Hidden Champions

Werner Deck

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Lesezeit ca. 16 Minuten

Wie Du erfolgreich ein Franchise-Unternehmen aufbaust

Know-How als Kerngeschäft

Unser heutiger Gast ist ein Hidden Champion im Ruhestand. Werner Deck hat nicht nur über mehrere Jahrzehnte sein eigenes Malerunternehmen geleitet, sondern auch das erste Franchise in dieser Branche aufgebaut. So konnten seine Kollegen von seinem Know-how und dem gemeinsamen Marketing profitieren. Dabei ist Werner Decks Marketingstrategie eigentlich ganz einfach: „Der Kunde will freundlich, pünktlich, zuverlässig, ehrlich und vertrauensvoll behandelt werden.“ Dass einfache Lösungen für scheinbar komplexe Probleme oft sehr erfolgreich sein können, beweist sein unternehmerischer Erfolg. Werner Deck hat nicht nur sein Franchise-Unternehmen erfolgreich geführt, sondern auch viele Jahre seinen eigenen Malerbetrieb für Gewerbe- und Privatkunden. Das war jedoch nicht immer einfach.

Gewinnbeteiligung für die Mitarbeiter? Angestellte, denen man vertraut, am Unternehmen beteiligen? Klingt gut, doch Werner Deck musste mit beidem schlechte Erfahrungen machen. Dennoch ist er ein positiver Mensch und schenkt anderen weiterhin sein Vertrauen. Heute ist Werner Deck im Ruhestand und genießt die Zeit, die er mit seiner Frau ganz ohne unternehmerische Verpflichtungen verbringen kann. Die beiden nutzen ihre Zeit für Reisen und der begeisterte Videoamateur restauriert seine alten Filmaufnahmen. Dabei kommen ihm viele Erinnerungen. Und was ist die schönste Erinnerung eines erfolgreichen Unternehmers? Da muss Werner Deck nicht lange überlegen: „Als Kind ein Zehn-Pfennig-Stück zu finden und das in einen Kaugummiautomaten zu stecken.“

Interview mit Werner Deck

Johannes: Mein heutiger Gast hat eine schier unglaubliche Erfahrung. Vor beinahe 40 Jahren gründete er das erste und erfolgreichste Franchise-Unternehmen im Malerhandwerk und genießt nun seinen wohlverdienten Ruhestand. Ich habe ihn als humorvollen, kreativen Mann kennengelernt, der zu seinem Wort steht und gerne seine Gedanken teilt, zum Beispiel als Redner oder auf seinem Blog. Er lebt vor, was soziales Engagement bedeutet und ist damit ein echtes unternehmerisches Vorbild. Ich darf vorstellen: Werner Deck!

Werner: Hallo.

Johannes: Hi Werner. Was war Dein größter Fehler?

Werner: Ich habe viele große Fehler gemacht. In einem Unternehmerleben bleibt es nicht aus, dass man Fehler macht. Mein größter und teuerster Fehler und auch der, der mich am meisten enttäuscht hat, war, als ich verantwortliche Mitarbeiter am Unternehmen beteiligt habe, unter dem Motto: Wir arbeiten toll zusammen, lass uns das auch unternehmerisch zusammen machen. Und habe da, wenn man so will, Macht abgegeben, habe die Mitarbeiter am Unternehmen beteiligt und nach einer gewissen Zeit sollte ich dann ausgebootet werden. Ich habe auch den Fehler gemacht, dass ich in meinem eigenen Unternehmen nur noch 20 % hielt. Ich konnte mir nie vorstellen, dass sich diese gute Zusammenarbeit mal so negativ auswirkt. Heute würde ich sagen: Wie kann man denn so bescheuert sein? Aber das war einer meiner allergrößten Fehler. Es dauerte schon ein paar Jahre, bis ich das dann wieder richtig auf die Reihe bekommen habe – und es hat mich auch jede Menge Geld gekostet.

Johannes: Das heißt, es war vorher ein Ein-Mann-Unternehmen, quasi als Freiberufler?

Werner: Nein, das war mein Unternehmen Maler Deck GmbH. Da war ich zu 100 % Anteilseigner. Ich habe dann damals an vier weitere Mitarbeiter jeweils 20 % abgegeben. Der Name hat sich nicht geändert, nur die Anteilseigner haben sich geändert. Ich war nicht mehr alleiniger Anteilseigner, sondern ich hatte noch vier Partner.

Johannes: Und die waren demnach dann auch gleichberechtigt?

