Momente, wo Du sagst: Boah, verdammt, ich packe es jetzt nicht mehr, ich kann nicht mehr. Da gehst Du vielleicht mal vom Tempo, aber am Ende des Tages kommst Du immer heim und bist wieder da. So ist, finde ich, auch eine Karriere. Da gibt es Momente, wo Du fragst: Wie geht es jetzt hier weiter, wie soll ich mich hier motivieren? Und wenn Du da irgendwo eine gute Richtung für Dich findest, dann gibt es auch immer einen Weg weiter oder einfach aufstehen und sagen: Wo kann ich jetzt hingehen? Und so richtig schwer, dass ich sage, dass ich da voll in die Sackgasse gekommen bin, ist mir zum Glück bis heute nichts passiert. Es liegt aber vielleicht auch daran, dass ich eigentlich jemand bin, der immer das Positive sucht. Das brauche ich auch. Ich brauche ein gutes Ziel vor mir. Ich spreche da oft im Team auch von dem Mount Everest, den wir da hochgehen zusammen. Das ist für mich wichtig. Ich brauche eine Herausforderung, wo ich sage, da will ich ankommen und da muss ich mich halt neu ausrichten. Wenn ich gerade jetzt hier an der Stelle vielleicht mal stecken bleib.

Johannes: Und dann nimmst Du das Team auch mit?

Wolfgang: Ja, wenn es geht, schon. Das muss natürlich immer passen. Wenn Du Dich jetzt nicht komplett irgendwie neu ausrichtest, machst Du das zusammen mit dem Team, denn sonst bist Du ja komplett verloren. Also ich bin da schon wirklich ein echter, überzeugter Teamplayer. Nicht im Sinne, dass ich selber nichts weiß oder nichts kann oder nichts machen will. Ich bin jemand, der auch gerne vorlebt, mir ist es wichtig, auch das zu tun, was ich predige. Aber ich bin halt tausendmal stärker, wenn ich tolle Menschen um mich rum habe, die dann zusammen mit mir nochmal viel klüger sind.

Johannes: Warst Du schon immer ein Teamplayer?

Wolfgang: Ich war insofern schon immer ein Teamplayer, weil ich zwar ganz toll aufgewachsen bin, so richtig behütet auf der Schwäbischen Alb, in einem kleinen Dorf, aber meine Eltern mir die Möglichkeit gegeben haben, auf ein katholisches Internat zu gehen. Da wirst Du Teamplayer.

Johannes: Wie lange warst Du da?

Wolfgang: Da war ich so um die fünf Jahre. Mein jüngerer Bruder, der war da auch mit dabei, der war noch länger. Das hat uns geprägt und auch zu dem gemacht, was wir heute sind. Da wirst Du zum Teamplayer, da weißt Du, wie wichtig es ist, die Gemeinschaft zu haben. Es gibt ja so viele, sage ich mal, schlimme Geschichten über solche Einrichtungen. Ich kann nur Bestes davon berichten, ich wäre nicht das Heute, wenn ich da nicht gewesen wäre.

Johannes: Wenn Du auf die letzten Monate zurückblickst: Wie ging es Dir? Ich meine, bei Euch hat sich jetzt hier im Geschäft sehr viel getan.

