Hidden Champions

Peter Sommer

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Lesezeit ca. 17 Minuten

Der Druckpionier

Peter Sommer: Du musst rauskriegen, wo Deinen Kunden der Schuh drückt

Heute haben wir einen besonderen Gast: Peter Sommer. Er ist nicht nur der Grund, warum es The Hidden Champion überhaupt gibt, sondern er war auch einer der Ersten, die individuelle Fotokalender- und -bücher auf den Markt brachten. Der Digitaldruck hat die Branche revolutioniert und Peter Sommer war als Pionier ganz vorn mit dabei. Doch was bedeutet das? Wie kann ein Pionier wissen, ob sein Produkt auf dem Markt funktionieren wird? Wie geht man mit Risiken um? Peter hat für alles seine eigene Strategie. Was seine Frau und sein Sohn damit zu tun haben, wie ein Südafrika-Investment ihn nachhaltig beeinflusst hat und was der Drucker von den Kollegen von Flyeralarm hält und wie man sich gegen sie behaupten kann, erfährst Du in Interview.

Auch einen Drucker plagen die Sorgen eines jeden Unternehmers. Peter hat festgestellt, dass sich viele Menschen in einer Führungsposition schwertun, insbesondere beim Umgang mit falschen Entscheidungen. Er selbst hatte dagegen nie ein Problem damit, sich selbst Fehler einzugestehen und seine Entscheidung zu revidieren. Dabei hat er in seinem Leben ohnehin nicht viele Fehler gemacht. Entscheidungen trifft er meist spontan, auch wenn sie nicht immer perfekt sind. Bei den Mitarbeitern kann er meist auch sofort sagen, wer für einen Job tauglich ist. Ein Vertriebler, der ein hohes Grundgehalt verlangt? Da nimmt Peter doch lieber jemanden, der einen guten Bonus vorzieht. Außerdem hat er uns verraten, wie unterschiedlich Angestellte sind, und was das für die Mitarbeiterführung bedeutet.

Interview mit Peter Sommer

Johannes Wosilat
Willkommen zurück zu einer neuen Folge von Hidden Champion und heute habe ich einen ganz speziellen Gast direkt neben mir sitzen, und zwar Peter Sommer. Er ist der Grund dafür, dass ich den Hidden Champions Blog überhaupt weitergemacht habe, denn er war die erste Person, die ich überhaupt interviewt habe.
Peter Sommer ist ein Vorzeige-Unternehmer. Und warum? Das erzählen wir euch jetzt in den nächsten 45 Minuten. Wie er es geschafft hat, ein Druck-Pionier zu werden. Wie er es geschafft hat, sein Unternehmen zu verkaufen. Er, dem es trotzdem nicht langweilig wird. Was er macht und wie er es macht, das hören wir jetzt direkt von Peter. Peter, sag mal in einem Satz: Was machst Du jetzt gerade eigentlich?

Peter Sommer
Ich habe das, was ich mein ganzes Leben lang gemacht habe, nämlich in der Druckindustrie tätig zu sein, vollkommen abgeschlossen. Ich mache jetzt in Gesundheitszentren, also ich konzipiere, baue, vertreibe und betreibe, zusammen mit einem Architekten, Gesundheitszentren. Also ein völlig anderes Business. Aber wenn man es im Detail betrachtet, ist es in der Vertriebstätigkeit eigentlich gar nicht so anders. Du musst Ärzte finden, die richtige Kombination zusammen bringen und so weiter. Aber es ist ein interessantes Geschäft. Die Klientel ist halt anders, da muss man sich hineinversetzen und dann macht es auch sehr viel Spaß.

Johannes Wosilat
Als wir uns das erste Mal getroffen haben, hattest du mir erzählt, dass Du eine Druckerei gehabt hast und da kam jemand, der gesagt hat, er wolle sie haben. Was willst Du dafür? Das fand ich super spannend, weil Du gesagt hast: Also, verkaufen müssest Du ja irgendwie nicht, aber dann hast Du doch verkauft. Wie kam es denn dazu?

Peter Sommer
Man ist natürlich schon interessiert. Man fühlt sich natürlich geehrt, dass da ein schwedischer Konzern auf einen zukommt und mich als kleinen Mittelständler, wir hatten damals 120 Mitarbeiter gehabt, kaufen will und dann dachte ich, ich sag’ mal einen irren Preis, den sie wahrscheinlich ohnehin niemals akzeptieren. Doch dann haben sie den Preis gezahlt und ich habe tatsächlich verkauft und ich habe es nie, auch nicht eine Sekunde, bereut.

Johannes Wosilat
Was hat sich dann nach dem Verkauf für dich geändert?

