Das Ding gemeinsam reißen
Wer so denkt, wird ein großes Unternehmen haben.
Jeder hat wohl seine eigenen Vorstellungen davon, wie sein Hidden Champion aussieht. Für Robert Losing ist das Bild ganz klar: Es sind die Mütter, deren Leistungen man im Alltag oft übersieht und die doch einen fordernderen Job haben als er selbst als #Geschäftsführer der Raumkonzept plus GmbH aus Riedstadt. Welchen Stellenwert die Familie in seinem Leben hat und wie seine christlichen Werte seinen Stil in der Personal- und #Unternehmensführung prägen, hat uns der #Jungunternehmer im Interview verraten. Außerdem geht es diesmal um Sportboote, Trockenbau und Polarlichter.
„Ich darf euch ja gar keinen Auftrag geben.“, hörte Robert Losing kurz nachdem er die Raumkonzept plus GmbH gegründet hatte. Der Grund: sein Unternehmen war dem Auftraggeber zu jung. Doch Robert hat niemals aufgegeben und so diesen Auftrag und noch viele weitere bekommen. Kein Wunder, setzte er von Anfang an doch auf zwei Dinge: Das Projekt als Ganzes schon zu Ende gedacht haben, bevor die anderen überhaupt mit ihren Aufgaben anfangen und dem Kunden eine Komplettlösung für nahezu die gesamte Inneneinrichtung zu bieten. Wie der gelernte Schreiner auf diese Idee gekommen ist? Durch ein Ärgernis: Oft hatten potentielle Kunden ihr Budget schon während der Bauphase verplant und sich dann am Ende doch für den günstigen Schrank aus dem Möbelhaus statt von seiner Schreinerei entschieden. Da fragte Robert sich: „Wie komme ich noch früher in den Bau rein?“ Darum erschuf er ein diversifiziertes Unternehmen, mit dem er seine potentiellen Kunden schon früh in der Phase des Innenausbaus abholen kann. Klar, dass so ein Unternehmer nicht viel von der alten Weisheit hält, dass der Schuster bei seinen Leisten bleiben solle, denn Robert ist sich sicher: „Wer so denkt, wird selten ein großes Unternehmen haben.“
Interview mit Robert Losing
Johannes: Willkommen zurück zu The Hidden Champion. Neben mir sitzt Robert Losing von der Firma Raumkonzept plus. Raumkonzept plus steht für hochwertigen Innenausbau und definiert seine eigene Spezialisierung ausschließlich durch die Qualität der Arbeit. Der, der dahintersteckt, das ist Robert. Servus Robert!
Robert: Hallo Johannes!
Johannes: Robert, was war der beste Rat, den Du je bekommen hast?
Robert: Der beste Rat, den ich je bekommen habe? Es gibt da zwei Sachen: die eine kann man wirtschaftlich sehen, die andere ist privat. Wirtschaftlich gesehen war der beste Rat, dass mir immer gesagt wurde, dass man in jedem Bereich sehr erfolgreich sein kann – nur man muss zu den besten zwei Prozent gehören. Das war, was mir immer sehr früh schon in meiner Ausbildung eingebläut wurde und das ich, glaube ich, bis heute noch sehr, sehr stark verfolge und das mich auch sehr geprägt hat. Der beste Rat, den ich privat bekommen habe, war, dass ich immer Menschen hatte, die an mich geglaubt haben.
Johannes: Sehr cool. Was war die beste Entscheidung, die Du je getroffen hast?
Robert: Die beste Entscheidung, die ich je getroffen habe? Dass ich immer einen Fokus hatte und dass ich sehr früh geprägt wurde. Ich lebe die christlichen Glaubenssätze und die haben mich auch in dieser Hinsicht immer sehr stark beeinflusst und geprägt. Dass ich auch sagen konnte: Das ist für mich richtig, das ist für mich nicht richtig. Deswegen war ich auch dementsprechend schneller fokussiert.
Johannes: Was war Dein größter Fehler?