Wolfgang: Ja, es ist auch wieder so ein Punkt, so mit smart. Der smart ist ja eine Geschichte, die geht schon ein paar Jahre. Also wir sitzen ja heute in Renningen und Renningen hat auch viel schon gesehen. Renningen war vor 20 Jahren schon ein Standort, wo wir mit smart ein Center hatten, wo Fahrzeuge standen, Entwicklungsteams saßen. Lustigerweise haben wir auch jetzt wieder smart-Leute in der neuen Firma, die damals auch dabei waren. Denen war es wichtig, dass wir wieder in Renningen sind und es heißt, wir dürfen hier noch mal die Geschichte von smart weiterschreiben, und ich finde, auch erfolgreich machen, noch mal wirklich neu aufstellen. Das ist das, was ich vorher gemeint habe: Mit smart waren wir an einem Scheideweg und ich war auch mit dabei die letzten Jahre, wo es einfach darum ging, smart vollelektrisch umzustellen. smart hat ja seit 2007 elektrische Fahrzeuge.
Wir haben dann irgendwann den Dieselskandal miterlebt. Damit sind Verbrenner sehr schwierig geworden. smart war dann im Prinzip der erste Serienhersteller, der umgestellt hat und seit 2019 nur Elektrofahrzeuge anbietet. Das klingt jetzt alles toll und man sagt: Wow, super! Aber im Hintergrund war das richtig hart mit der Elektromobilität. Das ist ein sehr hartes Thema für die Autoindustrie. Wenn Du dann in so einem kleinen Fahrzeug unterwegs bist, auch als Marke, das ist schon, wenn Du Dir die wirtschaftliche Situation vorstellst, nicht einfach. Da sind die Momente, wo Du sagst: Okay, wie kann es jetzt weitergehen? Da bin ich natürlich jetzt da nicht der Entscheider gewesen, aber dass dann die Marke diese Chance bekommt, über diese Partnerschaft, die wir jetzt haben, in diesem Joint Venture noch mal so durchzustarten. Ich freue mich, dass es Dich jetzt hier auch berührt, wenn wir hier in der neuen Generation sitzen. Das ist wieder so ein Moment, wo ich sage, es lohnt sich einfach aufzustehen und einfach wieder das Ziel zu suchen und da hinzurennen oder das umzusetzen.

Johannes: Da, wo Ihr jetzt steht, habt Ihr natürlich eine ganz andere Basis. Also Du hattest vorhin im Vorgespräch schon gesagt, jetzt habt Ihr eine Kooperation mit Geely, das ist ja auch ein E-Konzern.

Wolfgang: Ja absolut. Wir sind ja im Prinzip unsere beiden Gesellschafter, die Mercedes-Benz AG und Geely. Du musst es Dir so vorstellen, dass Mercedes-Benz uns zum einen schon mal hilft, Fahrzeuge zu konzipieren und dann noch zu designen. Das ist auch das, was Dir hier dieses Lachen ins Gesicht bringt oder die Freude, wenn Du diese Formen siehst. Wir haben gerade vorhin über Kopfstützen gesprochen und alles, was mit Liebe aufgebaut ist, aber auch mit einem tollen Style, Farben, Formen, Materialien, wird alles von Mercedes entwickelt. Das hat uns geholfen, dass es toll wird. Und dann geht es in die smart-Entwicklung und da setzen wir halt dann auf die Geely-Plattformen und das sind halt echte High-Tech-Plattformen und die haben da unfassbare Technologie zur Verfügung und auch Performance, so dass wir dann diese supermodernen Elektrofahrzeuge hier haben.

Johannes: Es ist auch komplett neu aufgesetzt?

Wolfgang: Genau das ist komplett neu aufgesetzt und das sind Fahrzeuge, die wir uns wirklich auf einer grünen Wiese überlegt haben, die aber auch in die Zeit passen. Also muss ich wirklich sagen, besser hätte man es nicht tun können. Wir sind da sehr stolz und froh drüber. Das heißt aber nicht, dass ein Fortwo nicht in die Zeit passt. Der passt sehr wohl auch in die Zeit, der läuft ja auch noch. Aber unser erstes Auto dieser neuen Generation ist unser smart #1, in dem wir jetzt sitzen.

Johannes: Was erwartet uns in den nächsten Jahren? Was hast Du noch so vor?

