Hidden Champions

Jessica Belk

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Lesezeit ca. 17 Minuten

Jessica Belk: Ich war kompromisslos, heute bin ich kompromissbereit

Ohne Fehler keine Entwicklung

Viele Angestellte Träumen von der Selbstständigkeit, doch nur wenige wagen den Schritt. Unser heutiger Hidden Champion gehört dazu. Jessica Belk ist gelernte Zahnmedizinische Fachangestellte und lange übernahm sie in einer Praxis die Abrechnung. Zusammen mit Ihrer Kollegin und Freundin Melanie hat sie sich selbstständig gemacht und bietet diesen Service jetzt für Zahnarztpraxen an. Heute ist die Unternehmerin Chefin von 50 Angestellten. Ihr erklärtes Ziel war das aber nicht. Einen Businessplan oder etwas in der Art hatte sie nie. Noch nicht mal eine große Vision konnte sie am Anfang vorweisen, ihr jugendliches Selbst bezeichnet sie als bequemlich. Ihre Mutter hat ihr darum nur geraten, sich einen reichen Mann zu suchen.

Trotzdem hat sie es geschafft. Eine wichtige Rolle bei ihrem persönlichen Wachstum spielten ihre Fehler. Lieber etwas wagen und einen Fehler machen als nichts Neues zu lernen. Darum gibt sie diesen Rat auch jungen Unternehmern, die den Weg in die Selbstständigkeit gehen wollen. „Viele Visionen und Pläne gehen kaputt oder scheitern, weil die Leute es zerdenken und dann kann daraus nichts Schönes entstehen“, sagt die Geschäftsführerin der APZ Alphazahn und schlägt eine Alternative vor: „Mach einfach!“. Wie wichtig dieser Rat für sie selbst war und wie die Geburt ihrer Tochter ihr Verhalten als Unternehmerin beeinflusst hat, verrät sie uns im Interview.

Interview mit Jessica Belk

Johannes Wosilat
Willkommen zurück bei The Hidden Champions, mit mir, Johannes Wosilat. Ich interviewe Unternehmer und das persönlich und nah. Frauen ermutigen, ihren eigenen Weg zu gehen. Sie selbst hat sich 2009 gemeinsam mit Melanie entschieden, als Frauenduo den Weg in die Selbstständigkeit zu wagen.

Jessika Belk, die direkt neben mir sitzt, ist Geschäftsführerin und Inhaberin der APZ Alphazahn aus dem Karlsruher Raum und ist als externer und bundesweit tätiger Abrechnungsdienstleister unterwegs. Ihr mittlerweile 50-köpfiges Team besteht fast ausschließlich aus Frauen, darunter ein Großteil an Müttern, denen sie den Weg zurück in die Arbeitswelt ebnet. Dabei setzt sie auf Homeoffice und flexible Arbeitszeiten. Wie sie das bewerkstelligt und was dabei die größte Herausforderung ist, das hören wir jetzt von Ihr selbst. Hey, Jessica, schön, dass Du da bist.

Jessica Belk
Hallo, Johannes.

Eure Fragen an Jessica Belk

Johannes Wosilat
Wir haben in unserer Community gefragt, welche Fragen sie Dir stellen möchten. Lisa fragt: Kann ich als Mama von zwei Kindern wirklich ausschließlich im Homeoffice arbeiten? Kann ich meine Arbeitszeit flexibel wählen oder ist nur Teilzeit bei Euch möglich?

Jessica Belk
Homeoffice allein ist bei uns möglich. Man würde sogar jetzt bei uns sagen, über 90 % arbeiten bei uns im Homeoffice, außer die Auszubildenden. Gerade für Mütter bietet es sich an, denn man kann sich seine Zeit wirklich komplett flexibel einteilen. Das heißt, wenn ich jetzt sage, ich bringe morgens meine Kinder in den Kindergarten, dann kann ich ein wenig arbeiten, kann sie wieder abholen und ich kann abends erneut einsteigen. Das bedeutet auch, von 5 Stunden bis zu 40 Stunden, auch am Wochenende, ist bei uns alles möglich. Das heißt, wenn vielleicht der Partner zu Hause ist, habe ich die Möglichkeit, meine Arbeitszeit auch dort zu erbringen, um mein eigenes Geld zu verdienen.

Johannes Wosilat
Ich meine, das lebst Du ja persönlich auch, oder? Du stehst morgens auf. Du bist ja nicht so der Frühaufsteher. Das heißt, das, was Du Dir als Selbstständige ermöglichst, das ermöglichst Du dann auch Deinen Mitarbeitern?

Jessica Belk
Genau.