Werner: Ja, natürlich. Was ich überhaupt nicht auf dem Schirm hatte, war, dass ich nicht mehr die Mehrheit habe, und zwar nicht plötzlich, sondern aus freien Stücken. Das hat sich dann für mich ziemlich enttäuschend und nachteilig ausgewirkt.

Johannes: Was für ein Ziel war denn vorher da, dass man gesagt hat: Ich gebe viele Anteile meines Unternehmens, in dem Fall 80 %, ab? Was war da die Idee dahinter?

Werner: Wie soll ich sagen … Die Idee war: Mensch, wir arbeiten gut zusammen. Ich mag das auch honorieren. Ich möchte die Mitarbeiter, die hier im Unternehmen Mitverantwortung tragen, auch in dieser Form daran partizipieren lassen. Und einfach, um die Bindung noch enger zu machen, nach dem Motto: Ja, komm, wir machen das zusammen und wo steht das Klavier? Und gemeinsam geht es nach vorne. Das war dieser naiv-kindliche Gedanke, das so zu handeln.

Johannes: Das ist auf jeden Fall ein schönes Bild. Wenn man sich das so ausmalt und das funktioniert, kann es auch super gut laufen und aufgehen.

Johannes: Ich habe diese Situation nur einmal in meinem Leben erlebt, aber das war mit einem vollkommen Fremden, den ich nicht kannte. Aber wir hatten beide offensichtlich das gleiche Vertrauen und haben gesagt: Komm, das machen wir jetzt. Wir haben dann zusammen ein Buch geschrieben, haben die Software dazu schreiben lassen, haben das vermarktet und daraus ist dann auch eine Freundschaft entstanden. Aber das war genau die Situation: Mensch, komm, das ist eine gute Idee. Wo steht das Klavier? Ich kriege Gänsehaut, wenn ich davon erzähle. Es hat dort wirklich ganz toll funktioniert. Aber das war das einzige Mal. Jedenfalls erinnere ich mich nur an dieses eine Mal, wo das wirklich so funktioniert hat, wenn man auch heute noch von Kooperationen, Partnerschaften usw. spricht. So dachte ich mir das damals bei meinem größten Fehler. Da dachte ich, dass das so funktioniert.

Johannes: Na schade. Wie lange hat es gedauert, bis Du Deine Anteile wieder hattest?

Werner: Es hat etwa 3 bis 4 harte Jahre gedauert, mit viel Nerven, viel verbranntem Geld, unnötigerweise, mit Gerichtsstreitigkeiten und was da so alles immer mit dranhängt. Aber irgendwann ging es dann wieder in die richtigen Bahnen.

Johannes: Da kann man eigentlich schon fast von einem Sieg sprechen. Soll man ja nicht, aber man muss sich wieder die Anteile erkämpfen.

Werner: Man muss sich das erkämpfen. Sieg würde ich jetzt nicht sagen. Ich habe das erreicht, was ich vorher hatte und was ich wieder wollte. Aber mir wäre es viel lieber gewesen, ich hätte mir diese Erfahrung erspart.

Johannes: Ja, das kann ich mir vorstellen. Aber das Gute ist, man hat dann daraus auch vielleicht gelernt: So mache ich es jetzt nicht mehr.

Werner: Ja, natürlich mache ich das so nicht mehr. Aber wissen Sie, ich bin ein Mensch, der vertraut. Wenn ich mich immer und bei allem fragen würde: „Ach Gott, kann man das machen? Kann ich dem vertrauen?“ Da könnte ich nicht durchs Leben gehen. Das kann man natürlich auch als vertrauensselig bezeichnen, manchmal auch als etwas naiv, aber jeder ist wie er ist. Ich bin so und ich mag da auch nichts ändern. Ich möchte nicht, wenn ich mit jemandem zusammenarbeite, dass ich mir als erstes überlege: „Wie könnte der Dich jetzt über den Tisch ziehen? Oder was könnte der jetzt im Schilde führen?“ Dann brauche ich so eine Partnerschaft gar nicht erst eingehen. Vertrauen ist ja immer die beste Basis. Und daran mag ich auch nicht rütteln.

Johannes: Das heißt auch, Sie haben sich auch gar nicht verändert? Sie haben gesagt, diesen Vertrauensvorschuss bekommt trotzdem jeder weiterhin?

Werner: Ja klar, das bringt das Lebensalter mit sich. Man wird erfahrener und man wird vielleicht ein bisschen vorsichtiger, aber so an der Grundhaltung hat sich nichts geändert.

Johannes: Das ist schön zu sehen, dass das nicht dazu geführt hat, dass man niemand neuem mehr Vertrauen entgegenbringt. Was war denn die wichtigste Entscheidung?

