Maurice Dietrich: Erfolgreich ins Familienunternehmen eingestiegen
Leidenschaft für Kunststoff
Nicht jeder Hidden Champion hat sein Unternehmen selbst gegründet. Maurice Dietrich gehört zu jenen Unternehmern, die in ein bestehendes Familienunternehmen eingetreten sind. Dabei hatte er das zunächst gar nicht vor. Eigentlich wollte Maurice einen kreativen Beruf erlernen. „Aber irgendwie war alles ein bisschen vorgezeichnet“, sagt der 34-Jährige, wenn er heute auf seinen bisherigen beruflichen Lebensweg zurückblickt. Nach dem Abitur machte er im elterlichen Betrieb eine Ausbildung zum Industriekaufmann und studierte parallel BWL. Auf sein Studium blickt er heute mit gemischten Gefühlen zurück. Eine wirkliche Vorbereitung für die Praxis hat er dort nicht wahrgenommen. Darum möchte er alle BWL-Studenten warnen, die denken, ihr Studium befähige sie zur Unternehmensführung.
Doch was für ein Unternehmen führt Maurice eigentlich? Die Dietrich Gruppe ist sowohl im Formenbau als auch in der Fertigung von Kunststoffteilen tätig. Maurice weiß, dass viele Leute die Nase rümpfen, wenn sie das Wort „Kunststoff“ hören. Doch das ist völlig unbegründet. Kunststoffe spielen nicht nur eine wichtige Rolle bei der Entwicklung aufkommender Schlüsselindustrien wie der Elektromobilität, sondern sind heute auch als biologisch abbaubares Material oder als Recyclingprodukt verfügbar. Davon kann sich jeder von Maurices Kunden persönlich überzeugen, denn er empfängt sie jederzeit – genauso wie seine Mitarbeiter. Weshalb man für diese immer ein offenes Ohr haben sollte, hat er uns im Interview verraten.
Interview mit Maurice Dietrich
Johannes Wosilat
Willkommen zurück bei The Hidden Champion mit mir, Johannes Wosilat. Ich interviewe Unternehmer und das persönlich und nah. Die EHS Kunststoffverarbeitung GmbH ist ein renommierter Kunststoffverarbeiter und Bestandteil der Dietrich Gruppe, zu der als zweites Unternehmen Dietrich Formenbau gehört. Gefertigt werden in dem vielfältigen und umfangreichen Maschinenpark Kunststoffprodukte und -baugruppen für diverse Branchen wie zum Beispiel die Automobilindustrie, die Elektroindustrie, die Medizintechnik sowie für industrielle Anwendungen.
Wie es ist, in das elterliche Unternehmen einzusteigen, das erfahren wir jetzt vom Geschäftsführer Maurice Dietrich selbst. Herzlich willkommen und schön, dass ich bei Dir sein darf.
Maurice Dietrich
Ja, ich freue mich auch, dass Du da bist und herzlich willkommen!
Familienunternehmer – aber kein Existenzgründer
Johannes Wosilat
Ich habe zuallererst ein paar Community-Fragen mitgebracht. Ich fange direkt mal an. Die Frage von Paul: Wie ist es, den Betrieb der Eltern zu übernehmen? Wie war der Übergang? Was bringt eine Unternehmensnachfolge mit sich?
Maurice Dietrich
Also der Übergang steckt ja gewissermaßen noch in den Kinderschuhen. Mein Vater ist ja noch aktiv im Familienunternehmen mit dabei. Es ist schon ein Balanceakt, die Ansichten der jungen Generation mit denen der alten irgendwie unter einen Hut zu bekommen und da tatsächlich auch immer einen Konsens zu finden, sich einig zu werden, wie man es macht. Das ist, glaube ich, schon interessant, spannend und nicht immer einfach.
Definition: Was ist ein Familienunternehmen?
Als Familienunternehmen bzw. als familiengeführte Unternehmen werden gemeinhin solche Unternehmen betrachtet, in denen sich die Mehrheit der Entscheidungsrechte in der Hand natürlicher Personen befinden, die das Unternehmen gegründet oder die das Eigentum am Gesellschaftskapital erworben haben oder die Verwandten solcher Personen sind. Familienkontrollierte Unternehmen sind vor allem im Mittelstand von Bedeutung.
Johannes Wosilat
Es klingt auf jeden Fall danach. Darauf gehen wir gleich ein wenig näher ein. Aber vorab noch die Frage von Elisa: Wie ist Dein Lebensmotto?