Wolfgang: Also vor allem, dass wir erfolgreich sind. Wir wollen mit diesen Fahrzeugen natürlich hier in Europa auch richtig punkten. smart #1 heißt auch, dass es womöglich auch noch weitere Fahrzeuge gibt. Das sind natürlich alles elektrische Fahrzeuge, die werden alle ein super Design haben, die werden tolle Technik haben und da wollen wir uns als Anbieter etablieren – oder weiterentwickeln. Wir sind schon etabliert. Wenn man mal überlegt: Letztes Jahr hat smart 24.000 Autos verkauft, das ist schon richtig viel und da gab es die neuen Autos noch nicht. Also der Fortwo hat immer noch unfassbar viele Kunden und jetzt wollen wir halt mit dieser neuen Generation wachsen und auch ein bisschen größer werden, sodass wir hier auch die Möglichkeit haben, fünf Personen ganz einfach zu transportieren. Damit kann auch eine Familie locker umgehen, wenn ich ehrlich bin. Das kannst Du sogar als Erst-Auto verwenden, denn mit den superschnellen Ladezeiten und der Reichweite hast Du da jetzt nicht mehr viel Einschränkungen. Das passt in die Zeit und so wollen wir uns am Ende des Tages weiterentwickeln. Aber wir werden nie unsere Wurzel vergessen. Wir sind urban. Wir wollen eine urbane Mobilität anbieten, das heißt, wir werden im Kompakt-Fahrzeug-Segment bleiben in diesen Größen, Dimensionen. Da ist man zu Hause und da sind wir unterwegs.

Johannes: Und was ist Deine jetzige Aufgabe als Geschäftsführer?

Wolfgang: Ich bin verantwortlich für Deutschland. Deutschland ist natürlich insofern für uns sehr wichtig, weil wir jetzt als erster Markt in Europa starten. Wir werden im September die Vorbestellung für die Fahrzeuge haben und ab Januar dann den Vertrieb starten. Das war natürlich jetzt die letzten Jahre sehr toll, dass ich da maßgeblich mitarbeiten durfte, dass wir uns hier unsere neuen Konzepte überlegen durften, denn der Automobilvertrieb ist gerade wirklich im Wandel. Und zwar weniger aus der Not, dass ich jetzt in der alten Welt stecke, sondern eher in dem Sinn: Ich habe eine komplett grüne Wiese, wie will ich die bebauen? Also eher so ein Neubau, nicht eine Sanierung, um mal so bildlich zu sprechen. Und da haben wir jetzt ein tolles Konzept, wo wir sagen: Wir sind schon weiter als Online Sales. Viele sagen mir: Stell Dein Auto online. Aber wir haben jetzt 100 Autohäuser in Deutschland. Da kannst Du gut hinfahren, da musst Du nicht so weit fahren, wenn Du das Auto sehen willst. Denn viele wollen halt mal hier spüren, riechen, die Tür auf- und zuschlagen, das Licht sehen und solche Themen. Dann kannst Du trotzdem nach Hause fahren und das ganze online bestellen oder andersrum. Also wir geben es Dir nicht vor. Das ist im Prinzip beides da. Und wenn Du dann zu uns kommst in diesem Autohaus, dann steht das Auto auch da. Da ist dann ein Profi, der Dich berät und der sagt: Ja, richtig, das ist ein tolles Auto und mit Dir dann auch das Geschäft abwickeln kann. Wieder auf sehr digitale Weise, sodass Du da keinen Stress hast. Das ist uns wichtig. Wir wollen da innerhalb von 15 Minuten mit Dir ein Auto auswählen und dann auch, sag ich mal, einen Leasingvertrag machen, ohne dass Du groß Papier unterschreiben musst. Alles digital. Da sind wir super innovativ, nicht nur mit dem Fahrzeug, sondern auch das gesamte Geschäftsmodell betreffend.

Johannes: Das heißt eine Viertelstunde auf Eurer Seite und dann kann man ein Auto kaufen?

Wolfgang: Genau so ist es im Prinzip. An dem Thema arbeiten wir und ab dem 1. Januar soll das möglich sein für Euch oder für die Interessenten.

Johannes: Du warst ja vorher bei Daimler. Oder war es Mercedes?

Wolfgang: Mercedes. Ich war ganz lang bei Mercedes und bin dann circa vor zehn Jahren zu smart gekommen.