Werner: Da gibt es viele Entscheidungen, die richtig waren, die falsch waren. Eine wichtige Entscheidungen war sicherlich, mal zu heiraten. Die Frau, die man liebt, Kinder, von denen man sich Kinder wünscht, dass sie gesund sind und gut aufwachsen und sich entwickeln. Das ist eine tolle Erfahrung. Deshalb sind es auch wichtige Entscheidungen. Oder eine neue Partnerschaft. Eine wichtige Entscheidung ist dann vielleicht auch, wenn es nicht mehr funktioniert, so wie bei mir leider Gottes nach 25 Jahren, dass man sich dann trennt. Das sind auch wichtige Entscheidungen, die sehr schmerzlich sind. Aber wichtig und genauso wichtig, wenn man dann irgendwann wieder eine neue Frau kennenlernt und mit der eine tolle Partnerschaft hat.
Das bezieht sich jetzt natürlich in erster Linie auf den privaten Bereich. Im beruflichen gibt es Entscheidungen, die im strategischen Bereich liegen. Ende der 70er Jahre, wo für mich absehbar war, dass das mit dem ganzen Bauboom nicht mehr so weiterläuft, habe ich mich strategisch davon gelöst und habe mich auf private Auftraggeber konzentriert, habe das Unternehmen umstrukturiert. Wir waren damals zu 90 % im großvolumigen Objektbereich tätig und nur zu 10 % im Privatkunden-Bereich. Das hat allerdings zehn Jahre gedauert, bis sich das komplett gedreht hatte. Nach zehn Jahren waren wir dann zu 100 % nur noch im Privatkunden-Bereich tätig. Natürlich nicht mit der gleichen Mitarbeiterzahl. Die hat sich auch verringert, von etwa – in unseren besten Zeiten – 70 Mitarbeitern, auf später um die 12. Im Privatkunden-Bereich können Sie nicht mit 70 Mann operieren. Das war eine wichtige, auch eine richtige Entscheidung. Sicherlich auch eine wichtige Entscheidung war die Gründung meines Venture-Systems „Opti-Maler-Partner“. Auch dort dachte ich damals naiv: Mensch, was bei uns in Karlsruhe so gut funktioniert, mit diesen strategischen Maßnahmen der Privatkundengewinnung, das muss andernorts auch funktionieren. Dann dachte ich: Wenn ich da jetzt an den Markt gehe, bei meinen Maler-Kollegen, die reißen mir das aus den Händen. Naiv, wie ich war.

Johannes: Haben sie natürlich auch, oder?

Werner: Haben Sie natürlich nicht. Ich musste dafür doch mehr tun, Überzeugungsarbeit leisten. Aber es hat mir Spaß gemacht und der Erfolg hat mir recht gegeben.

Johannes: Was war da das Kerngeschäft?

Werner: Bei „Opti-Maler-Partner“? Mein Kerngeschäft war mein Firmen-Know-how. Ich sage immer „McDonald’s für Arme“. Dass ich einfach mein Firmen-Know-how mit der strategischen Erfahrung und den ganzen Maßnahmen, die für unseren Erfolg verantwortlich waren – Werbung, Marketing, Kundenansprache usw. – als Paket gebündelt und dann im Franchise-Modell anderen Firmen zur Verfügung gestellt habe. Mit dem operativen Geschäft dieses Unternehmens hatte ich nichts zu tun. Ich habe mir gesagt, ich habe das Unternehmens-Know-how, den Namen, das Logo usw. zur Verfügung gestellt. Arbeiten musste der Maler selbst. Lustig, wenn ich das sagen darf, war oft, dass ich in solchen Akquise-Gesprächen gefragt wurde: „Ja gut, Hr. Deck, das hört sich gut an, aber sagen wir mal, wenn ich jetzt Franchise-Partner bei Ihnen werde, wie entwickeln sich mein Gewinn und mein Umsatz?“
Da wusste ich, dass das wahrscheinlich kein Franchise-Partner wird, weil ich nichts garantieren kann. Eine solche Frage kann ich nicht beantworten, denn das hängt davon ab, wie Ihr unternehmerisches Engagement vor Ort ist. Wie setzen Sie es um?

Johannes: Er hatte also eine Erwartungshaltung aufgebaut?

Werner: Ja, ich habe das immer verglichen. Das ist ungefähr so, wie zu sagen: Ach, ich habe ein paar Kilo zu viel auf den Rippen, ich möchte abnehmen, ich treibe jetzt Sport. Und dann gehe ich in den Schuhladen, wo es die tollen Laufschuhe von Nike, Asics, Adidas und Co. für 300 Euro oder noch mehr gibt. Und dann frage ich den Verkäufer: Wenn ich diesen 350-Euro-Schuh kaufe, wieviel viel Kilo nehme ich dann ab? Dann wird er mir auch sagen: Das kommt darauf an, ob sie nur einmal im Jahr laufen, ob sie sie überhaupt mal anziehen oder ob sie die regelmäßig nutzen. Und so ist es überall.