Maurice Dietrich
Alte Fußstapfen sind immer gut, aber ich bin der Meinung, in alten Fußstapfen laufen ist nicht gut. Jeder muss seinen eigenen Weg gehen. Man muss der Sache seine eigene Note geben und das versuche ich schon. Immer ein bisschen Veränderung und meinen Stil hineinzubringen.
Johannes Wosilat
Holger fragt: Wer ist Dein Held in der Wirklichkeit?
Maurice Dietrich
Darüber habe ich noch nie wirklich so richtig nachgedacht, muss ich ganz ehrlich sagen.
Johannes Wosilat
Hast Du jemanden, an dem Du Dich orientierst oder wo Du Dir ein bisschen Input holst? Oder vielleicht einen Mentor?
Maurice Dietrich
Ein Mentor? Also ich habe mich natürlich sehr stark auf meinen Vater ausgerichtet. Das kommt durch die frühe Zusammenarbeit als Familienunternehmer. Ich habe natürlich versucht, viel zu übernehmen, aber auch anzupassen, meine Ansichten damit in Einklang zu bringen, was wieder aufs Erste zutrifft. „Mentor“ würde ich das jetzt nicht unbedingt nennen. Ich würde momentan keinen Helden oder Ähnliches feststellen können. Vielleicht fällt mir noch einer ein. Ich komme dann noch mal darauf zurück.
Johannes Wosilat
Wo siehst Du die Kunststoffbranche in der Zukunft, vielleicht in den nächsten zehn Jahren?
Maurice Dietrich
Das Thema Kunststoff ist ja in der Öffentlichkeit relativ negativ belegt. Das kommt eben von dem Kunststoff in den Meeren, Kunststoff ist schlecht. Das merken wir tatsächlich auch bei der Nachwuchssuche, dass viele junge Leute sich vom Kunststoff auch ein wenig entfernt haben. Das merkt aber auch die Kunststoffindustrie hier in der Region. Aber wir reden ja von technischem Kunststoff, also Gewichtsreduktion bei Autos und so weiter und so fort. Darum glaube ich schon, dass der Kunststoff in den nächsten zehn Jahren noch eine ganz wichtige Rolle spielen wird und dafür nicht so schnell eine Alternative gefunden wird. Bio-Kunststoffe kommen natürlich in den Fokus, damit es ein wenig nachhaltiger wird. Wobei wir ja auch recyceln und wiederverwenden. Also ich glaube, dass der Kunststoff mindestens noch die nächsten zehn Jahre sehr, sehr gut dastehen wird.
Johannes Wosilat
Wir hatten ja ein leckeres Mittagessen gehabt. Einen dicken, großen Burger. Wir haben uns etwas unterhalten und ich würde gerne Dir die Frage stellen: Was wolltest du als Kind werden?
Maurice Dietrich
Diverse Kinderwünsche gab es irgendwie immer, ob das LKW-Fahrer war oder Polizist. So was gab’s immer. Aber eigentlich wollte ich immer in die kreative Schiene. Das war eigentlich so mein Plan.
Hilft ein BWL-Studium in einem Familienunternehmen?
Johannes Wosilat
Du hast Dich aber dafür entschieden, dann doch Deinem Vater zu folgen. Was hast Du dann gemacht?
Maurice Dietrich
Ich habe nach dem Abitur eine Ausbildung zum Industriekaufmann gemacht und die dann entsprechend auf anderthalb Jahre verkürzen können, wegen Alter, Abitur und so weiter. Ich habe aber direkt angefangen, nebenbei BWL zu studieren und das tatsächlich auch durchgezogen. Hat zwar ein paar Tage länger gedauert, weil die Firma immer an erster Stelle steht, aber so bin ich dann in der Wirtschaft gelandet – mit einem BWL-Studium.
Johannes Wosilat
Bereust Du es manchmal, dass Du nicht den kreativeren Weg eingeschlagen hast?
Maurice Dietrich
Bereuen ist ein hartes Wort. Aber klar, Du kannst Dich in so einem Unternehmen nicht so kreativ entfalten, wie Du es als Fotograf oder Mediengestalter könntest. Da hast Du viel mehr Möglichkeiten, die Ideen auf die Straße oder an die Wand zu bringen oder wie auch immer. Also bereuen? Jein. Das kann man fast schon irgendwie sagen. Aber es ist nun mal irgendwie so ein wenig vorgegeben gewesen, dass man sich da doch vielleicht in diesem Bereich bewegt.
Johannes Wosilat
Besteht zwischen dem BWL-Studium und der Wirklichkeit als Geschäftsführer eine hohe Diskrepanz?
Maurice Dietrich
Ja, auf jeden Fall.