Johannes Wosilat
Peter fragt: Respekt an Dich. Es braucht mehr Arbeitgeber, die den Wert von Müttern erkennen. Hast Du auch schlechte Erfahrungen gemacht? Warum liegt Dir als Unternehmerin das Thema so am Herzen?

Jessica Belk
Also natürlich war ich nicht von Anfang an selbstständig, sondern ich war ja selbst Arbeitnehmerin und es ist tatsächlich so, dass die Flexibilität dort nicht gegeben war. Da hatte man dann wirklich schon im Kopf: „Wenn ich schwanger werde, dann kann ich meiner Tätigkeit nicht mehr nachgehen oder erst wieder nach der Elternzeit und dann nur noch zu bestimmten Zeiten.“ Es ist tatsächlich so, dass es ein Konzept ist, das wir zu übernehmen versuchen und auch schon zu übernehmen geschafft haben. Dementsprechend versuchen wir alles flexibel zu gestalten und auch auf die Wünsche der einzelnen Damen einzugehen. Das heißt auch weiterhin zu optimieren und keinen Stillstand zu haben, was das betrifft.

Johannes Wosilat
Cool, was hast Du eigentlich vor der Gründung Deines Unternehmens gemacht?

Jessica Belk
Ich bin tatsächlich gelernte Zahnmedizinische Fachangestellte. Das heißt, ich war die, die auch am Stuhl saß und den Sauger gehalten hat – und das sogar mit Leidenschaft.

Johannes Wosilat
Da hast Du auch Melanie kennengelernt?

Jessica Belk
Melanie habe ich tatsächlich in der Zahnarztpraxis kennengelernt. Dort war sie noch Auszubildende. Ich war schon ausgelernt. Ich habe dort dann die Abrechnung übernommen und dort haben wir uns kennengelernt und es ist auch eine Freundschaft entstanden.

Infobox: Wie viele Selbstständige gibt es in Deutschland?

In diesem Interview geht es viel um Selbstständigkeit und ums Selbstständigmachen. Doch wie viele Selbstständige gibt es eigentlich in Deutschland? Laut Bundesarbeitsministerium sind derzeit circa vier Millionen Menschen in Deutschland selbstständig. Generell ist die Tendenz in den vergangenen 10 Jahren leicht rückläufig, nachdem die Zahl der Selbstständigen zwischen 1990 und 2012 immer weiter angestiegen war.

Die Idee zur Selbstständigkeit kam von außen

Johannes Wosilat
Seid Ihr dann raus mit einer Geschäftsidee und habt gesagt: „Lieber Chef, komm, wir machen das auch weiter für Dich.“

Jessica Belk
Nein, das war eher so Step by Step. Wir waren Anfang 20, da hast Du nicht die Ideen. Also auf jeden Fall nicht auf der Ebene, aus der wir gekommen sind. Man machte eine einfache Ausbildung und hatte dann vielleicht den Traum, den richtigen Mann kennenzulernen, zu heiraten und Kinder zu bekommen, aber wir hatten keinen Traum von Selbstständigkeit. Das war auf jeden Fall bei uns so. Die Entwicklung war wirklich so: Wir waren in einer Firma, die versucht hat, das aufzuziehen – externe Abrechnung – und dementsprechend hatten wir dort gestartet. Aber die gab’s dann nur ein Jahr, doch dann hatten wir noch Kunden, die gesagt haben: „Hey, wie sieht’s aus? Macht Ihr doch das weiter, Ihr seid noch jung und dynamisch und Ihr seid doch unsere Ansprechpartner gewesen. Warum sollten wir das jetzt woanders hin verlagern? Macht es doch selbst.“ Das war solch ein Input von außen, aber dann auch von innen. Also dass man gesagt hat: Jetzt bin ich gepusht, jetzt will ich es machen. Man sieht, es kommt gut an, Du als Mensch bist akzeptiert von den Kunden, Sie wollen Dich mit Deiner Arbeit, die Du leistest und dementsprechend waren wir da bereit, den Schritt zu gehen.

Johannes Wosilat
Mega gut. Und Ihr habt schon eure ersten Kunden gehabt, um dann auch den Schritt zu wagen? Wie viele Kunden habt Ihr heute?

Jessica Belk
Wir haben über 200. Das sind aber immer mehr Behandler, Praxen oder Labore. Das heißt aber, es kommt jetzt bestimmt so auf circa 600.

Johannes Wosilat
Jetzt haben wir die Community Fragen abgehakt und jetzt geht es direkt in das Interview.

Jessica Belk
Ach, ich habe gedacht, das war’s schon.

Mit Erfolg in die Selbstständigkeit

Johannes Wosilat
Nein, jetzt geht das Eingemachte. Was war denn Dein bester Rat, den Du je bekommen hast?