Robert: Mein größter Fehler, der kommt immer wieder, das war nicht nur einer. Ich bin zwar in meinen Entscheidungen schon sehr konsequent, aber ich gehe selten über Menschen. Wenn ich sehe, eine Person liefert nicht das, was sie liefern sollte oder vielleicht ist die Person an der falschen Stelle, obwohl ich sie dahin gebracht habe, dann schaue ich mir das zu lange an, anstatt es konsequent durchzuziehen und zu sagen: „Okay, Du bist nicht der Richtige dafür. Ich quäle mich, Du quälst dich. Wir müssen schnell einen Cut machen.“ Das ist mir jetzt in meinem Berufsleben schon zweimal passiert und ich ärgere mich eigentlich immer sehr darüber. Meist über mich selbst. Ich nehme es mir vor, da besser zu werden.
Johannes: Es gibt immer Herausforderungen …
Robert: Genauso ist es.
Johannes: … und nicht jeder ist perfekt.
Robert: Ich glaube, das macht uns dann erst so interessant.
Johannes: Ja, das stimmt. Aber was würdest Du denn anders machen als vor fünf Jahren?
Robert: Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht, denn ich habe immer einen Fünf-Jahres-Plan oder sogar mindestens 10-Jahres-Plan. Das Unternehmen hat sich vielfältiger entwickelt, als ich dachte. Also ich sage mal, die Prinzipien, die wir haben – Qualität, Termintreue, Ehrlichkeit, sowohl mit unseren Auftraggebern als auch mit unseren Mitarbeitern und Nachunternehmern – da weiß ich gar nicht genau, was ich jetzt so viel anders machen würde. Ich würde vielleicht mehr in die Öffentlichkeit gehen mit dem Unternehmen, nicht mit mir als Person, denn ich hatte ja jahrelang nicht mal eine Internetseite. Ich habe, glaube ich, nach vier oder fünf Jahren erst einen Internet-Auftritt gemacht. Die meisten machen erst einen Internet-Auftritt und dann kommt das Eigentliche. Wobei es mir jahrelang auch sehr in die Karten gespielt hat, denn wenn dann Auftraggeber zu uns gekommen sind, waren sie die ersten Male geplättet, was hier entsteht und haben sich gewundert, warum wir das nicht publizieren.
Johannes: Da habe ich mich ja auch schon gewundert, dass man bei Dir nichts darüber liest oder findet. Was macht für Dich einen Hidden Champion aus?
Robert: Ein Hidden Champion ist für mich einer, der beständig an der Vision festhält und auch trotz Gegenwindes oder vieler Gegenwinde versucht den Kurs zu halten und das durch den ganzen Prozess. Da sind ja nicht nur Mitarbeiter, Materialien, da sind ja sämtliche Abläufe drin, dass er immer noch eine gewisse Ruhe vorgibt, auch wenn man in einem Sturm ist. Ein Hidden Champion ist für mich eigentlich ein Kapitän, der ein Containerschiff steuert und der muss wirklich sehr vorausschauen, wobei für mich immer die Devise ist: Das Containerschiff muss sich so gut bewegen können wie ein Sportboot. Das ist immer diese Kunst, dass man, wenn man ein Riesenschiff hat, man ja schon acht Kilometer davor den Anker schmeißen muss, bevor dieser erstmal reagiert. Das ist für mich immer sehr wichtig, eine sehr hohe Flexibilität, die mit einem größeren Unternehmen immer schwerer wird. Daraus resümiere ich immer für mich selber, dass ich kleine Abteilungen haben möchte, die klein aber „oho“ sind.
Johannes: Spezialisierte, kleine Einheiten …
Robert: Genau. Die sich auch immer außerhalb oder sehr nahe außerhalb des Comfort-Bereichs bewegen. Das geht nicht immer und man kann es nicht die ganze Zeit machen, da wird man irgendwann kaputtgehen, aber es geht darum, dass man immer trainierter ist als die anderen. Eine Erfahrung ist nichts anderes als ein längeres Training.
Johannes: Wie viele Mitarbeiter hast Du?
Robert: 30.
Johannes: Und wie viele kleine, spezialisierte Einheiten?
Robert: Fünf.
Johannes: Zählen da auch die Freien mit dazu?