Johannes: Okay. Das heißt, das Franchise-Unternehmen hat sich auf den Marketingbereich spezialisiert und Ihr Geschäft hatte die Kernkompetenz Malerarbeiten?

Werner: Unsere Kernkompetenz waren Malerarbeiten. Was bei uns besonders war, war dass wir alle die Dinge erfüllt haben, die der Kunde gewünscht hat. Und an den Wünschen hat sich bis heute nichts geändert. Der Kunde will – und das gilt nicht nur bei Malerarbeiten – freundlich, pünktlich, zuverlässig, ehrlich und vertrauensvoll behandelt werden. Es ist relativ einfach. Ich muss beim Kunden Aufmerksamkeit erregen. Es gibt 40.000 Maler in Deutschland. Warum sollte er jetzt ausgerechnet zu mir kommen? Deshalb Werbung, Marketing, um zu sagen: Hallo, lieber Kunde, wenn Sie irgendwann Bedarf haben, dann bitte zu uns. Und da gab es die 7-A-Strategie: außerordentlich, aufregend, angenehm, anders als alle anderen zu sein. Das hat mich getrieben, und zwar nicht zum Selbstzweck, um zu sagen: „Ach, ist der Deck ein toller Hecht“, sondern weil wir Aufträge brauchen, ich meine Mitarbeiter beschäftigen will, es uns gut gehen soll. Dafür muss man alle Mittel, die einem zur Verfügung stehen, nutzen. Da ist es ein Mittel, auf sich aufmerksam zu machen, auch angenehm auffallen, anders als alle anderen.

Johannes: Sie hatten mir vorhin erzählt, wie schnell Sie Ihre Frau kennengelernt haben. Wenn man von schnell redet, dann denkt man eigentlich, man lernt sich kennen und das dauert ein, zwei Monate und nach einem Jahr zieht man zusammen. Das war hier aber ein bisschen anders.

Werner: Ja, ich habe das so noch nicht erzählt, aber es war tatsächlich so. Es war wie im Film. Die berühmte Liebe auf den ersten Blick, die man erlebt oder auch nicht. Ich habe das hier erlebt. Ich ging bei einem Freund auf dessen Fest, sah da eine Frau sitzen, die ich noch nie gesehen habe. Ich bin auf sie zugegangen und für mich war es, wie wenn im Film die Linse zugeht. Ich war wie im Tunnel. Ich setzte mich neben diese Frau und sagte: Hallo, da bin ich.

Johannes: Das ist ein toller Satz.

Werner: Originell. Mir fiel im Moment nichts anderes ein. Und nach zehn Minuten kannten wir unsere wechselseitige Lebensgeschichte. Am nächsten Tag sind wir zusammen nach Speyer gefahren, haben Kaffee getrunken. Das ist das Tolle, wenn das wechselseitig so ist, wenn man das spüren und erleben darf. Und zwei Tage später haben wir zusammengewohnt. Bis heute.

Johannes: Und das ist wahrscheinlich auch schon 20 Jahre her?

Werner: Das ist jetzt 18 Jahre her. Da bin ich auch froh und glücklich, dass ich das erleben durfte.

Johannes: Was hat sie denn darauf geantwortet, auf den Satz: „Da bin ich“?

Werner: Ja, ich weiß das nicht mehr. Jedenfalls kann sie nicht ablehnend reagiert haben. Sonst könnte ich das heute nicht erzählen. Aber es ist bis zum heutigen Tage so, dass da in vielen Dingen so eine Seelenverwandtschaft ist. Dann ist es einfach offensichtlich eine gleiche Ebene, eine gleiche Wellenlänge, bei der man gar nicht so viel darüber reden muss, weil das eigentlich so sonnenklar ist.

Johannes: Man muss dazu natürlich auch mutig sein. Sind Sie auch im Geschäft mutig gewesen, auch in dieser Geschwindigkeit zu sagen: Ich habe jetzt den Fokus und den setze ich um?