Jessica Belk
Lass Dir von niemandem etwas sagen oder vorschreiben.

Johannes Wosilat
Mach Dein eigenes Ding,?

Jessica Belk
Richtig. Ich muss sagen, es hat sich wie ein roter Faden durchgezogen und das habe ich tatsächlich auch bei allen Schritten durchgesetzt.

Johannes Wosilat
Auch in Hinblick auf Deine festangestellten Zeiten vor der Selbständigkeit? Das war das da auch schon „Mach Dein Ding“?

Jessica Belk
Ja, war wirklich so! Da muss man aber auch sagen, dass man auf viel Gegenwind gestoßen ist. Man hat da natürlich auch hin und wieder Zweifel gehabt. Aber dort, wo ich jetzt stehe, hat mich trotzdem bestätigt, dass mein Weg, so wie ich ihn gegangen bin, doch richtig war und ist.

Fehler gehören zu jeder Existenzgründung

Johannes Wosilat
Gab es Momente, in denen Du gesagt hast: „Hey, das hätte ich vielleicht anders machen sollen. In den vergangenen 13 Jahren? 13 Jahre sind es, glaube ich, seitdem Ihr mit Eurer Geschäftsidee die Existenzgründung gewagt habt.

Jessica Belk
Also sicherlich könnte man denken, dass es da bestimmte Dinge gibt, wo ich sage: „Hätte ich vielleicht anders machen oder können sollen“, denn es gab auch Niederlagen. Aber das wäre die falsche Antwort, denn genau aus diesen Fehlern lernt man. Wenn man keine Fehler macht, dann kann man daraus auch nicht lernen und nicht wachsen. Dementsprechend bereue ich nichts und würde alles wieder genauso tun wie bisher.

Johannes Wosilat
Was hast Du schon für Fehler gemacht oder gab’s da irgendwas, wo Du sagst: „Okay, das hat mich zwar weitergebracht, aber das würde ich vielleicht anders machen“?

Jessica Belk
Ja, ich hätte vielleicht schon früher auf mich selbst schauen können. Ich sollte den Perfektionismus, den ich auslebe, nicht bei anderen erwarten. Ich sollte nicht voraussetzen, dass es mein Gegenüber genauso macht wie ich. Das hat am Anfang zu viel Reibung geführt. Ich meine, wenn man als Arbeitnehmer auf einmal selbstständig und Arbeitgeber ist, muss man sehen, dass man die Bodenhaftung nicht verliert und sich immer noch in jede einzelne Situation hineinfühlen kann, auch in sein Gegenüber. Das war ein richtiger Entstehungsprozess. Das heißt, ich hätte früher schon viele Mitarbeiterinnen behalten können, wenn ich bereits eine gewisse Reife und Entwicklung gehabt hätte.

Johannes Wosilat
Also Du warst 100 % perfektionistisch und hast auch gewollt, dass Deine Mitarbeiter das genauso machen?

Jessica Belk
Richtig. Ich war kompromisslos und jetzt bin ich kompromissbereiter.

Johannes Wosilat
Okay. Wie kam es dazu? Du kannst ja nicht einfach nur sagen: „Jetzt bin ich ein wenig älter, jetzt bin ich kompromissbereiter.“

Jessica Belk
Nein, es ist tatsächlich so …

Johannes Wosilat
Du hast wahrscheinlich an Dir gearbeitet.

Jessica Belk
Richtig, ich habe, nachdem ich mich selbstständig gemacht habe, an mir gearbeitet, aber es liegt an etwas anderem: Es liegt an der Begegnung mit so vielen Menschen wie möglich. Kommunikation führt dazu. Es ist aber tatsächlich auch so, was mich sanfter gemacht hat, wo ich mehr Empathie empfinden konnte, war die Geburt meiner Tochter.

Johannes Wosilat
Das heißt, das hat dazu geführt, dass Du Dinge etwas entspannter gesehen hast?

Jessica Belk
Ja, man hat auch ein ganz anderes Empfinden entwickelt. Ich weiß nicht. Es gibt bestimmt in der Psychologie einen bestimmten Begriff dafür, wie die Hormone sich verändern. Aber ich halte es für gut, dass ich es auch beibehalten habe. Es hätte auch sein können, dass es wieder abflacht. Aber nein, es ist wirklich so, dass ich darauf mehr achte.

Selbständige Tätigkeit – aber ohne großen Business-Plan

Johannes Wosilat
Ich würde gerne jetzt noch ein paar Jahre zurückgehen. Du hast 2009 gegründet. Hattest Du von Anfang an auch das Ziel, in diese Größe zu kommen? Ich meine, Ihr fangt zu zweit an, Melanie und Du und auf einmal, ein paar Jahre später, seid Ihr jetzt knapp 50. Hattest Du diese Vision gehabt oder hat sich das einfach sukzessive ergeben, dass immer mehr Kunden hinzukamen?