Johannes: Aber diese Kultur, die jetzt lebt, das Miteinander, das OpenOffice. Hattet Ihr es damals auch schon oder ist es jetzt wirklich mit der Herausgründung ein neuer Schritt von Dir gewesen, dass Du sagtest: Hey, jetzt gestalte ich.

Wolfgang: Also ich bin da nicht alleine. Der Europachef ist beispielsweise auch sehr wichtig in dieser Kultur und meine Kollegen da ebenfalls. Aber ich sage es mal so: Ich denke, Mercedes ist da auch sehr innovativ und offen in diesen Konzepten. Bei smart, da hält uns hier gar nichts mehr in der neuen Company, also ich glaube, jetzt sind wir schon noch mal ein Ticken agiler, müssen es aber auch sein, weil wir auch viel kleiner sind und kleinere Strukturen haben und auch sehr schnell arbeiten müssen. Wenn Du Dir mal vorstellst, dass wir da vor drei Jahren die richtig großen Entscheidungen gefällt haben, das zu tun und jetzt sitzen wir schon in dem Auto, das ist unfassbar taff. Da gibt es ganz viele, die ganz viel arbeiten und vieles richtig machen. Und das auch jetzt im Hinblick auf Verkaufsstart Anfang nächsten Jahres. Das ist schon eine Timeline, die sehr krass ist.

Johannes: Ja, und dazu brauchst Du auch dann die Leute, die diese Flexibilität mittragen und auch diese Geschwindigkeit.

Wolfgang: Die dürfen auch keine Angst haben, die müssen mit sich selber im Reinen sein. Also das ist, was ich so machen will, das kann ich. Dafür musst Du die richtigen Leute finden. Das ist, was ich meine: bei der Auswahl des Teams entscheidest Du im Prinzip schon über den Erfolg. Deswegen ist es für mich auch ganz wichtig, die richtigen Leute zu haben. Ich muss ganz ehrlich sagen, da sind jetzt auch viele hier, gerade im Background, die mich unterstützen.

Johannes: Du hast auch schon gesagt, dass es hier gar keine Hierarchien gibt. Wie führt man dann?

Wolfgang: Wir haben schon gewissermaßen Hierarchien. Ich glaube, ohne die geht es auch gar nicht. Und da geht es gar nicht so darum, dass jetzt einer sagt: Ich bin jetzt Chef und sprich mich bitte so und so an! Also ich glaube, das merkst Du, dass wir relativ locker sind, nicht weil wir locker sein wollen, sondern weil wir einfach gar nicht brauchen, jetzt hier irgendwelche Allüren zu veranstalten. Du brauchst eine Struktur und Du musst auch Verantwortlichkeiten klar zuweisen. Also jetzt wieder Mount Everest: Wer trägt diesen Rucksack und wer hat die Aufgabe, die Klappe zu halten oder zu sagen: Wir gehen jetzt mal rechts oder links? Das muss schon klar sein. Das klingt alles so locker, aber dieser Plan, der muss schon stehen. Da bin ich schon auch sehr dahinter her, dass wir da ganz genau wissen, wer was tut und das immer wieder auch zu überprüfen. Sind wir noch auf der richtigen Strecke? Da geht es jetzt nicht darum, dass wir uns Stunden in irgendwelche Projektplanungsmeetings verstricken, sondern das relativ kompakt und klar machen. Da muss sich auch jeder selber fragen: Bin ich auf der Strecke? Was ist mein Problem? Habe ich da irgendwo Themen, wo ich Unterstützung brauche? Gibt es Informationen auch für den anderen? Damit ist relativ viel Verantwortung verbunden und das meine ich auch, das kann oft einer nicht allein. Und wenn er dann dazu noch Teammitglieder bekommt, dann ist er ja in gewisser Weise ein Chef oder es gibt eine Hierarchie. Aber das wird jetzt nicht so gelebt, dass ich beispielsweise mit den Mitarbeitern nichts zu besprechen habe. Da sind wir komplett entspannt und das macht ja sonst auch keinen Sinn.