Johannes Wosilat
Es ist wichtig, das mal zu sagen, denn ganz viele studieren BWL, um dann irgendwo in der Geschäftsführung zu sein. Aber ich glaube, das ist nach meinem Gefühl ein falscher Ansatz, denn bei dem, was ich damals gelernt habe, habe nur gedacht: Wie zum Henker führe oder gründe ich ein Unternehmen? Das wird in dieser ganzen Thematik überhaupt nicht besprochen. Heute muss ich viel Vertrieb machen, aber lernt man so etwas im Studium? Vergiss es. Es gibt, glaube ich, in Deutschland gar kein Studium zum Vertrieb.
Maurice Dietrich
Nein, gibt’s nicht. Also, das ist wirklich eine falsche Vorstellung. Umgekehrt hat es mir bei vielen Sachen natürlich geholfen, dass ich die betrieblichen Prozesse auf das Studium ummünzen konnte. Aber ein anschauliches Beispiel: Ich hatte irgendwann mal als Wahlmodul Produktion oder Produktionsplanung oder etwas in der Art. Das kannte ich natürlich, hatte aber einen Dozenten, der nur aus der Theorie kam, der hat noch nie in der Praxis irgendwas gemacht. Du denkst: „Ja geil, ich lerne etwas Produktion!“ Aber Pustekuchen. Ich habe auch die Klausur da auch nur mäßig gut bestanden, weil ich mich da auf ihn „runterbrechen“ musste, weil er einfach mit meiner Ansicht aus der Praxis überhaupt nicht übereinkam. Das stimmte für ihn alles nicht oder sagen wir mal so: Das passte überhaupt nicht. So ist das nicht. Aber das ist ein Dozent, der möchte das, was er lehrt, nachher wiedergegeben haben.
Also nein, das Studium hat damit nichts zu tun. Und BWL? Ich weiß ohnehin nicht, wieso man ein BWL-Studium absolviert. Du reißt alles mal an, aber bist für nichts Experte. Das merke ich auch heute bei vielen Sachen. Da kann ich mitreden, z. B., wenn wir mit dem Steuerberater dasitzen und die Jahresabschlussbilanz besprechen. Bei der Bilanzierung war ich immer gut im Studium und kann die Basics, die man braucht, um das Ganze zu verstehen, aber das war es auch. Dann ist ein BWL-Studium auch noch sehr offen, da muss man sich nachher noch spezialisieren.
Johannes Wosilat
… oder ins Machen kommen, um dann zu wissen, ob es das ist, was man möchte. Wie war es denn, als Du dann in die Geschäftsführung kamst? Nach dem BWL-Studium bist Du wahrscheinlich direkt die Geschäftsführung.
Maurice Dietrichs Weg ins Familienunternehmen
Maurice Dietrich
Ich habe erst mal eine Ausbildung zum Industriekaufmann gemacht. Das war parallel zum Studium, aber die Ausbildung war natürlich früher fertig, da ich sie auf anderthalb Jahre abkürzen konnte. Da habe ich natürlich parallel zur Ausbildung erst mal als Azubi in unserem familiengeführten Unternehmen gearbeitet. Da habe ich natürlich dann schon vieles gemacht, was ein anderer Azubi so nie in die Finger bekommen würde. Aber auch so Sachen wie, nach der Berufsschule noch arbeiten kommen, was sonst kein anderer Azubi muss. Anschließend war ich Assistent der Geschäftsführung, um meiner Stellung im Unternehmen ein bisschen Nachdruck zu verschaffen und dann bin ich irgendwann Mit-Geschäftsführer geworden.
Johannes Wosilat
Was hast Du in der Zeit bis heute bewegt? Was hast Du für einen Verantwortungsbereich und welche Dinge hast Du verändert?
Maurice Dietrich
Aktuell mache ich das, worauf ich immer hingearbeitet habe, das operative Tagesgeschäft. Das habe ich an vielen Stellen optimiert, also so minimalistisch gestaltet, wie es geht. Das hat auch die Möglichkeit ergeben, dass wir uns immer weiter skaliert und den Verwaltungsbereich klein gehalten haben. Also gerade so Themen wie Digitalisierung, banale Sachen, Barcode auf dem Lieferschein, damit der eingescannt werden kann und nicht mehr händisch abgelegt werden muss.
Johannes Wosilat
All das, was wir im Lager gesehen haben, diese QR-Codes an den Regalen?