Jessica Belk
Also die Vision hatten wir tatsächlich nicht. Es war nie unser Ziel, aber es hat sich tatsächlich aufgrund unseres Netzwerks so entwickelt und wir sind durch die Anfragen, der Weiterempfehlungen gewachsen und wir lassen uns auch heute noch darauf ein. Also es ist tatsächlich so, wir könnten in zehn Jahren 200 oder 300 Leute sein oder immer noch 50. Wir möchten es in kleinen Steps machen, wie es sich für uns anbietet und wie die Nachfrage ist.

Johannes Wosilat
Okay, also ohne Plan?

Jessica Belk
Ohne Plan.

Johannes Wosilat
Schon geil, aus dem Bauch heraus.

Jessica Belk
Es setzt Dich nicht unter Druck.

Johannes Wosilat
Wie habt Ihr Euch denn strukturiert? Gibt es eine richtige Hierarchie oder seid Ihr alle auf einer ähnlichen Ebene? Habt Ihr Führungsleute und Leitungspositionen drin?

Jessica Belk
Es ist tatsächlich so, es gibt zwei Ebenen. Es gibt die Geschäftsführung durch Melanie und mich. Wir sind natürlich so organisiert, dass wir alles absegnen. Dazwischen gibt es nichts. Also wir haben jetzt keine Leitung oder jemanden, der uns was als Geschäftsführung abnimmt, auch kein Sekretariat, aber die Mitarbeiter und wir sind trotzdem eine Einheit. Das heißt, ich gebe einen Vorschlag ins Team und schaue, wie die Resonanz ist. Wenn dann aber der eine oder andere etwas einbringt und eine Idee hat, sind wir super dankbar und versuchen auch die verschiedenen Wege mitzugehen. Natürlich kann man nicht auf jeden Einzelnen eingehen, denn jeder hat eine ganz unterschiedliche Vorstellung davon, wie er arbeiten möchte, aber es ist ein Miteinander.

Wie führst Du Dein Unternehmen?

Johannes Wosilat
Wie ist es denn bei Euch? Arbeitest Du auch noch operativ im Unternehmen oder bist Du schon am Unternehmen dran?

Jessica Belk
Also es ist tatsächlich so: Einer der Gründe, warum die Firma ja gegründet wurde, war die Leidenschaft für die Abrechnung für die Zahnärzte.

Johannes Wosilat
Du machst die also auch noch selbst.

Jessica Belk
Ich würde gerne. Es ist tatsächlich so, dass ich es schmerzlich vermisse, aber es ist zeitlich nicht möglich, dass ich es selbst machen kann. Was ich gerne mache, ist noch neue Damen einlernen und Controlling. Das heißt, ihnen noch den Input zu geben, da wir ja eine gewisse Struktur haben: Wie wird ein Zahnarzt betreut? Worauf muss man achten? Was muss dokumentiert werden? Da haben wir eine feste Linie, die wir gemeinschaftlich erarbeitet haben und das ist etwas, was ich noch gerne mit an die Hand gebe, wenn jemand Neues kommt. Aber ansonsten ist wirklich mein Hauptaufgabenbereich die Führung, schauen, sich um die Mitarbeiter zu kümmern, sich um die Kunden zu kümmern, die Strukturierung von Social Media über Buchhaltung bis zum Lohn.

Johannes Wosilat
Du hast gesagt: Vertrieb. Wie macht Ihr Vertrieb?

Jessica Belk
Vertrieb ist ein interessantes Thema. Eigentlich kann man sagen, Vertrieb machen wir natürlich auch selbst. Wir haben jetzt keinen Außenvertriebler, aber Vertrieb an sich gibt es bei uns nur durch Weiterempfehlung. Das bedeutet, wir gehen zu 98 % nicht aktiv auf Kunden zu, sondern die Kunden kommen auf uns zu. Die restlichen 2 % sind tatsächlich die Fälle, wo wir mal einen interessanten Kunden kennengelernt haben. Das bedeutet, wir haben durch unsere Events oder unser Netzwerk jemanden getroffen, wo wir sagen: „Mensch, mit dem würden wir gerne arbeiten, daran könnten auch wir wachsen und noch was für unsere Firma mitnehmen.“

Johannes Wosilat
Wie entscheidest Du, welcher Kunde mit reinkommt?