Johannes: Das ist ja das, was schnell passiert, wenn man zu komplexe Hierarchiestufen hat, dass dann Prozesse sehr verlangsamt werden und man eben nicht so schnell ist. Sonst hättet ihr, glaube ich, das in diesen letzten drei Jahren gar nicht so aufsatteln können.

Wolfgang: Da kommt noch dazu, dass ich vielleicht jemanden für ein Thema einstelle, aber ich gerade eine Not im Thema XY habe und ich überhaupt kein Problem damit habe, meinen Leuten zu sagen: Kannst Du mir an der Stelle helfen? Dann gehen die da rein und machen das und dann lösen wir ein Problem, das vielleicht ursprünglich gar nicht so bei dem Kollegen in seiner Stellenbeschreibung steht, sondern die gehen dann da rein und sagen: Wir wollen alle gemeinsam da ankommen. Deswegen haben wir dieses Problem gerade. Wir gehen da ran und lösen das und dann geht es weiter. Und das ist das Großartige, dass diese Bereitschaft da ist. Also da guckt jetzt niemand auf die Uhr und sagt: In zwei Minuten habe ich Feierabend. Das ist auch die Attitude, die man eigentlich braucht. Du stellst ja Menschen ein, weil sie mit Dir ankommen wollen, egal ob an einem Geschäftsziel oder bildlich gesprochen. Die haben alle eine Passion, um anzukommen.

Johannes: Hast Du einen Mentor?

Wolfgang: Also, ehrlich gesagt, habe ich eine Mentorin.

Johannes: Wer ist das?

Wolfgang: Das war die härteste Chefin, die ich je hatte. Die hat mich irgendwo begleitet. Relativ früh habe ich die schon gesehen, dachte: Wow, echt tolle Managerin. Und das war die ehemalige smart-Chefin, die Dr. Annette Winkler, die mich auch zu smart geholt hat. Ich war vorher schon in Funktionen unter ihr, da war ich nicht so nah dran. Aber ich muss sagen, sie hat mich da indirekt immer unterstützt, weil das Thema auch super lief und ich war dann im Ausland und aus dem Ausland hat sie mich dann zu smart geholt. Am Anfang wollte ich gar nicht zu smart.

Johannes: Was war der Grund?

Wolfgang: Ich war voll Mercedes AMG und ich habe gerade vom SLS 40 Stück in Luxemburg mit verkauft und dann war der smart da. Ich fand smart immer cool, aber irgendwie dachte ich, vielleicht bleibe ich bei Mercedes. Sie hat mich dann auf ihre Art motiviert und zur Marke gebracht und dann wurde ich auch angesteckt mit diesem Spirit. Ich durfte auch sehr nah mit ihr arbeiten. Dass ich so wahnsinnig viel gelernt habe, muss ich wirklich sagen. Das hat mich schon geprägt und aber auch jetzt nicht nur immer nur im Sinne von nur gelobt, sondern sie ist auch jemand gewesen, der mal gesagt hat, was nicht gut war. Das hat mich auch weitergebracht, muss ich ehrlich sagen, weil ich dann auch was damit anfangen konnte mit dem Feedback und ich konnte es dann auch verstehen. Übrigens, in der Funktion, in der ich heute bin, profitiere ich eigentlich am meisten von der Zeit.

Johannes: Super spannend. Hat sie einen Spruch gehabt, der Dich geprägt hat oder den Du mitgenommen hast?

Wolfgang: Also ich sage es mal so. Sie ist rhetorisch so stark, sie hat so viel tolle Sachen gesagt. Ich könnte da lustige Momente zitieren, aber auch, wie sie eine Bühnenpräsenz hatte und wie sie Fahrzeuge präsentierte, das war schon einmalig. Wirklich, das war top und Leute inspirieren konnte sie auch.

Johannes: Für was bist Du, wenn Du auf die letzten Jahre zurückblickst, am dankbarsten?