Robert: Nein, die freien Mitarbeiter, die bei uns noch sind, das sind unsere Nachunternehmer. Das kommt drauf an, wie viele Projekte wir gerade haben, aber die sind in der Regel zwischen 50 bis 70 Mann, die auch noch bei uns on top tätig sind. Das ist für mich auch sehr, sehr wichtig, dass auch diese Leute bei uns wirklich sehr ehrenhaft behandelt werden, und mir ist es sehr wichtig, dass sie wissen, dass sie sich auf uns verlassen können. Denn wir sollten uns nichts einbilden, nur weil wir im Büro sitzen, dass wir schlauer sind oder weil wir der deutschen Sprache mächtig sind. Diese Menschen haben oft ganz hohe akademische Ausbildungen, die leider hier in Deutschland nicht anerkannt werden und die vertrauen uns, wir vertrauen denen. Wenn die nicht arbeiten, können wir nichts abrechnen und wir brauchen wirklich einander. Das ist kein Subunternehmer, ich mag den Begriff auch überhaupt nicht. Das sind keine Unter-Unternehmer, wir nennen sie Partner. Im juristischen Sinne sind es Subunternehmer, aber wir nennen sie in der Regel Montagepartner oder Baupartner. Dann ist es auch schon ein ganz anderes Arbeiten, wenn der Projektleiter mit einem redet: Das ist mein Partner auf der Baustelle.
Johannes: So etwas wie gemeinsam rocken?
Robert: Genau. Wir reißen das Ding gemeinsam. Wir versuchen es auch dem Bauherrn so zu vermitteln und das gelingt uns meistens auch gut, dass wir sagen: Wir sind alle zusammen in einem Boot und wir müssen jetzt von A nach B kommen. Ob es jetzt der Bauherr ist, ob es der Projektsteuerer ist, der Architekt, der Fachplaner, die ausführenden Firmen, wir sind alle zusammen in einem Boot und wenn einer nicht funktioniert, kann man das ein bisschen abfedern, weil wir alle zusammen sind. Nur da muss der Wille da sein, das Ding zum Erfolg zu bringen.
Johannes: Wie alt bist Du?
Robert: 39.
Johannes: Hast Du das Unternehmen gegründet?
Robert: Ja.
Johannes: Wie viele Mitarbeiter hattest Du anfangs gehabt?
Robert: Da war nur ich alleine.
Johannes: Cool, und das war vor wie vielen Jahren?
Robert: Wir haben es im September 2014 gegründet, 2015 haben wir angefangen zu arbeiten.
Johannes: Wenn Du „Wir“ sagst, meinst Du Dich und Deine Frau?
Robert: Ich und meine Frau. Meine Frau hat mich ein bisschen im Büro unterstützt und da muss ich auch ganz ehrlich sagen, wäre sie jetzt nicht da gewesen, wäre ich auch heute nicht da, wo wir sind.
Johannes: Sie hält Dir den Rücken frei?
Robert: Absolut.
Johannes: Erzähl mir so in zwei Sätzen, was Ihr eigentlich macht.
Robert: Wir sind im ganzheitlichen Innenausbau tätig. Das beginnt vom Bodenbelag bis zur Decke, über einen Trockenbau, Brandschutz, Schreinerleistung. Wir haben eine eigene Großproduktion, wir haben jetzt auch noch ein Elektrogewerk dazu genommen und haben sogar eine Architektenabteilung gegründet. Das heißt, der Bauherr kriegt von uns eigentlich fast alles auf seine Hand, bis auf Lüftung und Sanitär, aber das ist ein mittelfristiges Ziel, dass wir das auf jeden Fall noch mal abdecken wollen.
Johannes: Also allumfassend …
Robert: Komplett. Was für mich auch ganz wichtig ist, was ich auch unbedingt lebe: Es gibt ja viele Unternehmen, die haben lauter Partner, aber ich möchte das alles hausintern haben, denn ich glaube auch daran, dass es so viel besser ist. Wenn ich Dich dreimal am Tag sehe und ich bin in der Bringschuld, dann weiß ich immer, ich muss es Dir jetzt endlich sagen. Wenn Du jetzt irgendwo 500 Kilometer von mir weg sitzt und ich muss Dir eine Mail schreiben, dann habe ich da oft einen Produktivitätsverlust oder auch einen Informationsverlust. So ist es wirklich, dass man aufeinander angewiesen ist. Man arbeitet zusammen und man liefert auch viel schneller oder man setzt sich auch zusammen und entwickelt dann eine viel coolere Idee – und ich glaube daran. Normalerweise wurde ja jahrelang immer gesagt, man muss alles outsourcen, damit man hochprofitabel ist. Ich glaube persönlich überhaupt nicht dran und das Unternehmen spiegelt auch wider, woran ich glaube. Das funktioniert auch.