Jessica Belk
Über die Zeit hat sich das so entwickelt, dass es auch etwas mit Sympathie zu tun hat. Das ist jetzt nicht mehr: „Ich möchte den Umsatz machen, ich brauche den Kunden“, sondern es geht wirklich hauptsächlich darum, mit wem wir uns eine Zusammenarbeit vorstellen könnten. Wir haben mehr Anfragen von potentiellen Kunden als wir annehmen können, weil die Fachkräfte dementsprechend etwas rarer sind als die Kunden und so können wir da auch langsam entscheiden, wen wir mit ins Boot nehmen. Da ist es tatsächlich so: Wie sympathisch ist uns ein Kunde? Wie ist er strukturiert? Wie kommuniziert er mit uns und unseren Damen vor Ort?

Johannes Wosilat
Aber wie kannst Du das vorher denn feststellen? Fragst Du, wie bisher die Abrechnung gemacht wurde oder macht Ihr da einen Test?

Jessica Belk
Also man kann sich das so vorstellen: Die meisten Kunden rufen bei uns an und brauchen sofort Hilfe. Es ist eigentlich zu 90 % so. Dann spricht man natürlich: Weshalb ist die Entwicklung so? Wir hinterfragen natürlich. Wenn man da schon merkt, dass das einfach nur Angebot-Hascherei ist, dann ist es für uns gelaufen, denn bei uns zählt auch beim Kunden noch der Mensch dahinter. Es ist wirklich so und die Mitarbeiter werden da auch ins Boot geholt, indem man mit ihnen ein kurzes Team-Meeting macht und sagt: „Wir haben da einen Kunden, der braucht aufgrund dessen und aufgrund seiner Struktur die und die Hilfe. Können wir den mit aufnehmen? Was sagt Ihr?“ Dann schauen wir uns die Homepage an. Dann schauen wir uns das Team an: Wie weit wurde bisher dort die Abrechnung gemacht? Wer hat das gemacht? Ist derjenige mit involviert? Gibt es ihn noch? Das sind alles so Faktoren, wo wir dann schauen: Passen wir zueinander?

Der Wert von Mitarbeitern und Kunden bei selbständiger Arbeit

Johannes Wosilat
Ihr müsst ja auch Eure Leute schützen, denn wenn da ein schlechter Kunde ist oder einer, der sehr zeitintensiv ist, dann muss man schauen: Wie kriegt man das umgesetzt?

Jessica Belk
Indem wir die Mitarbeiter schützen, schützen wir auch unseren Kundenstamm, denn wenn die Mitarbeiter wegbrechen, sind auch die Kunden in Gefahr, da wir sie dann vielleicht nicht mehr abdecken können und deswegen gilt bei uns: Mitarbeiter wirklich first.

Johannes Wosilat
Habt Ihr schon eine Warteliste an Kunden oder seid Ihr da noch …

Jessica Belk
Es ist so, wir sind noch in einzelne Bereiche eingeteilt. Das heißt, jeder Zahnarzt hat ja verschiedene Software-Programme, womit er die Abrechnung macht und eine unterschiedliche Größe seiner Praxis. Und dementsprechend können wir sagen, wir haben eine Warteliste für größere Kunden und die, die Einzelpraxen sind, Einzelbehandler oder drei Behandler, da ist die Kapazität vorhanden, genauso wie in einzelnen Bereichen. Es ist wirklich noch unterschiedlich und kommt auf die Anfrage drauf an.

Johannes Wosilat
Wie ist das denn mit Weiterbildung? Also ich stelle mir zumindest in der Abrechnung vor, dass da extrem viel passiert, auch neue Gesetze hinzukommen. Wie bekommt Ihr diese ganzen Informationen? Wer kümmert sich bei Euch darum? Müsst Ihr das überhaupt machen oder ist das alles festgelegt? Könnt Ihr da einfach loslaufen oder müsst ihr immer wieder aufs Neue schauen: Was gibt es für Veränderungen? Wie ist das da?

Jessica Belk
Es ist tatsächlich so, dass sich in der Abrechnung alle vier Wochen etwas verändert. Es ist sehr spezifisch und dadurch, dass wir mehrere Gebührenordnungen haben, an die wir uns hier in Deutschland halten müssen, ist das Gebiet weit gefächert, sodass wir uns auch schulen müssen.

Johannes Wosilat
Das heißt, da muss dann wahrscheinlich auch die Qualitätskontrolle sehr on fire sein. Machst Du das dann oder hast Du das auch schon an jemanden bei Dir im Team outgesourct?