Werner: Ja, mutig schon, gepaart mit einem guten Schuss Naivität, manchmal Dummheit. Wenn man sagt: Tolle Idee, das setze ich jetzt um. Dann ging es aber schon in der nächsten Sekunde los. Das hat dann mit den Jahren ein bisschen nachgelassen. Das kennt vielleicht jeder, der mal eine Idee hat. Im Laufe der Jahre habe ich mir diese Idee aufgeschrieben und den Zettel auf den Schreibtisch gelegt. Und ganz oft, als ich dann eine Viertelstunde später wieder darauf geguckt habe, habe ich gedacht: Doch nicht so eine gute Idee. Zusammengeknüllt, Papierkorb. Eine ganze Reihe von Ideen habe ich umgesetzt, auch erfolgreich umgesetzt. Aber es ist alles kein Selbstläufer. Es kommt immer, wie im Sport, beim Training auf das Engagement an. Eine Idee verwirklicht sich nicht von alleine.

Johannes: Wie man auch am Franchise sehen kann, wenn man denkt: Das ist die Idee, das wird ein Selbstläufer.

Werner: Das war die Naivität, als ich das damals auch im Familienkreis besprochen habe. Dann habe ich einen Satz gehört, der begleitet mich eigentlich mein ganzes Leben: „Du schon wieder“. Ich glaube, irgendwie wohnt den Menschen so was inne. Nicht allen, aber doch offensichtlich vielen. Ich will ein Beispiel geben. Ein Raucher, der jetzt bei seinen Freunden verkündet, er will jetzt das Rauchen abstellen. Da könnten sie darauf gehen, in der Runde könnten alle sagen: „Schaffst du sowieso nie.“ Gleich solche Misswünsche, statt, dass sie sagen: „Super Idee, toll, wenn du es umsetzt.“ Alle kommen so aus den Löchern: „Das kann nie funktionieren.“ Das habe ich oft bei Ideen erlebt, die man so entwickelt. Ich weiß nicht, ob das die Angst vor Veränderung ist. Natürlich bedeutet gerade im unternehmerischen Bereich eine Idee umzusetzen, oft auch Veränderung. Dazu muss man auch bereit sein.

Johannes: Man ist meistens selbst eher dazu bereit als das Umfeld …

Werner: Ja, man muss das Umfeld mitbegeistern oder zwangsbeglücken.

Johannes: Zwangsbeglückung. Auch dazu braucht man viel Mut. Was schätzen Sie an Ihrer Frau persönlich am meisten?

Werner: Dass sie so ist wie sie ist. Da ist so viel. Sie ist toll, kreativ. Sie sieht toll aus. Sie lässt mir meine Marotten. Sie erträgt manches an meinen Marotten und sie ist einfach ein toller Mensch.

Johannes: Was steht jetzt auf dem Plan? Sie haben einen Malerbetrieb gehabt und verkauft. Sie haben ein Franchise-Unternehmen aufgebaut und verkauft. Was steht denn jetzt auf dem Plan?

Werner: Ja, was steht jetzt auf dem Plan? Da müsste ich, glaube ich, 200 Jahre alt werden. Es ist toll. Ich genieße es sehr, jetzt im Ruhestand zu sein, diese unternehmerische Verantwortung nicht mehr zu haben, die fast 50 Jahre lang mein täglich Brot war. Das hat auch Spaß gemacht und es war alles voll okay. Aber jetzt nicht mehr diese Verantwortung tragen zu müssen, ist ein sehr befreiendes Gefühl. Und einfach machen können, was man will. Damit meine ich jetzt aber nicht wie die Axt im Walde, sondern wenn wir heute die Idee haben. Natürlich gibt es Rücksichtnahmen, Familie, Kinder, Enkel. Was in der Familie alles eine Rolle spielt, das ist ganz klar. Aber das hat einen ganz anderen Stellenwert. Einfach morgens aufzustehen. Natürlich müssen wir uns jetzt überlegen: Ach Gott, was machen wir denn jetzt heute? Hoffentlich kann ich noch alles machen, was ich noch vorhabe. Das sind so Kleinigkeiten: Ich habe früher Filme gemacht und Videos. Vor zwei Jahren, da waren zwei solche Kartons voll, habe ich mir alle für nicht wenig Geld digitalisieren lassen. Da sind Schätze drunter, wenn ich mal in diese Dateien reinschaue, denke ich: „Ach Gott, das habe ich noch nie gesehen.“ Die alle so ein bisschen aufbereiten, vielleicht Ton drunter zu machen. Das macht mir Spaß. Oder Fahrradtouren zu machen oder zu verreisen. Wir verreisen sehr oft. Wir gehen nächste Woche nach Hamburg. Anfang Juli gehen wir noch nach Teneriffa. Zum Jahresende wollen wir wieder mal nach Brasilien. Und was sich da zwischendrin mit Reisen tut, keine Ahnung. Aber das ist das Schöne, dass man jetzt nicht nach betrieblichen Gesichtspunkten entscheiden muss: Kann ich das jetzt machen oder nicht? Sondern man ist vollkommen frei in dieser Handhabung.