Johannes: Hier an der Tür sehe ich: „Unsere Vision, der RK-plus-Campus.“ Das ist natürlich jetzt eine ganz andere Nummer als in dem, wo wir jetzt gerade sitzen. Das hier ist quasi eine Zwischenlösung, oder?
Robert: Genau, wir sitzen hier nur zweieinhalb Jahre.
Johannes: Und dann wird der Campus stehen?
Robert: Genau.
Johannes: Direkt hier auf diesem Gelände oder nebendran?
Robert: Nein, das ist ein Ort, der ist 10 Kilometer von hier weg.
Johannes: Aber das Grundstück hast Du schon?
Robert: Das Grundstück ist reserviert, angezahlt und der Rest wird jetzt im ersten Quartal abgewickelt.
Johannes: Bist Du denn auf das stolz, was Du bisher erreicht hast?
Robert: Also, wenn man jetzt sagt, man ist nicht stolz darauf, das wäre gelogen. Ich bin stolz darauf, was für Leute hier drin arbeiten. Das macht mich stolz. Ein Unternehmen ist ja nichts anderes als eine Zusammensammlung von Menschen und jede einzelne Geschichte von Mitarbeitern, die wir hier haben, die macht mich irgendwie so ein bisschen stolz.
Johannes: Ich habe das gesehen, als ich reinkam, vier Leute haben mir geholfen beim Reintragen. Das habe ich noch nicht erlebt. Vier Leute. Ich musste gar nichts selber tragen. Ich musste einen Zettel ausfüllen und dann war ich hier und es war alles schon im Raum. Das hat mir sehr gefallen.
Robert: Für mich ist das auch immer ganz wichtig, denn wenn wir jetzt zum Beispiel Mitarbeiter einstellen, überzeugt mich der Mensch und nicht die Zertifikate. Wir haben hier schon eine sehr, sehr hohe Schlagzahl und eine sehr hohe Taktung und man muss ganz ehrlich sagen, dass auch in der Probezeit 50 Prozent der Menschen von selbst kündigen oder es von unserer Seite aus nicht schaffen. Wenn man Leute einstellt, und die haben eine super Vita, dann gehst du ja trotzdem davon aus, dass er das genauso hinkriegt, wie er es woanders hingekriegt hat oder dass er es vielleicht noch besser hinkriegen wird. Die Grundlage, die ich als Unternehmer habe, ist glauben und hoffen. Er glaubt, dass das, was ich ihm sage, hier auch so passieren wird. Nur ich sage es ihnen und ich versuche es auch in aller Deutlichkeit zu sagen. Aber wenn die dann hier in der Realität sind, sagen mir die meisten: „Du hast es mir zwar genauso gesagt, aber ich habe es mir nicht so vorgestellt, ihr seid eine Liga zu schnell.“
Johannes: Hast Du einen Held in der Wirklichkeit?
Robert: Für mich persönlich oder generell?
Johannes: Für Dich persönlich.
Robert: Also für mich persönlich sind Frauen mit Kindern Helden in der Wirklichkeit. Das muss ich ganz ehrlich sagen. Also ich sehe es jetzt bei unserer Familie, wir haben drei Söhne. Wie und was meine Frau für eine Taktung hat, das ist unglaublich und die kann sich nicht einmal ein bisschen rausnehmen. Unsere Kinder sind noch klein. Ich als Unternehmer, ich trinke jetzt mal einen Kaffee oder mache die Tür mal kurz zu und habe fünf Minuten für mich allein. Das hat sie nicht. Mütter, die alleinerziehend sind, sind für mich die Hidden Champions. Die sieht keiner. Keiner weiß, was sie eigentlich an Stress haben und wie sie es abwickeln. Ich sehe es ja hier im Unternehmen, wie die Frauen ihre Zeit takten. Das sind für mich die absoluten Helden.
Johannes: Das war eine tolle Antwort. Das würde jetzt alle Frauen freuen, das zu hören.
Robert: Kriege ich jetzt viele Briefe?
Johannes: Gibt es etwas, was Du noch nicht gemacht hast, aber immer schon machen wolltest?
Robert: Ja, ich möchte mit meinen Jungs, wenn der Nathan so vielleicht 17, 18 ist, nach Alaska, eine Husky-Tour machen.
Johannes: Supercool.
Robert: Ja, wir, die Hunde und das Eis.
Johannes: Und nichts anderes.