Jessica Belk
Sicherlich gibt es die eine oder andere, die da mehr dahinter ist. Da wissen wir auch, die schaut dann noch mal oder bespricht es im Team. Aber durch die Wiederholung ist es wie durch eine Erinnerung. Man kann nicht erwarten, dass eine Neuerung kommt und die Mitarbeiterin setzt das gleich on point um. Das funktioniert in der Realität eher selten. Aber durch die Erinnerung, dadurch dass man immer wieder Teamsitzungen und Gespräche hat, dass man noch mal darauf hinweist, kann man damit rechnen, dass es innerhalb von vier Wochen auch tatsächlich bei jedem gelandet ist und dann auch umgesetzt wird.

Braucht es Vorbilder für die Selbstständigkeit?

Johannes Wosilat
Gibt es für Dich einen Helden in der Wirklichkeit? Du hast ja mir schon gesagt: „Ich kann Dir alles übers Geschäft erzählen, aber stellen wir keine privaten Fragen.“

Jessica Belk
Es gibt tatsächlich zwei Frauen, die mir schon imponieren, wo ich die Lebensgeschichte sehr mag und wo ich ein paar Parallelen ziehe. Es ist tatsächlich die Ottilie von Faber-Castell. Sie ist eine frühere, für mich, Ikone gewesen und für die heutige Zeit, wäre es Sally Sandberg von Facebook. Das sind so für mich Frauen, die alles miteinander kombiniert haben und trotzdem ihren Weg gegangen sind: Karriere, Familie, Kind, also die traditionelle Rollenverteilung im Privaten beibehalten haben, aber trotzdem ihre Karriere machen konnten. Das sind so beide Frauen, die ich sehr schätze.

Johannes Wosilat
Das sind auch die Parallelen, die Du dann aus diesen Heldinnen, ziehst. Gibt es noch etwas, was Du machen möchtest, aber noch nie gemacht hast?

Jessica Belk
Also natürlich möchte man noch vieles auf der Welt sehen, denn sie ist viel zu groß, um sie nicht zu bereisen, um nicht andere Kulturen und Traditionen kennenzulernen. Ich würde aber fast sagen, dass es mein Traum ist, das auch allein zu machen, was ich mich noch nicht getraut habe. Jetzt so was wie eine Weltreise, aber nur für mich, mit meinen Gedanken. Vielleicht, wenn meine Kinder groß sind. Ich möchte nämlich noch einen Erfahrungsschatz sammeln.

Johannes Wosilat
Wie sähe der Schatz aus?

Jessica Belk
Der Erfahrungsschatz ist noch mehr Selbstsicherheit in vielen Bereichen zu bekommen, die nicht alltäglich sind. Ich muss sagen, da brauche ich immer ziemlich lange, weil ich meine Routinen für mich doch sehr schätze und ich denke, wenn ich mich dahin gehend noch in Situationen begebe, die ich noch nicht kenne, wie jetzt heute …

Johannes Wosilat
Vor der Kamera zu stehen?

Jessica Belk
Ja, das ist für mich ganz neu und dann denke ich, wird mir das auch alles viel leichter fallen.

Motivation für die Selbstständigkeit

Johannes Wosilat
Hast Du einen Mentor gehabt in den ganzen Jahren des Aufbaus, also ab dem Zeitpunkt, wo Du in die Selbstständigkeit gegangen bist?

Jessica Belk
Nein.

Johannes Wosilat
Okay.

Jessica Belk
Nur meine eigene Motivation und das, was ich mir damals von Glück versprochen habe.

Johannes Wosilat
Ist das eingetreten, was du mir versprochen hast?

Jessica Belk
Es ist mehr als eingetreten. Es wurde übertroffen.

Johannes Wosilat
Cool. Als Melanie und Du? Würde sie genauso denken.

Jessica Belk
Ja, wir haben da die gleiche Denkweise.

Johannes Wosilat
Also, seid Ihr beide überglücklich?

Jessica Belk
Überglücklich. Wir hätten niemals damit gerechnet.

Johannes Wosilat
Du hast gesagt, Du hast Dir kein Ziel gesetzt oder keine große Vision gehabt, sondern Ihr habt einfach nach diesem Bedarf, der da war, agiert.

Jessica Belk
Richtig. Das hat auch viel den Druck herausgenommen und dementsprechend konnte man auch wirklich produktiv sein und hat’s durchgezogen.

Johannes Wosilat
Angenommen, der Bedarf würde jetzt nicht mehr da sein, also dass sich Gesetze oder Genehmigungen ändern oder eine künstliche Intelligenz entwickelt wird, die die Abrechnungen automatisch macht. Was würdest Du verändern, um dem entgegenzuwirken?