Johannes: Ja, das ist jetzt eine Freiheit, die man nutzen kann, wenn man sie will.

Werner: Wenn man sie will. Und ich wollte das schon immer. Ich wollte schon ewig nach Australien. Das sagt meine Frau immer: „Oh, so weit und so lang.“ Wo ist das Problem? Dann fliegen wir erst nach Singapur, bleiben wir dort vier Tage und machen City-Hopping. Bis wir dann 14 Tage in Australien sind, außer dass wir fliegen. Aber da muss ich noch Überzeugungsarbeit leisten.
Wobei ich glaube, mit dem zunehmenden Alter hat das nichts zu tun. Aber es ist doch auch so, dass man viele Dinge auf der Welt kennt, aber man kennt noch viel mehr Dinge im eigenen Land nicht. Es lohnt sich auch. Das machen wir auch, dass wir im eigenen Land schauen. Das hat unzählige schöne Flecken, wo man es auch sehr gut aushalten kann.

Johannes: Wie viele Kinder haben Sie?

Werner: Vier. Zwei Jungs, zwei Mädchen.

Johannes: Wollten die nie in die Fußstapfen des Vaters treten?

Werner: Wenn Sie jetzt meinen, in das Unternehmen, dann hat niemand den Wunsch geäußert. Ich habe auch darauf überhaupt keinen Einfluss genommen, also nach dem Motto: Hoffentlich gibt es da mal einen Nachfolger. Ich habe das einfach vollkommen frei gelassen. Die haben zwar jeder auf seine Art im Unternehmen mal mitgeholfen und haben da schon auch ein bisschen die Unternehmerluft geschnuppert, keine Frage, aber ich hatte da keine Präferenzen.

Johannes: Sind sie heute auch selbstständig oder angestellt?

Werner: Mein ältester Sohn hat ein eigenes Unternehmen. Die anderen drei Kinder sind, es wird Sie nicht überraschen, in ihren jeweiligen Berufen sehr erfolgreich, aber nicht selbstständig, sondern abhängig beschäftigt. Meine ältere Tochter ist bei Porsche. Mein jüngster Sohn ist in einem Textilunternehmen, ein Berufskleidungshersteller, an verantwortlicher Stelle. Und meine jüngste Tochter ist in der Immobilienverwaltung auch in verantwortlicher Stelle bei Breuninger in Stuttgart tätig.

Johannes: Was ich spannend finde: Es ist ganz oft so, dass man ein Unternehmen aufbaut und dann möchte man, dass es weitergetragen wird auf Biegen und Brechen. Ich habe auch schon einige Unternehmer interviewt, wo die Weitergabe des Unternehmens an die Familie erfolgen musste, man da gar keine Wahl hatte, sondern man war da und musste das Pferd weiterführen, unabhängig dessen, ob man es wollte oder nicht. Das waren vielleicht auch andere Zeiten, aber ich glaube, das muss man jetzt, wenn man Kinder hat, die in einer Freiheit aufwachsen, machen zu können, was sie möchten, ist es schwierig, da auch das weiterzugeben und zu sagen: Ihr müsst das machen. Die haben die Freiheiten, machen zu können, was sie wollen. Ich glaube, das wird da nicht funktionieren.

Werner: Unter Zwang funktioniert es nicht. Es ist keine gute Voraussetzung, denke ich. Wenn da nicht der eigene Wunsch, Wille und das entsprechende Herzblut dahintersteht, dann ist das ein totgeborenes Kind von Anfang an.

Johannes: Wie lange sind Sie schon in Ruhestand?

Werner: Mein Malerunternehmen habe ich vor sechs Jahren verkauft. Und das Franchise-Unternehmen vor zwei Jahren.

Johannes: Sie haben recht lange gearbeitet, bis 69. Hat aber auch Spaß gemacht, oder?

Werner: Ja, das ist eine der Voraussetzungen, um das tun zu können.

Johannes: Vermissen Sie es?

Werner: Nein. Das war eine tolle Zeit, hat alles Spaß gemacht. Aber ich bin super glücklich mit der Situation. Ich habe einen guten Bekannten, mit dem ich morgens zusammen laufe, der ein Malerunternehmen hat und da kommt es nicht selten vor, dass morgens um 6:30 Uhr, wenn wir im Wald unterwegs sind, sein Handy klingelt und irgendein Mitarbeiter dran ist, der krank ist oder irgendeine Katastrophenmeldung eingeht. Dann beginnt bei ihm die Umplanungsphase. Ich laufe da nebenher und denke: „Ach Gott, bin ich froh, dass ich damit nichts mehr zu tun habe.“ Wie gesagt, es war eine tolle Zeit, aber die Zeit jetzt ist mindestens genauso toll.