Robert: Und nichts anderes. Kein Handy, höchstens Polarlichter.
Johannes: Welche Eigenschaft an Deiner Frau schätzt Du am meisten?
Robert: Ihre Verbindlichkeit und ihre Liebe. Also ich bewundere sie, wie viel Liebe sie immer noch übrighat – auch für alle anderen Menschen.
Johannes: Was ist Deine schönste Erinnerung?
Robert: Ich habe viele schöne Erinnerungen. Ich bin ein Mensch, der immer sehr schnell versucht, das Schlechte zu vergessen. Ich kriege es ab und zu auch mal vorgeworfen, auch mal von meiner Frau so ungefähr: „Weißt Du noch, dann und dann?“ Ich weiß es dann nicht mehr. Also das Schlechte vergesse ich in der Regel. Ich versuche mich eigentlich immer nach vorne zu bewegen und eigentlich nur an das Gute zu erinnern. Ich habe mit fast jedem Menschen, mit dem ich zu tun habe, schöne Erinnerungen.
Johannes: Hast Du eine gute Kindheit gehabt?
Robert: Ja, sicher.
Johannes: Gibt es etwas, was Du an Deiner Kindheit ändern würdest, wenn Du es könntest?
Robert: Nein, würde ich nicht.
Johannes: Ich habe eine Frage, die wollte ich eigentlich vorhin direkt stellen, nachdem Du mir gesagt hast, was Ihr insgesamt hier aufbaut. Ihr habt ja dann unglaublich viele Gewerke in einem Haus und jetzt bin ich gespannt, wie Du darauf antwortest: Was hältst Du von dem Spruch: „Schuster, bleib bei Deinen Leisten“?
Robert: Also eine Person, die keine Vision hat oder sich nur auf eine Sache konzentrieren will, sollte es machen. Wenn aber einer dieses Denken hat, dann wird er selten ein großes Unternehmen haben. Es gibt natürlich Großunternehmen, die sehr spezialisiert sind und große Sachen herstellen, aber die haben selten nur ein Produkt. Wenn ich jetzt gesagt hätte, ich werde nur eine Schreinerei haben, wäre das fast nicht möglich, in dem Bereich zu sein, wo wir heute sind und wie wir skalieren, denn der Schreiner ist eigentlich am Bau oder ein Möbelschreiner. Wie oft höre ich von Leuten, die ein Haus bauen: „Herr Losing, da kommt ein Einbauschrank rein.“, und am Ende haben die Leute viel Bau und wenig Geld und dann tut es der Ikea-Schrank auch erstmal und der steht auf einmal zehn Jahre da. Das war für mich immer so ein Ziel, wo ich gesagt habe: Wie komme ich noch früher in den Bau rein? Das waren ja mit die Gründe, wo ich mich dann für den Trockenbau entschieden habe. Der Trockenbau ist ja auch relativ genau. Wir arbeiten ja auch mit Millimetern und die Profile sind genormt. Wenn Du eine 150er Wand hast, ist die 150 mm und es ist ein hochkreativer Werkstoff-Gips, damit kannst Du sämtliche Formen bauen. Deswegen war er für mich auch so sympathisch, dass ich gesagt habe, aber da bin ich schon viel früher im Bau drin: Die Wand brauchst Du und dafür ist ja auch auf jeden Fall noch am Anfang Geld da. Wir sind ja jetzt nicht im Privatbereich, wir sind fast nur im B2B-Bereich und bei der öffentlichen Hand. Aber das sind Sachen, die müssen gemacht werden und mir ging es immer darum: Wie kriege ich von dem Kuchen Bauprojekt am allermeisten ab?