Die Zukunft Deiner Selbstständigkeit sichern

Jessica Belk
Ich würde natürlich andere Sparten entdecken, denn in der Branche, in der wir arbeiten, gibt es noch viele Zweige, in die man gehen könnte. Ansonsten würde ich natürlich schauen, immer besser zu sein als das Produkt, das gerade neu auf den Markt kommt. Das heißt vielleicht doch das beizubehalten, durch die Qualität und durch den Menschen die Kunden zu erreichen. Das ist mit einer der wichtigsten Faktoren für unsere Kunden, dass der Mensch dahinter auch zählt. Dieser Kontakt und die Kommunikation mit der einzelnen Sachbearbeiterin. Es ist ihnen auch immer sehr wichtig, dass es dieselben sind und ich denke, das wird in jedem Fall immer ein Pluspunkt sein, egal was da an künstlicher Intelligenz kommen sollte.

Johannes Wosilat
Persönliche Bindung?

Jessica Belk
Richtig, die persönliche Bindung ist doch den Menschen immer noch am wichtigsten. Ich denke, bis wir dahin kommen, dass das alles ersetzt wird, bin ich nicht mehr Teil dieser Welt.

Johannes Wosilat
Ja, oder Du hast bis dahin eine eigene KI gemacht, die das abarbeiten kann.

Jessica Belk
Ja, stimmt. Wenn ich dann die richtigen Leute mit im Boot hätte.

Herausforderungen in der Selbstständigkeit

Johannes Wosilat
Das könnte natürlich eine Herausforderung sein. Was ist momentan Deine größte Herausforderung?

Jessica Belk
Die Mitarbeiter zufriedenzustellen. Also ist es wirklich so das Aktuellste, warum ich morgens aufstehe. Ich schaue: Wie geht es den Mitarbeitern? Ich mache meine erste Gesprächsrunde und wenn ich weiß, denen geht es gut, dann geht es mir gut, dann geht es den Kunden gut und alle sind happy. Das ist meine tägliche Herausforderung.

Johannes Wosilat
Kannst Du Fehler zugeben?

Jessica Belk
Ich mache keine Fehler. Im Ernst: Ja, das war aber auch ein Prozess. Den musste ich tatsächlich lernen, Kritik anzunehmen, ruhig zu bleiben.

Johannes Wosilat
Ruhig bleiben?

Jessica Belk
Ruhig bleiben. Es ist wirklich so, und da gibt es ein gutes Konzept, das ich umgesetzt habe: Wenn Dir jemand was sagt, was Dich innerlich aufwühlt, dann zähl erst mal ruhig, innerlich.

Johannes Wosilat
Bis wie viel?

Jessica Belk
Ich versuche bis zehn zu zählen. Meistens kommt aber dann schon vom Gegenüber, weil es zu still wird, wieder irgendwas. Es bringt tatsächlich was. Dieses „Ach, darüber schlafen wird überbewertet. Mach, tu!“ stimmt nicht. Nein, es ist wirklich so in diesen Punkten: Abwarten, darüber nachdenken und dann reagieren.

Infobox: hier bekommst Du Hilfe, wenn du dich selbstständig machen willst

Der Schritt in die Selbstständigkeit ist eine große Entscheidung. Die Bundesagentur für Arbeit bietet umfangreiche Beratungsangebote für Menschen, die sich selbstständig machen wollen. Über die KfW können Existenzgründer vergleichsweise einfach und günstig an Kredite kommen. Auch die Handels- und Handwerkskammern oder Berufsverbände haben Beratungsangebote für angehende Selbstständige.

Johannes Wosilat
Triffst Du schnelle Entscheidungen?

Jessica Belk
Früher ja. Heute nein.

Johannes Wosilat
Okay. Was hat Dich dazu gebracht, das zu ändern?

Jessica Belk
Familie und das, was daran hängt. Man weiß, man ist verantwortlich für viele Personen. Nicht nur für das Private, sondern auch für das Geschäftliche. Das heißt, Du musst auch an die Mitarbeiter denken und deren Arbeitsplatz nicht riskieren und dementsprechend denke ich doch lieber zweimal nach.

Johannes Wosilat
Du hast auch gesagt, dass Du früher viel schneller warst und viel schneller die Entscheidung getroffen hast als heute.

Jessica Belk
Ich hatte ja auch nichts zu verlieren, wenn Du von unten kommst, geht es ja entweder nach oben oder Du bleibst da unten.

Fast jeder Selbstständige fängt klein an

Johannes Wosilat
Wie hast Du Dein erstes Geld verdient?

Jessica Belk
Zeitungen austragen. Zeitung austragen und was habe ich damit gemacht? Die habe ich auf den Müll geworfen.

Johannes Wosilat
Also man kann ja ohnehin fast nichts dafür, oder?