Maurice Dietrich
Das war für die Einlagerung. Das macht es auch noch mal leichter. Aber das wollte ich halt auch unbedingt haben, damit die Sachen ordentlich gefunden werden können. Also ich habe mich sehr stark damit beschäftigt, die vorhandenen Prozesse so minimal wie möglich zu halten, um den Aufwand kleinzuhalten und das mache ich auch gerne: mir den Prozess ansehen und schauen, was ich verbessern kann. Das mache ich gern, das versuche ich jeden Tag, mir immer wieder, wenn ich etwas habe, zu überlegen: Wie kann ich es dann für den Nächsten vereinfachen?
Johannes Wosilat
Jetzt habe ich eine kritische Frage: Warum soll man bei Euch bestellen, wenn es auch in China geht?
Maurice Dietrich
Bei uns steht Dir auf jeden Fall ein Ansprechpartner zur Verfügung, der mit Dir Deutsch sprechen kann. Uns kannst Du jederzeit besuchen kommen. Ich hatte tatsächlich vor Kurzem noch einen Kunden am Telefon: „Ja, wir wollen auch mal zum Audit vorbeikommen“ und hin und her.
Und ich sage: „Ist gar kein Problem, wenn Sie auf der Autobahn vorbeifahren, halten Sie einfach an.“
Sagt er: „Wie? Einfach anhalten?“
Ich sage: „Ja, wieso nicht?“
„Ja, wollen Sie nicht erst mal aufräumen?“
Ich sage: „Sie glauben doch nicht, dass wir fürs Audit aufräumen. Hier sieht’s immer so aus.“
Da hätte ich aber ein großes Selbstbewusstsein, aber das hat damit gar nichts zu tun. Hier ist das einfach ordentlich. Ja, und das macht uns, glaube ich, schon aus. Du kannst bei uns gucken kommen, kannst ein Produkt ansehen, kannst sehen, wie es produziert wird. Du weißt, dass das richtige Material benutzt wird, dass Deine Anforderungen und Wünsche umgesetzt werden, wo Du Dir im Ausland nicht immer so sicher sein kannst, was sie Dir da reinpacken oder wie auch immer.
Das ist auch bei den Werkzeugen so. Die Werkzeuge, die wir im Formenbau bauen, die funktionieren nachher; und Du hast einen Ansprechpartner, wo Du anklopfen kannst.
Johannes Wosilat
Du hast von einem Teil erzählt, das schief aus der Presse kommt und sobald man es rausnimmt, verzieht sich das beim Abkühlen so, dass es gerade wird.
Maurice Dietrich
Ja, das ist Hebel mit Armen und der wird tatsächlich so berechnet. Der wird nachher in ein komplexes Bauteil eingebaut. Der wird quasi schief gespritzt und durch den Verzug des Teils ist er nachher gerade auf dem Tisch. Das kann nicht jeder. Das ist schon sehr speziell, was wir machen, was wir können.
Johannes Wosilat
Das berechnet Ihr dann aber auch?
Maurice Dietrich
Das berechnen wir dann. Wir haben ja Simulationen und so weiter und so fort in der Konstruktion, die das dann alles berechnet und dann die Form so auch bauen kann.
Johannes Wosilat
Wie sieht Euer Wunschkunde aus? Soll jetzt nicht zu viel Werbung sein, aber weil es schon ein Thema ist. Wenn ich einen Steuerberater interviewen würde, weiß jeder, was er macht. Bei so Kunststoff-Thematik ist es manchmal ein bisschen abstrakter, was da eigentlich dahintersteckt. Was ist Euer Wunsch-Kunde? Wen beliefert Ihr primär?
Maurice Dietrich
Mein Wunsch-Kunde ist nachher ein zufriedener Kunde. Also wir sind letztlich auch nur Dienstleister. Das heißt, wenn Du zu uns kommst und hast Dir ein Teil ausgedacht und wenn Du bereit bist, das Werkzeug dafür zu bezahlen, dann machen wir das Teil und wir machen das in unserer bekannten Qualität. Das durchläuft unsere bekannte Qualitätssicherung. Wenn der Kunde zufrieden ist, ist er für uns ein guter Kunde und wir sind ein guter Lieferant. Das muss immer partnerschaftlich sein. Das ist sehr wichtig, das kommt bei manchen Kunden zu kurz. Also könnte ich es fast auf den Punkt bringen: ein partnerschaftlicher Kunde, der mit Dir partnerschaftlich zusammenarbeitet. Da kann man viel mehr bewegen, als wenn das so ein Haudrauf-Kunde ist. Das gibt es halt auch. Aber auch der bekommt seine Teile.
Wertschätzung ist im Familienunternehmen unverzichtbar
Johannes Wosilat
Was hältst Du von Wertschätzung?