Johannes: Das kann ich absolut nachvollziehen. Das ist so ein bisschen ähnlich, wie mit mir. Ich hatte anfangs nur Fotografie in meinem Portfolio gehabt. Es ist auch das, was ich studiert habe und habe dann irgendwann gemerkt, ich werde gebucht fürs Fotomachen, aber der Weg bis dahin, da stehen dann schon Konzepte: Wo werden die Bilder verwendet? Es gibt schon Kampagnen-Ideen, schon Webseiten und ich habe auch gesagt: Ich möchte eigentlich schon viel eher drin sein, auch die anderen Räder mitdrehen, denn man ist natürlich an einem größeren Umsatz beteiligt, man kann vielleicht auch noch spielerischer sein mit anderen Leistungen, als wenn man für eine Agentur arbeiten würde. Letzteres hat meistens zur Folge, dass Dir ein Budget vorgelegt wird, das Du erfüllen musst. Punkt. Dann gibst Du ab und musst Dich um den nächsten Auftrag kümmern und akquirieren. Das war irgendwie gegen meine Idee, denn ich wollte auch viel mehr drumherum bewegen, als nur der Fotograf zu sein. Klar, wir machen jetzt viel, viel mehr, aber am Anfang muss man erst einmal eines gut können und dann verstehen, wie eigentlich der ganze Markt funktioniert, um dann zu sagen: Okay, ich will da auch mitmischen. Und dann geht man die nächsten Schritte.
Robert: Was für mich vollkommen der richtige Weg ist, Johannes, muss ich ganz ehrlich sagen, weil Du dadurch auch Deinen Horizont erweiterst. Dadurch können sich auch Geschäftsfelder erschließen, an die Du vielleicht vor zwei Jahren noch gar nicht gedacht hast. Das ist für mich wirklich der Punkt, auch immer so ein bisschen hungrig zu bleiben. Etwas zu haben, wie: Was kann ich da machen? Könnte ich da irgendwie ansetzen, vielleicht nicht in dieser Perfektion, aber ich könnte mir das vielleicht mal anschauen, ich könnte mich belesen, ich könnte irgendeinen Workshop besuchen, aber es zählt erst einmal der Wille. Und wenn man den hat, steht eigentlich nicht so viel im Weg.
Johannes: Was bedeutet für Dich Erfolg?
Robert: Dass alle, die daran beteiligt sind, zufrieden und glücklich sind.
Johannes: Ich wusste, dass Du glücklich und zufrieden sagst …
Robert: Echt?
Johannes: Ja. Das bin ich nämlich auch. Wenn Du die Arbeit gerne machst, dann bist Du zufrieden und das ist auch gleichzeitig Glück.
Robert: Genau. Was für mich auch noch sehr, sehr wichtig ist, dass die Leute in ihrer Aufgabe einen Sinn sehen. Wenn Du in Deiner Aufgabe keinen Sinn siehst, wirst Du auch nie überdurchschnittlich.
Johannes: Was bedeutet für Dich Risiko?
Robert: Risiko bedeutet für mich, dass Du irgendwann mal merkst, dass Du die Situation nicht kontrollieren kannst und Du auch nicht den Weitblick hast und denkst, Du rennst jetzt gegen die Wand. Dass wir immer ein unternehmerisches Risiko haben und dass wir Entscheidungen treffen, die 50:50 sind, passiert sehr oft. Es ist es auch so, aber dass Du Dich wirklich für etwas aus dem System 1 entscheidest im Gehirn und nicht aus dem System 2 und sofort irgendwelche großen Entscheidungen triffst, das finde ich oft ein Risiko. Aber ich versuche immer, das ist mein eigener Anspruch, mich einfach um fünf Grad zu drehen. Wenn ich jetzt an dem Punkt X stehe, drehe mich einfach noch um 5 Grad, um es nochmal zu betrachten – und dann ist es meistens eine relativ gute Sache.
Johannes: Lässt Du Dir dabei Zeit oder machst Du das schnell?
Robert: Nein, ich entscheide relativ zügig.
Johannes: Also diese 5-Grad-Drehung machst Du dann schnell?
Robert: Ja, ich mache es sehr schnell. Ich entscheide auch sehr, sehr schnell, weil, das habe ich ja vorhin gesagt, ich sonst nicht so wachsen würde, wenn ich mir für alles zu viel Zeit lasse. Ich versuche nur immer zu sehen, was der Beweggrund der Person auf der Gegenseite ist und meine Sache, aber es sind auch wirklich Prozesse, die innerhalb von Sekunden entstehen.
Johannes: Was bedeutet für Dich Sicherheit?
Robert: Was ist denn heutzutage Sicherheit? Wenn der eine sagt, er sieht seine Sicherheit in der monetären Sache – wenn es eine Inflation gibt, kann er damit seine Wand tapezieren. Für mich ist Sicherheit, glaube ich, Menschen zu haben, bei denen Du sagen kannst, dass Du Dich auf sie verlassen kannst, auch wenn Du persönlich einen fatalen Fehler gemacht hast, wo Du sagen willst: „Wie konntest ich das nur machen?“ Ich sage mal, treue Freunde, Familie, das ist für mich Sicherheit.