Wolfgang: Am Ende bin ich tatsächlich dankbar, weil ich so tolle Kinder, eine so tolle Familie habe, Gesundheit, dass wir hier in Deutschland leben, dass wir eine Familie aufziehen dürfen, dass ich einen tollen Job habe, der mir Spaß macht. Also ich könnte da jetzt ganz viel erzählen. Meine Kinder, wenn sie dann manchmal zu mir sagen: „Ja, der hat das und wir haben das.“ Und dann sage ich: „Jetzt mal ehrlich! Wollt ihr tauschen?“ Dann ist das Gespräch in der Regel relativ schnell beendet.

Johannes: Weil Du der beste Papa bist, wahrscheinlich …

Wolfgang: Gut, daran arbeite ich jeden Tag. Das will ich auch immer bestätigt haben. Aber das gehört auch dazu. Aber wirklich, ich bin dankbar, dass wir irgendwo alle die Situation haben, und ich habe auch echt immer wieder viel Glück. So empfinde ich es zumindest, auch dass ich so einen tollen Job habe. Das ist ja auch Glück. Wenn man was machen kann, was einem Spaß macht und sich damit auch identifiziert, dass ich tolle Produkte habe, auf die ich stolz bin und wo ich es wirklich auch jedem erzähl, der es hören will oder nicht hören will. In der Regel wollen sie es aber tatsächlich hören. Das macht dann noch mehr Spaß. Das ist super.

Johannes: Du hattest vorhin von Deiner Energie gesprochen und vor allen Dingen auch vom positiven Denken. Es gibt ja immer Einflüsse, die einen prägen und Einflüsse, die einen auch ein Stück weit auch runterziehen. Wie schaffst Du es, diesen positiven Gedanken beizubehalten oder da auch die Energie aufzubringen, immer nach vorne zu gucken? Denn ich glaube, das ist etwas, was auch vielen schwerfällt, denn je nachdem, wie man von seiner Art ist, als Charakter, gibt es Dinge, die einen stärker beeinflussen, aber auch Dinge, die vielleicht leichter an einem vorbeigehen. Wie schaffst Du das?

Wolfgang: Das ist ein valider Punkt. Da kann man sich schon ganz schön, sage ich mal, stressen oder auch selber kaputt machen, indem man immer in die negativen Themen reingeht. Kann man ja, man kann ja seine Gedanken schon ein bisschen steuern oder sich vergleichen. Das finde ich dann das Allerschlimmste, wenn Du anfängst, Dich zu vergleichen. Da kannst Du eigentlich nur verlieren, weil Du immer nur den Ausschnitt siehst, der toll ist, Du siehst ja nie drumherum. Was ist da jetzt noch so? Das ist so ein bisschen ein Loser-Modell, wenn Du Dir immer nur vorstellst, was andere haben und ich nicht habe. Aber man muss sich schon immer so ein bisschen diszipliniert an die positiven Themen hängen und die auch finden. Also was ist denn jetzt positiv? Worauf kann ich mich freuen und warum will ich jetzt genau diesen Weg gehen? Also für mich ist das schon so ein bisschen eine Disziplin, das Positive zu sehen, weil Negatives haben wir doch alle, oder?
Das ist das Einfachste und auch wenn einem dann vielleicht geschäftlich die ganze Zeit irgendwas Negatives erzählt wird, kann man ja trotzdem oft auch mal sagen: Vielleicht haben wir auch ein paar positive Themen. Ich habe Dir im Vorgespräch erzählt, dass wir hier tolle Kollegen haben in den anderen Ländern, wir kennen uns schon jahrelang, die sind auch alle an Bord und wir haben da so auch so eine Gemeinschaft, dass dann der eine dem anderen sagt: Ja, schon richtig, jetzt gerade nicht lustig, aber die Grundgeschichte ist super und wir sind da richtig unterwegs. Also das machen wir auch so im Zusammenspiel. Jetzt kriegst Du das öfter auch mal von einem guten Kollegen oder Freund gesagt und dann siehst Du es auch selber wieder relativ rasch. Also das finde ich, das gehört auch dazu. Du brauchst auch Menschen, mit denen Du reden kannst.
Ich sage immer neu kalibrieren und sagen: „Entspann Dich mal, da vorne ist der Tunnel zu Ende. Da siehst Du übrigens schon Licht.“

Johannes: Welche Eigenschaften schätzt Du an einer Frau am meisten?