Maurice Dietrich
Wichtig. Ganz wichtig. Also mir hat mal ein Management-Berater gesagt: „Fang mal an und sag den guten Leuten, wenn sie was gut gemacht haben und guck, was für eine Reaktion kommt“. Das ist etwas, das bei uns in NRW oder vielleicht in Deutschland zu wenig gemacht wird. Wir sagen uns viel zu selten, dass wir etwas aneinander gut finden. Einfach mal sagen: „Hast Du gut gemacht, cool, top Arbeit, Hammer!“ Das ist ganz, ganz wichtig, dass Du so was machst.
Johannes Wosilat
Ohne aber?
Maurice Dietrich
Ja, genau, ohne „Aber“.
Johannes Wosilat
Ich fotografiere bisweilen für Ritter Sport und da stehen immer Schilder: „Hast Du heute schon mal Danke gesagt?“ Man ist da, man ist zwar auch Dienstleister, aber es freut sich jemand, dass man da ist. Also das war einfach eine sehr angenehme Atmosphäre, eine ausgesprochen wertschätzende Atmosphäre – und natürlich überall Schoki.
Wenn überall was Süßes rumliegt, das ist auch etwas anderes. Das unterstützt die Emotionalität. Hast Du einen schlechten Tag? Iss erst mal ein Sni…, nein, eine Tafel Ritter Sport!
Maurice Dietrich
Wir sind ja auch nicht so groß. Wir gehen jeden Tag durchs Unternehmen und ich sage lieber jemandem zweimal guten Tag oder zweimal guten Morgen, als dass ich es nachher vergessen habe. Ich sage auch immer zu allen: „Meine Tür steht offen“. Die ist nur zu, damit es warm bleibt und wir den Flur nicht heizen, aber letztlich darf jeder jederzeit kommen.
Es kann natürlich sein, dass ich telefoniere oder vielleicht mal etwas Wichtiges rechne oder so, dann sage ich, dass es einen Moment dauert, aber ansonsten ist meine Tür offen. Probiert es mal aus, einfach den Leuten zu sagen, wenn sie was gut gemacht haben. Was soll Dir passieren, wenn Du sagst, dass sie was gut gemacht haben? Mehr als nichts sagen kannst Du vielleicht nicht, aber glaub mir, da wird keiner ein schlechtes Gefühl haben, wenn Du sagst, was er gut gemacht hat, denn Lob hat schließlich jeder gerne.
Johannes Wosilat
Bist Du auch stolz, was Du bisher gemacht hast, was Du erreicht hast?
Maurice Dietrich
Ja, würde ich schon sagen. Also ich habe immer probiert, mein Wissen zu erweitern. Es hört sich so hochnäsig an: „Stolz auf das, was Du gemacht hast.“ Aber für einen selbst finde ich schon wichtig, dass man sich auch vor Augen führt: Was hat man geschafft? Was hat man gemacht? Wieso nicht? Was kann daran verkehrt sein, sich mal so ein wenig zu besinnen? Aber trotzdem bin ich so der Typ dafür, mein Wissen zu erweitern. Wer rastet, der rostet. Die Welt dreht sich halt weiter. Alles verändert sich und man muss irgendwie am Ball bleiben.
Johannes Wosilat
Was war der beste Rat, den Du je bekommen hast?
Maurice Dietrich
Ich habe mir gedacht, dass Du die Frage stellst, ich kenne ja die Videos. Aber ich kann Dir darauf gar keine richtige Antwort geben, weil ich immer so der Typ bin, der sein Weg geht oder das zumindest versucht. Da kann man sich sicherlich mal zwischendrin Rat holen.
Johannes Wosilat
Aber Du gehst dann trotzdem Deinen eigenen Weg?
Maurice Dietrich
Aber auf jeden Fall.
Wie geht man mir Fehlern um?
Johannes Wosilat
Machst Du dabei auch Fehler? Ja, bestimmt.
Maurice Dietrich
Ja, klar.
Johannes Wosilat
Was hast Du so für Fehler gemacht?
Maurice Dietrich
Bestimmt einige. Muss man sich die merken?
Johannes Wosilat
Einfach abhaken. Ja, ich muss ganz ehrlich sagen, ich habe ich ebenfalls Fehler gemacht, aber die hakt man dann einfach ab und weißt dann: „Okay, ich mache es mal anders oder ich mache es nicht mehr“. Also, man optimiert ja danach ziemlich viel.