Johannes: Was würdest Du anderen Jungunternehmern mit auf den Weg geben? Hast Du einen Tipp für sie?
Robert: An sich zu glauben und sehr viel zu machen. Ich möchte auch nicht falsch verstanden werden, dass ich jetzt immer sehr martialisch rede. Aber ich sage immer: Am Anfang geht alles über Nahkampf. Das heißt, dass Du kein Scharfschütze bist und aus einem Kilometer schießt und die Person triffst – dann kannst Du auch mit Kanonen auf Spatzen schießen. Am Anfang musst Du wirklich Face-to-Face, deswegen sage ich auch: „Mit dem Messer.“ So nah wie möglich bei der Person sein, bei Deinem zukünftigen Auftraggeber. Du kommst ja am Anfang mit Null und dann steht da eine Firma, die schon 20 Jahre auf dem Markt ist. Was überzeugt einen Auftraggeber? Die haben ein gewisses Anlagevermögen, die haben eine Bonität, die haben 20 Referenzen allein vom letzten Jahr, die sie vorweisen können und Du kommst als Newcomer. Etwas, das ihn überzeugt, dass er sagt: „Okay. Ja, ich gebe den Auftrag jetzt dem Robert.“ Du musst nah dran sein und Du musst dranbleiben und nicht so etwas sagen wie: „Ich habe ein Angebot abgegeben und ich habe von Dir nichts mehr gehört und dann hast Du Dich nicht gemeldet“. Vielleicht hörst Du von denen nichts mehr, aber dann bleibst Du dran. Ich habe es am Anfang gemerkt, dass ich mit der Hartnäckigkeit immer öfter gesiegt habe oder ich habe immer versucht, mir das Projekt schon fertig vorzustellen und nicht zu sagen: „Ich habe jetzt mein Angebot abgegeben, mal gucken, wo die Reise hingeht.“ Es war für mich im Kopf schon fertig und dadurch habe ich auch den Auftraggebern andere Fragen gestellt, die sie irgendwann im Nachgang überzeugt haben. Zu mir hat mal ein Auftraggeber gesagt: „Herr Losing, Sie haben mir ganz andere Fragen gestellt als die anderen drei Firmen vor Ihnen. Ich gebe Ihnen den Auftrag.“
Johannes: Welche Fragen waren das?
Robert: Das waren technische Fragen zu einem Projekt, wo derjenige gesagt hat: „Die anderen haben sich doch gar nicht diese Gedanken gemacht, was kommen wird oder was passiert, wenn wir dort sind.“
Johannes: Also hast Du Dich schon eingearbeitet?
Robert: Ja, das Projekt war für mich schon fertig. Ich habe das im Kopf schon komplett durchgearbeitet. Es geht am Anfang über die Persönlichkeit. Du hast nicht irgendwelche Sicherheiten vorzuweisen, gar nichts.
Johannes: Ja, auch keine Historie …
Robert: … keine Historie, gar nichts und da habe ich am Anfang, da war das Unternehmen drei Monate alt, Projekte bekommen – das ist wirklich nur Segen. Wir haben einen Auftrag von einem großen Konzern bekommen, sechsstellig. Ich wurde vom Konzern eingeladen und irgendwann kam es zur Auftragsvergabe und da hat mich der Einkäufer angerufen und sagte: „Wir haben hier ein Systemfehler. Das System sagt mir, eure Firma ist jünger als zwei Jahre.“ Und ich sagte: „Unsere Firma gibt es erst drei Monate.“ Der ist rückwärts aus allen Wolken gefallen, weil er gesagt hat: „Ich darf euch ja gar keinen Auftrag geben. Unsere Compliance erlaubt es überhaupt nicht, weil wir euch gar nicht rückversichern können“ und da hat ein Manager sich über ihn hinweggesetzt und gesagt: „Ich unterschreibe. Der macht es“. So ist das entstanden.
Johannes: Ja. Megacool. Das hat Dir natürlich auch eine gewisse Motivation gegeben, auch so weiterzumachen …
Robert: Definitiv.
Wenn Ihr erfahren wollt, wer unser nächster Hidden Champion ist, dann abonniert unseren Newsletter! Euer Johannes von thehiddenchampion.de!
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