Johannes: Gibt es einen Rat, den Sie bekommen haben, der sie lange begleitet hat, wo Sie sagen, daran habe ich mich gerne orientiert, vielleicht von Ihrem Vater oder von einer anderen Person?

Werner: Ja, ein Rat oder eine strategische Vorgehensweise, die ich vor Jahrzehnten kennengelernt habe, ist die Macht der Konzentration. Sich einfach zu konzentrieren. Es war damals Wolfgang Mewes, der Begründer dieser Strategie, der zwischenzeitlich leider verstorben ist. Die EKS-Strategie. Ich habe damals studiert, ein Fernlehrgang und es ist eigentlich, wie so vieles, ganz einfach: Konzentriere Dich, denn wenn Du Dich konzentrierst, hast Du viel weniger Widerstände um Dich herum. Dir wächst automatisch viel mehr Erfahrung zu, wenn Du Dich auf diesen Punkt konzentrierst.
Das hat nur Vorteile. Es gibt viele Beispiele, die das auch plastisch zeigen. Wenn ich zum Beispiel darüber beim Vortrag gesprochen habe, habe ich die Teilnehmer immer aufgefordert, sie sollen mal ihren Kugelschreiber nehmen und den auf den Handrücken legen und dann fest draufdrücken, wie sie können und mir dann sagen, ob sie einen Schmerz verspüren. Es hat niemand Schmerz verspürt. Und dann habe ich gesagt: So, jetzt drücken Sie die Mine raus und stellen das so auf Ihren Handrücken und drücken jetzt drauf. Und dann verspüren sie, und das ist das Wesen der Konzentration, dass sie mit wesentlich weniger Aufwand ein viel besseres Ergebnis erzielen. Wenn sie sich punktgenau konzentrieren. Da gibt es viele Beispiele. Da gibt es Menschen, die ein Telefonbuch zerreißen, irgendwelche Herkules-Typen, aber sie können die auch zerreißen, indem sie sich auf jede Seite konzentrieren.

Johannes: Das dauert aber länger …

Werner: Das dauert zwar länger, aber wie gesagt, es ist das Wesen der Konzentration. Und das ist keine großartige Wissenschaft, es ist eigentlich eine logische Geschichte. So wie Sie sich auf Ihre Profession konzentriert haben. Da haben Sie am Anfang nichts davon gewusst und dann haben Sie sich auf diese Dinge konzentriert und da wächst Ihnen automatisch, ob Sie wollen oder nicht, ein riesiges Erfahrungswissen dazu. Sie werden immer besser darin, wenn Sie sich spitz konzentrieren. Das war auch die Geschichte, die ich Ihnen eingangs erzählte, die Konzentration auf den privaten Auftraggeber. Wenn ich alles für alle mache, dann gehe ich mit solchen breiten Segeln gegen den Wind. Wenn ich mich spitz konzentriere, dann habe ich viel weniger Widerstände. Das war eine sehr wichtige Erkenntnis und die begleitet mich bis heute.

Johannes: Haben Sie noch einen Tipp aus der EKS-Strategie? Ich würde gerne ein bisschen mehr darüber wissen, wie man das macht.

Werner: Ach Gott, das ist ewig her. Da gibt es sieben Phasen, fragen Sie mich nicht mehr. Ich hoffe, das gibt es noch. Das war ein schönes, kleines Büchlein, wo die einzelnen Phasen drinstehen, wie man da rangeht. Das haben sie in drei Stunden durchgelesen. Wenn heute jemand Profifußballer werden will, dann kann er nicht gleichzeitig noch Hochspringer und Weitspringer sein. Er muss sich auf eine Sportart konzentrieren. Niemand hat bei den Olympischen Spielen alle Goldmedaillen gewonnen. Das sind alles Spezialisten. Konzentration auf einen Punkt, auf eine Zielgruppe. Der Volksmund sagt: Man kann nicht gleichzeitig auf zwei Hochzeiten tanzen. Da steckt in zwei Sätzen das Erfahrungswissen von Hunderten von Generationen. Es sagt auch nichts anderes als: Konzentriere Dich. Oder Schuster, bleib bei Deinen Leisten. Das ist tolles Erfahrungswissen. Dafür machen andere sechs Tage Management-Kurs.

Johannes: Was ist die schönste Erinnerung aus den letzten Jahren?