Jessica Belk
Also viele sagen ja immer: „Ah, wie bist Du motiviert in Deinem Job und so. Ich war früher mit die einfachste und bequemlichste Person überhaupt, weil ich gedacht habe, das Leben ist easy und es kommt schon alles wie’s kommt und dementsprechend hatte ich auch keine große innere Motivation, als ich noch jung war.

Johannes Wosilat
Wahrscheinlich auch, weil Du keinen Bock gehabt hast.

Jessica Belk
Richtig, ich hatte keine Vision von meiner Zukunft. Wenn Du keine Vision und keine Ziele hast, was soll Dich dann innerlich motivieren?

Johannes Wosilat
Aber ich glaube, um eine Vision zu entwickeln, brauchst Du etwas, was Dir Spaß macht. So kommst Du in etwas rein, wo Du Dich dann wohlfühlst, wo Du Bock entwickelst und weitermachst und dieses Weitermachen führt dann zu einer Vision.

Jessica Belk
Richtig. Die einzige Motivation, die ich früher als Hinweis bekommen habe, war von meiner Mama: „Such Dir einen reichen Mann und heirate ihn.“ Das war ein schlechter Rat.

Johannes Wosilat
Du hast es einfach rumgedreht, richtig? Ich werde viel verdienen und suche mir dann einen Mann, der mich braucht.

Jessica Belk
Genau. So ist es tatsächlich gekommen.

Ein Rat für junge Selbstständige

Johannes Wosilat
Was würdest Du Jungunternehmern mit auf den Weg geben, die ganz am Anfang stehen?

Jessica Belk
Mein Rat wäre tatsächlich, nicht zu viel zu denken. Viele Visionen und Pläne scheitern, weil die Leute sie zerdenken und dann kann daraus nichts Schönes entstehen. Also das sind meine Erfahrungswerte und darum würde ich sagen: Macht einfach, versucht’s. Lieber fallen und daraus lernen, anstatt keine Fehler zu machen und keine Visionen und Ziele zu haben oder jemals zu erreichen.

Johannes Wosilat
Du hast schon im Vorgespräch erwähnt, dass Du auch viele andere Bereiche erschließen wolltest, in Deiner Vergangenheit und nicht nur Abrechnungen machen, sondern auch weitere Dienstleistungen hinzuzunehmen. Aber jetzt kommt meine Frage an Dich: Was hältst Du von dem Spruch: Schuster, bleib bei Deinem Leisten?

Jessica Belk
Da bin ich komplett bei Dir. Würde ich auch so unterschreiben und ich würde auch niemals in irgendeine Richtung gehen, wo ich nicht selbst das Fachwissen hätte oder es mir angeeignet hätte. Dementsprechend würde ich mich dann erst mal dort schulen oder mich informieren und es dann umsetzen. Ich würde aber niemals irgendjemanden für mich allein arbeiten lassen, ohne selbst Fachwissen oder Kenntnisse zu haben.

Johannes Wosilat
Du bist ein Kontrollmensch, Du willst als Selbstständige die Kontrolle behalten.

Jessica Belk
Ja, in einer gewissen Weise muss das sein.

Johannes Wosilat
An welchem Punkt hast Du Dich dagegen entschieden, die ganzen Bereiche auch noch mit aufzunehmen?

Jessica Belk
Ich habe gesehen, dass der Bereich, den wir jetzt gerade noch machen, immer noch im Wachstum ist und ich mich eher darauf konzentrieren sollte, das wachsen zu lassen, anstatt jetzt auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen. Wobei man sagen muss, die Sparten, die wir schon im Kopf haben, die sind ja trotzdem auch unsere Fachbereiche. Das heißt, es ist nichts Fachfremdes, man könnte es machen, aber wir möchten diszipliniert erst mal eine Sache machen und lieber noch wachsen, da wir gemerkt haben, wir hatten innerhalb der letzten zwei, drei Jahre, wieder zehn Mitarbeiter mehr, also dementsprechend auch Kundenwachstum und dann wollen wir uns lieber darauf fokussieren, sodass da alles funktioniert.

Johannes Wosilat
Was bedeutet für Dich Risiko?

Jessica Belk
Risiko verbinde ich immer mit dem Finanziellen. Also wenn ich in irgendetwas investieren würde oder sonstiges. Das ist jetzt kein Schritt, den ich gehen würde. Dieses Risiko mache ich nicht. Es muss dann schon gebündelt oder mit irgendwas Sicherem kombiniert sein. Risiko und Sicherheit muss ich immer abwägen können.

Johannes Wosilat
Vielen Dank!

Wenn Ihr erfahren wollt, wer unser nächster Hidden Champion ist, dann abonniert unseren Newsletter! Euer Johannes von thehiddenchampion.de!

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