Maurice Dietrich
Ob ich das „Fehler“ nennen würde, weiß ich nicht, aber ich habe am Anfang die Sachen sehr emotional aufgefasst. Ob das Sachen von Kunden waren oder von Mitarbeitern. Da muss man sich ein bisschen lösen. Das ist auch ein Rat, den ich auch mal bekommen habe: Sieh es nicht immer so emotional. Du musst die Emotionen herausnehmen.
Johannes Wosilat
Bei was zum Beispiel? Wenn ein Angebot abgelehnt wurde, oder?
Maurice Dietrich
Nein, aber zum Beispiel, wenn dann mal eine Reklamation oder Ähnliches kam. Da musst Du so was sachlich abarbeiten. Das ist aber auch bei mir tatsächlich fehl am Platz, weil Du natürlich ganz viele Gedanken dahinter hast: Was kostet das und was ist damit verbunden? Imageverlust, so was in die Richtung. Wenn man das nur sachlich betrachtet und abarbeitet, ist das wesentlich gesünder.
Ich find’s um jeden Mitarbeiter schade, der vielleicht kündigt, aber ich käme nie auf die Idee, das persönlich zu nehmen. Hätte ich vielleicht früher, weil man ja sagt, Mitarbeiter verlassen Chefs und nicht Unternehmen. Aber man kommt eben nicht immer miteinander klar, auch wenn das eigentlich Grundlage ist. Aber wenn Leute einfach nicht ins Team passen, dann muss man halt sagen: „Okay, ich wünsche Dir trotzdem noch viel Erfolg auf deinem Weg und schade“, aber man darf es nicht so emotional auf sich beziehen. Das ist halt bei vielen Sachen so, auch wenn ein Mitarbeiter vielleicht mal Kritik übt oder nicht zufrieden ist, dann muss man halt darüber reden, aber sich nicht irgendwie emotional darauf einlassen. Man muss dann halt eine gute Lösung finden – für beide.
Johannes Wosilat
Aber Du bist empathisch?
Maurice Dietrich
Ja, auf jeden Fall. Also das versuche ich schon auch immer. Das habe ich auch zu meiner Frau gesagt, wie oft mittlerweile in der Zeit ein Mitarbeiter vor mir stand, weil jemand verstorben ist. Ob das die Großmutter war oder wie auch immer, das ist schon ein Moment, wo ich mir denke, das geht nah und da muss man dann schon empathisch und feinfühlig sein. So ist es auch, wenn die Mitarbeiter ein Problem haben und sie versuchen zu helfen. Dann muss man auch empathisch sein und das irgendwie verstehen und helfen können. Da gebe ich mir schon auf jeden Fall Mühe. Vielleicht sieht das der andere anders. Alles geht halt auch nicht immer.
Johannes Wosilat
Man verbringt ja auch sehr viel Zeit im Unternehmen. Das darf man auch nicht vergessen. Man kann vielleicht manchmal nicht von Familie reden, aber man ist schon sehr nah beieinander. Wobei man in einem Familienunternehmen natürlich mehr von Familie reden kann, als wenn Du einfach nur woanders arbeitest. Aber man muss ja miteinander rocken.
Maurice Dietrich
Ja, auf jeden Fall.
Johannes Wosilat
Wo siehst Du Dich in zehn Jahren?
Maurice Dietrich
Hoffentlich gesund. Ich glaube, alles andere, das haben mir auch unheimlich viele Menschen gesagt, während der Corona-Zeit. Ich setzte mich auch mal in einen Stapler und lade einen Lkw ab, wenn keiner da ist. Wenn Du dann mal mit den Lkw-Fahrern ins Gespräch kommst und der sagt dann: „Ja, schon schwer geworden und alles wird teuer, die ganzen Kosten gehen hoch, der Lohn steigt aber nicht, aber solange ich gesund bin, ist alles in Ordnung.“ Ich glaube, das ist wichtig.
Johannes Wosilat
Was schätzt Du an Deinen Freundschaften am meisten?
Maurice Dietrich
Also die engen Freunde, die ich habe, mit denen rede ich offen und das ist wichtig, das macht es für mich auch aus, dass ich weiß, es bleibt vielleicht unter den vier oder sechs Augen. Wie auch immer. Ich habe so ein, zwei Freunde, mit denen rede ich auch über geschäftliche Dinge. Das mache ich nicht mit allen. Das verstehen auch vielleicht nicht alle, das muss man ganz klar sagen. Man muss dann schon mit einem anderen Unternehmer reden, der Dein Kumpel ist. Aber da versuche ich dann schon offen auch mal über Ansichten oder Probleme zu sprechen, denn das ist für mich wichtig.
Johannes Wosilat
Da bekommst Du dann wahrscheinlich auch gutes Feedback?
