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  1. Was war die entscheidende Entwicklung, die dir zum Durchbruch verholfen hat?
    Da gab es mehrere, aber zwei ganz wichtige: 1. Nach der Schule  hatte ich Prof. Dr. Frederic Vesters Buch „Denken, Lernen, Vergessen“ gelesen. Das war für mich eine Offenbarung, weil ich erkannte, dass es wirksamere Möglichkeiten des Lernens gibt als den Frontalunterricht in der Schule. 2. Der Kontakt zu und die langjährige Zusammenarbeit mit meinem beruflichen Mentor Leo Passage, dem Gründer von Pivot Point International, in Chicago, Illinois, USA. Seine so einfache wie geniale Idee war es, den Werkkreis des Bauhaus Dessau als Vorbild für die Effiziensteigerung der Friseurausbildung zu nehmen. Das „Lernen können was ich ich will“ und die Strukturierung meiner Gedanken durch die logische Konsequenz der Bauhaus-Philosophie hat mich fasziniert und mir eine schnelle Entwicklung beschert. 

    Meine entscheidende Business-Entscheidung aber war die Eröffnung unseres Friseursalons 2003 am Roßmarkt in Esslingen. Hier konnte ich alle Einflüsse der letzten Jahre umsetzen: Mitarbeit ersuche, Mitarbeiterentwicklung und Mitarbeiterbindung, der Umgestaltung unseres Ausbildungssystems, die Anpassung an die digitale Transformation, ein vollständig digital basiertes Marketing. Ich hatte erkannt, dass ich mich selber umbilden muss, das ich meinen Horizont vergrößern muss, dass ich analytischer, schriftlicher und viel, viel konsequenter an meinen Zielen arbeiten muss. 

  2. Was war der beste Rat den du je bekommen hast?
    Dazu will ich eine kurze Geschichte erzählen: Als ich meine Reisezeit von 1981 bis 1984 beendet hatte und wieder nach Deutschland zurück kam, war ich ziellos. Angestellt wollte ich nicht mehr sein, Geld für die Selbstständigkeit hatte ich nicht. Es hat einige Zeit gedauert, bis ich mich in Deutschland wieder erden konnte. Geholfen hat mir ein Besuch bei einem damals Mitte der Achtziger schon lebenserfahrenen Psychologen. Dem habe ich meine Probleme geschildert und mich auf eine vernichtende Diagnose eingestellt. Der alte Arzt schaute mich immer wieder mal an, machte sich ein paar Notizen und kam nach kurzer Zeit zu einem nicht erwarteten Ergebnis. An den genauen Wortlaut kann ich mich nicht erinnern, aber im übertragenen Sinn hörte sich das so an: „Junger Mann, was Sie brauchen ist keine psychologische Behandlung. Sie brauchen Struktur in Ihrem Leben. Kaufen Sie sich einen Terminkalender und fangen Sie sofort mit Ihrer Lebens-Organisiation an.“ Diesem Arzt bin ich heute noch dankbar.
  3. Was war dein größter Fehler? Welchen Fehler würdest du nie wieder tun?
    Mein größter Fehler war das Vertrauen in eine Geschäftspartnerin. Diese Dame hat am Hafenmarkt in Esslingen eine Boutique eröffnet (ehem. Ilzhöfer), und ich hatte das Marketing dafür gemacht. Allerdings dummerweise ohne  einen schriftlichen Vertrag. Diese Dummheit hat mich viel Geld gekostet, weil ich so ziemlich alles vorfinanziert oder meine Unterschrift auf ein Angebot gesetzt hatte was man für eine Eröffnung so braucht: Models, Technik, Essen, Werbung. Das war teuer und lehrreich und mein größter geschäftlicher Fehler.
  4. Wer hat dich bei deiner Unternehmensgründung am meisten inspiriert?
    Richard Branson war in den beginnenden Nuller-Jahren einer davon. Er hat auf den ersten Blick eine Vollmeise. Aber er war mutig, hat über den Tellerrand hinaus geschaut, hat die Dinge in die Hand genommen, etwas gewagt und konsequent umgesetzt. Er wurde später abgelöst von Steve Jobs, von dessen Konsequenz und Rücksichtslosigkeit in der Verfolgung seiner Ziele ich sofort fasziniert war. Einen Friseur als Vorbild hat es nicht gegeben, Leo Passage ausgenommen, aber er hat mich eher mit seiner Menschlichkeit inspiriert. Eine kleine Geschichte dazu: Ich habe in den ersten Wochen  meines USA-Aufenthalts bei ihm zuhause gewohnt. In Chicago kann es sehr kalt werden und es gibt im Winter oft extremen Schneefall. An einem Januarmorgen sind wir mit seinem Auto in die Firma gefahren, es hat mächtig geschneit und wir sind auf eine Kreuzung zugefahren, auf der ein Polizist den Verkehr geregelt hat. Aus irgendeinem Grund hatte der Polizist keine Kappe auf. Was macht Leo? Er lässt das Fenster runter und schenkt dem Polizist seine Wollmütze und seinen Schal.
  5. Welchen Tipp würdest du dir selber geben, wenn du die Zeit um 5 Jahre zurück drehen könntest?
    Ganz klar: Frag Dich nach dem WARUM? Deines Tuns. Was er macht und wie er es macht weiß jeder, der den Nukleus, das Warum, ist den wenigsten klar. Aber genau dieses Warum ist die Triebfeder für den Fuß auf dem Gaspedal. Und damit meine ich nicht den immer genannten Grund „Geld verdienen“.
  6. Was ist dein Erfolgsgeheimnis?
    Immer das Warum hinterfragen. Neugierig sein auf die Zukunft. Offen sein für Veränderungen. Nie, definitiv gar nie jammern. Ständig mich selbst hinterfragen. Wach und aufmerksam bleiben. Niemals  inkonsequent sein wenn Konsequenz angesagt ist.
  7. Was glaubst du, wird deine Branche in den nächsten Jahren nachhaltig verändern?
    Ganz klar die digitale Transformation. KI, AR, VR, 3D-Druck wird viele Geschäftsmodelle hervorbringen an die ich heute noch gar nicht denken kann, weil sie noch nicht existieren. Die Prozesse in der Administration werden vollständig digitalisieret sein: Banking, Rücklagenmanagement, Geldanlage, Digitale Buchführung, Software as a Service, Cloud, smarte Terminierung mit der Blockchain-Technologie. Im Salon werden wir digitale Arbeitsplätze mit Smart Mirrors für die Beratung haben, Bezahlung wird mit dem Smartphone, per RFID oder zukünftig vielleicht mit Implantaten durchgeführt. Die Ausbildungsinhalte werden online verfügbar sein und orts- wie zeitunabhängig zur Verfügung stehen, Weiterbildung wird über eLearning-Plattformen laufen und KI wird dafür sorgen, dass wir unsere Dienstleistungen zielgenau für die Bedürfnisse von Kunden zusammenstellen und anbieten können. Die Musik-KI im Salon wird sich automatisch auf die Stimmung im Raum einstellen. Ich werde immer wieder gefragt, was man denn beim Friseur digitalisierten kann, das sein doch ein analoges Handwerk. Diese Fragesteller haben noch nicht richtig nachgedacht.

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