Wolfgang: Sie hat unfassbares Verständnis für mich und meine Eigenheiten. Ich bin jetzt wahrscheinlich auch nicht immer der einfachste Mensch der Welt. Aber ich muss sagen, da ist sie schon sehr verständnisvoll und macht es auch mit. Sie ist ja selber übrigens auch eine Führungskraft und es ist ja nicht so, dass sie jetzt nur zu Hause sitzt und wartet, bis ich komme, sondern sie hat auch einen eigenen Beruf. Der ist übrigens auch sehr aufwendig. Da hat sie auch eine Verantwortung. Trotzdem schafft sie es, die Kinder ganz toll aufwachsen zu lassen. Da helfe ich, wo ich kann. Ich bin mir dessen auch bewusst, dass ich da jetzt nicht nur so ab und zu mal vorbeischaue und sage: „Hallo, ich bin euer Papa!“, sondern ich will auch dabei sein. Ich will auch mitprägen. Ich schätze an ihr einfach, dass sie da so brutal viel macht. Es ist unfassbar, was da gerade Frauen an Themen tragen müssen, wenn sie erfolgreich im Job sind und eine Familie mit unterstützen. Wenn ich jetzt als Mann auch einen Job machen will, der mich fordert, das ist schon brutal, muss ich sagen. Also ich finde es immer lustig, wenn Dir dann irgendwie ein Student erklärt, er hätte keine Zeit und dann denke ich: Alles klar.

Johannes: Ja, hab mal ein paar Kinder, Verpflichtungen, Job, Deine eigenen Freiheiten, die Du auch brauchst. Da ist ganz schnell der Tag rum und man braucht noch mal einen Tag.

Wolfgang: Oder dieser Tag ist in Summe mal länger.

Johannes: Ja, gefühlt hat mein Tag auch immer 36 Stunden. Wo holst Du Dir die ganze Energie her? Ich meine das jetzt trotz allem. Die Frage kann ich natürlich auch an Deine Frau richten, aber ich frage sie Dich.

Wolfgang: Schon aus der Familie. Es ist einfach dieses Wohlfühlen, die Tatsache, dass man eine Familie hat, aber auch aus dem Beruf, dass er mir einfach so viel Freude bereitet, dass ich da dabei sein darf. Für mich ist so ein Beruf oder die Karriere im Prinzip eine Geschichte. Wenn ich auch immer mit Menschen rede, die sich jetzt überlegen, einen neuen Job anzufangen, sich da irgendwo zu bewerben, sage ich: Mach immer genau das, was Du auch gerne dann erzählen würdest – in der Abfolge, denn dann passt es zusammen. Es muss ja immer eine Geschichte sein.
Das ist wie so ein Film. Am Ende bist Du ja Teil eines Films. Und die Frage ist: Was ist der nächste Schritt, den Du machen willst? Passt er in diese Szene oder ist es komplett? Also es muss sich für Dich gut anfühlen. Meine Geschichte, die erzähle ich mir vor allem selber sehr gern. Ich fühl mich da wohl und ich freue mich dabei zu sein. Das sind für mich tolle Momente. Übrigens, jeder Job war für mich immer ganz toll und ich habe mich immer gefreut, dass ich dabei sein durfte. Ich weiß nicht, ob Du das nachvollziehen kannst. So besondere Momente hier, eine Marke in einem Restart mit solchen Produkten, das sind Momente, da bin ich dankbar, dass ich dabei sein darf.

Johannes: Vielen, vielen Dank für das tolle Interview.

Wolfgang: Dankeschön für das Gespräch und dass wir hier in unserem Auto sitzen.

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