Maurice Dietrich
Ja, auf jeden Fall. Solche Leute findest Du halt auch oftmals in Deinen Netzwerken. Wo wir wieder bei diesem Netzwerk-Thema sind, da sich über die Netzwerke tatsächlich auch einfach Freundschaften gebildet haben, wo man auf einem Nenner ist, wo man sich gut unterhalten kann. Ich bin ein sehr loyaler Mensch. Das ist so und das setze ich vielleicht teilweise etwas zu stark voraus, weiß ich nicht, aber das gehört für mich schon dazu.
Johannes Wosilat
Kannst Du Fehler zugeben?
Maurice Dietrich
Ja. Es ist ganz wichtig Fehler zuzugeben. Das sage ich auch immer den Mitarbeitern, wenn irgendwas ist. Ich sage: „Hier hat noch keiner seinen Kopf verloren, keiner ist mit dem Kopf unter dem Arm hinausgegangen. Wenn etwas schiefläuft, lieber Bescheid sagen, das ist passiert, ich bin mit dem Stapler gegen das Auto gefahren“, was weiß ich, gab es alles schon. Lieber hinkommen und sagen: „Scheiße, habe ich gemacht.“ Blöd ist immer, wenn das dann irgendwie doch durchsickert und irgendwie kaschiert wird. Irgendwann kommt es halt raus und dann schaust Du und redest mit zwei, drei Leuten, das war auf der Schicht, dann kann Du es schon auf drei, manchmal auch zwei, Leute eingrenzen und dann ist es halt blöd, denn Du willst ja wissen, was passiert ist und nicht jemand unschuldig beschuldigen. Genauso mache ich das auch, wenn ich mal einen Fehler mache. Ob das jetzt bei der Arbeit ist oder auch im Privatleben. Da ist es auch wichtig, dass man sich entschuldigen kann. Das Wort Entschuldigung fällt ja heute ganz vielen Menschen schwer.
Familien-Mensch und Familien-Unternehmer
Johannes Wosilat
Was war der schönste Moment, an den Du Dich erinnern kannst?
Maurice Dietrich
Erstes Kind.
Johannes Wosilat
Ja, verdammt!
Maurice Dietrich
Ja, unbeschreiblich. Also alle, die schon bei der Geburt des Kindes dabei waren, können das sicherlich nachvollziehen. Alle, die das noch nicht haben, werden das vielleicht auch noch erleben. Aber das ist schon Wahnsinn.
Johannes Wosilat
Das ist schon der krasseste Moment, in dem Du das kleine Etwas …
Maurice Dietrich
… ganz frisch in der Hand hältst. Das ist Wahnsinn.
Johannes Wosilat
Da habe ich geheult.
Maurice Dietrich
Bin ich bei Dir.
„Machen! Ich habe immer gemacht.“
Johannes Wosilat
Bist Du mutig?
Maurice Dietrich
Ich probiere gerne Neues aus. Ich habe irgendwann mal einen Paragliding-Schein gemacht. Mache ich heute nicht mehr, habe ich aber mal gemacht.
Johannes Wosilat
Bist Du auch gesprungen oder hast Du nur den Schein gemacht?
Maurice Dietrich
Geflogen? Ja, also man springt ja nicht. Man startet schon mit offenem Schirm.
Johannes Wosilat
Auf dem Berg wahrscheinlich?
Maurice Dietrich
Ja. Dafür musst Du, glaube ich, schon mutig sein und machen, einfach machen! Also bei manchen Dingen muss man sagen: „Das mache ich jetzt einfach, ohne darüber nachzudenken!“ Heute mit Kindern lässt man vielleicht einige Sachen, wo man sich denkt: „Okay, muss jetzt nicht unbedingt sein.“ Da ist meine Frau froh, wenn ich es dann sein lasse. Aber klar. Also ich habe immer gemacht, ausprobiert.
Johannes Wosilat
Wonach hast Du denn als Letztes gegoogelt?
Maurice Dietrich
The Hidden Champions. Ernsthaft. Jetzt, als ich auf Dich gewartet habe, habe ich mir gedacht, ich guck mal so. Ich kenne die Videos zum größten Teil und die habe ich dann erneut durchgesehen. Ernsthaft.
Johannes Wosilat
Welches fandest Du am interessantesten?
Maurice Dietrich
Also Mennekes war auf jeden Fall sehr gut. Ist ja tatsächlich auch aus der Kunststoffbranche, das ist ja quasi die Nachbarschaft von uns. Das fand ich auch ein sehr, sehr gutes Interview. Und was mir gut gefiel, war der mit dem Ball. Götz Maschinenbau.