Werner: Das schönste Erlebnis war vielleicht, als Kind ein Zehn-Pfennig-Stück zu finden und das dann in so einen Kaugummiautomaten reinzustecken, wo man so rumdrehen musste. Da kam dann eine runde Kaugummikugel raus. Das war als 8-jähriger das Beste überhaupt. Aber es sind so viele schöne Erinnerungen. Ich bin mit meinem Leben sehr zufrieden und ich bin über alles sehr glücklich, muss ich schon sagen.

Johannes: Was würden Sie denn jungen Unternehmern mit auf den Weg geben, die vor der Entscheidung stehen, vielleicht einen Malerbetrieb zu übernehmen oder einen zu gründen? Oder auch ein anderes Unternehmen?

Werner: Ach, das ist natürlich auch schwierig. Vielleicht die Illusion nehmen, dass, wenn man sein eigenes Unternehmen gründet, da nicht plötzlich der Reichtum über einen hereinbricht, sondern dass es oft harte Arbeit und Fleiß, Kompetenz, die man sich erarbeiten muss, erfordert und dass das nicht mit acht Stunden am Tag möglicherweise nicht über die Bühne geht, sondern dass da vielleicht auch mancher Samstag oder vielleicht ein Sonntag draufgeht, ohne dass das ein Muss ist. Aber da muss man sich darüber im Klaren sein, dass es eben schon Engagement erfordert, so ein Ding auf die Beine zu stellen.

Johannes: In unserem kurzen Vorgespräch hatten Sie gesagt, dass Sie Ihr Unternehmen so strukturiert hatten, dass Sie Gewinne auch an Mitarbeiter ausgezahlt hatten und das eher zu einem Unmut geführt hatte.

Werner: Ja, das gehört vielleicht in die Abteilung „Die größte Enttäuschung“. Das war erstaunlich. Nur als Beispiel: Ich habe mir damals eine Software schreiben lassen, wir haben die Ergebnisse objektmäßig aufgeteilt. Wenn die Mitarbeiter Meier und Müller beim Objekt Schulze gearbeitet haben und dort ein Gewinn erwirtschaftet wurde, dann haben diese beiden an dem Gewinn partizipiert. Wenn dann nur noch ein paar Stunden ein dritter Mitarbeiter dazukam, hat er auch davon partizipiert. Es gab ein Punktesystem. Es war in meinen Augen sehr gerecht und die Mitarbeiter haben auch alle deutlich mehr verdient als vor der Einführung dieses Systems. Aber aus einem mir bis heute unbekannten Grunde hat das dazu geführt, dass sich unser Betriebsklima verschlechtert hat. Ob das daran lag? Ich habe keine Erklärung. Vielleicht war das eine Zeit, in der die Mitarbeiter noch nicht so weit waren, das zu verstehen. Ich habe keine Ahnung. Wir haben noch viel mehr gemacht. Wir haben nicht nur Gewinne verteilt, wir haben sehr partnerschaftlich zusammengearbeitet, wir haben Strategieziele gemeinsam mit den Mitarbeitern entwickelt oder die Mitarbeiter haben sie unter sich entwickelt und sie sind in die Firmenstrategie eingeflossen. Sie waren an allem beteiligt. Es war jedenfalls so, dass sich nach etwa eineinhalb Jahren das Betriebsklima spürbar verschlechtert hat und ich habe dieses System dann auf einer Betriebsversammlung angekündigt, von jetzt auf gleich ersatzlos beendet. Das Verblüffende war: Wir hatten anschließend ein besseres Betriebsklima. Es ist unglaublich.

Johannes: Das kann man gar nicht nachvollziehen.

Werner: Das ist so ein Punkt, wo ich heute manchmal noch darüber nachdenke. Ich bin bis heute zu keinem Ergebnis gekommen.
Wir hatten Zielrunden. Die haben monatlich getagt, die bestanden aus jeweils sechs Mitarbeitern. Es waren mehrere Zielrunden, die untereinander besprochen haben: Was könnte es in unserem Unternehmen als weiteres Ziel geben? Dann gab es am Jahresende einen Austausch der Gruppen, moderiert, wo man das zusammengeführt hat und wo man dann am Schluss, das war dann eine große Veranstaltung aus diesen ganzen Ideen, die besten wiederum sehr partnerschaftlich gemeinsam ausgesucht und gesagt hat: Okay, darum müssen wir uns kümmern. Das wurde dann auch umgesetzt.

Johannes: Werner, danke!

Werner: Gerne.

Wenn Ihr erfahren wollt, wer unser nächster Hidden Champion ist, dann abonniert unseren Newsletter! Euer Johannes von thehiddenchampion.de!

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