Johannes Wosilat
Ja, definitiv. An der Stelle müssen wir es wahrscheinlich verlinken.
Maurice Dietrich
Sympathischer Kerl, fand ich gut.
Infobox: Wie viele Familienunternehmen gibt es in Deutschland
Da es keine offizielle Definition des Begriffs „Familienunternehmen“ gibt, ist deren Zahl natürlich schwer zu bestimmen. Das Institut für Mittelstandsforschung Bonn schätzt, dass es in Deutschland 3,2 Millionen Familienunternehmen gibt. Das sind circa 90 % aller Unternehmen.
Johannes Wosilat
Womit hast Du Dein erstes Geld verdient?
Maurice Dietrich
Rasenmähen beim Nachbarn. Da gab’s so einen Aufsitz-Rasenmäher. Das war der Nachbar meiner Oma. Der hatte ein sehr großes Grundstück, Inhaber eines bekannten Schrauben-Herstellers hier in der Nähe. Er hat gesagt: „Wenn Du 13 oder 14 bist, kannst Du bei mir zum Rasenmähen kommen“. Da bin ich echt morgens aufgestanden und mit dem Fahrrad hingefahren.
Johannes Wosilat
An Deinem 13. Geburtstag?
Maurice Dietrich
So ungefähr. Der wohnte in Italien, war nur selten hier, aber wenn er da war, rief er mich an: „Morgen kannst Du den Rasen mähen!“ Dann bin ich morgens auch schon mit dem Fahrrad hingefahren und hab da Rasen gemäht. Fand ich geil, wegen des Aufsitzmähers.
Johannes Wosilat
Wie viel hast Du da verdient?
Maurice Dietrich
10 Mark. Das waren noch Mark.
Johannes Wosilat
Das ist viel gewesen.
Maurice Dietrich
Ja, aber für den ganzen Tag Rasen mähen.
Johannes Wosilat
Ach so! Ich dachte für eine Stunde.
Maurice Dietrich
Um Gottes Willen, nein, nein! Da stand der Spaß im Vordergrund.
Johannes Wosilat
Aber tanken musstest Du nicht von dem Geld.
Maurice Dietrich
Dafür durfte ich wieder mal in schnellen Autos mitfahren und hatte den Vorteil, dass ich da aufs Grundstück und in den Pool konnte, im Sommer, wenn er nicht da war.
Ein Rat für Deinen Einstieg ins Familienunternehmen
Johannes Wosilat
Ich habe nicht mehr so viel Fragen, aber die drittletzte: Was würdest Du einem Jungunternehmer raten? Ich meine, Du bist jetzt auch nicht alt. Du bist auch erst 34. Was würdest Du anderen jungen Unternehmern mit auf den Weg geben?
Maurice Dietrich
Offen sein, auf jeden Fall. Für viele Sachen offen sein. Netzwerken, auf jeden Fall. Und vielleicht nicht immer alles zu ernst nehmen. Das sind, glaube ich, gute Punkte, die ich auch befolgen würde. Trotzdem Deinen Weg gehen, aber sich auch mal andere Meinungen anhören. Ich bin nun mal Netzwerker. Ich mag das, das finde ich wichtig und man kann sich austauschen.
Johannes Wosilat
Was bedeutet für Dich Risiko?
Maurice Dietrich
Unbekanntes Terrain betreten, mal etwas ausprobieren, wovon ich das Ende nicht absehen kann.
Johannes Wosilat
Was hältst Du von dem Spruch: Schuster, bleib bei Deinem Leisten?
Maurice Dietrich
Also der hat was in vielen Gewerken, aber ich finde auch, man muss mal ein wenig über den Tellerrand schauen. Wir fangen nicht an, morgen Beton herzustellen. Wenn dann bleiben wir vielleicht beim Kunststoff, aber auch da kann man neue Produktionstechnologie, neue Kunststoffe oder anderes einführen. Gut, da ist man schon ein bisschen bei dem eigenen Leisten bleiben, aber mal nach links und rechts gucken schadet nie.
Johannes Wosilat
Gut, ich glaube, das war’s.
Maurice Dietrich
Das war’s? Ich habe meiner Frau gesagt, sie soll erst um 9 Uhr wiederkommen.
Johannes Wosilat
Dann gehen wir jetzt noch irgendwie was zocken. Also wir sehen uns, bis zum nächsten Mal. Euer Johannes vom Hidden Champions
Wenn Ihr erfahren wollt, wer unser nächster Hidden Champion ist, dann abonniert unseren Newsletter!
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