Peter Sommer
Zunächst mal gar nichts. Also ich habe eigentlich erwartet, dass die mir einen Schweden zur Seite stellen, der das Ganze ein bisschen kontrolliert, der das Reporting und so weiter betreibt. Aber da kam halt niemand. Und dann war’s letztendlich nicht wie in einer international operierenden Aktiengesellschaft, sondern wie in einem Verein: Wenn Du Dich nicht rechtzeitig duckst, hast Du sofort einen neuen Posten am Hals. Dann war ich für Ungarn zuständig, war für Polen zuständig und plötzlich war ich für die ganze Welt zuständig – und es hat irre viel Spaß gemacht, muss ich sagen. Ich war einmal im Monat für eine Woche irgendwo an einem Standort, wo halt jemand hin musste. Du musst den Leuten ja immer in die Augen schauen. Ein Reporting ist das eine, aber Du musst Geschäftsführern den Puls fühlen. Darum bin ich immer in die jeweiligen Länder gefahren. Da gibt es Länder, da fährt man nicht so gerne hin. In Ungarn, zum Beispiel, will ich nicht tot über dem Zaun hängen. Das ist keine attraktive Location, aber nach Atlanta, nach Peking, nach São Paulo ist man schon immer gerne mal geflogen.

Johannes Wosilat
Wie war das Gefühl für Dich zu verkaufen?

Peter Sommer
Emotional völlig problemlos. Es muss ja nicht sein. Gerade viele Mittelständler tun sich da ja schwer. Aber dadurch, dass ich eigentlich genauso weiter schalten und walten konnte wie davor auch und mir keiner in irgendeiner Art und Weise Vorschriften gemacht hat, war das überhaupt kein Problem.

Johannes Wosilat
Eigentlich wie ein kleiner Traum, oder?

Peter Sommer
Ja, also im Nachhinein muss ich sagen, zwickt mich das manchmal noch.

Johannes Wosilat
Aber man muss auch dazu sagen, 120 Menschen aufzubauen ist jetzt ja auch nicht etwas, was klein ist. Es ist ja auch mit unglaublich viel Strategie, Verantwortung usw. verbunden. Wie hast Du das denn überhaupt aufgebaut? Wie hast Du das hingekriegt, dass Du am Ende eine Druckerei hattest?

Peter Sommer
Du brauchst natürlich auch Glück dazu, Du brauchst ein gewisses Händchen und Du brauchst ein gewisses Timing. Als ich anfing, kam so langsam die Digitalisierung, da kann man die erste Max Desktop-Publishing, dann so langsam die erste Digitaldruckmaschine und da musstest Du dann halt wirklich … mich hat das immer interessiert, digital zu arbeiten. Aber wenn Du digital druckst, brauchst Du auch entsprechendes Business-Konzept dazu und dazu muss man natürlich eine Idee haben. Was machst Du damit? Wir hatten die Idee gehabt mit den Kalendern. Ich habe mich an meine Mutter erinnert. Sie hat früher immer im Schreibwarengeschäft Kalender mit schwarzen Blättern gekauft und da hat sie jeden Monat ein Bild eingeklebt. Wir haben genau dasselbe gemacht, nur digital.
Wenn Du so eine Idee hast, muss Du ja immer irgendwie – ich hoffe, meine Frau hört das nicht – den Putzfrauentest machen. Dann habe ich das mit Familienbildern gemacht und meiner Frau hingelegt und sie war total begeistert. Da wusste ich: Das funktioniert. So haben wir mit Kalendern angefangen und die Leute haben Kalender bestellt, das war unglaublich.

Johannes Wosilat
Aber ich war auch einer der Ersten, die das gemacht haben.

Peter Sommer
Ja. Natürlich gab es nahezu parallel auch wieder andere, aber wir waren ganz vorn mit dabei. Dann gab es Fotobücher, Fotokarten, Puzzles, Tassen. Die ganze Palette.

Johannes Wosilat
Welches Jahr war das, wo Ihr mit dem Kalender angefangen habt?

Peter Sommer
Das kann ich nicht mehr sagen, aber so Ende der Neunziger. Da war das Internet noch langsam und der Upload der Bilder noch schwierig, aber das ging ja dann immer schneller und dann hat sich das wirklich verselbstständigt. Dann haben wir natürlich auch in der Automobilindustrie individuelle Prospekte aus dem Konfigurator raus im Internet gleich druckfrisch generiert und eine Broschüre erstellt. Solche Sachen.

Johannes Wosilat
Okay. Das heißt, wenn ich ein Auto kaufen wollte, habe ich ein Heft bekommen, ein Buch mit meinem Namen, mit meinem Modell …

Peter Sommer
… mit Deiner Farbe, mit Deinen Felgen, mit Deinem Interieur und dann natürlich noch mit Glamour, denn Du musst ja immer einen Zusatznutzen hintendran kleben, denn der Autoverkäufer verkauft keine Accessoires, aber in so einer Broschüre kannst Du immer noch individuelle Angebote, z. B. eine Anhängerkupplung oder einen Dachträger, hinten anhängen. Das liest der Kunde auch.

Johannes Wosilat
Das heißt, eigentlich habt Ihr dann auch mit verkauft. Mit Euren Produkten habt Ihr das Verkaufen leichter gestaltet.

Peter Sommer
Wir haben ein Tool für die Verkäufer zur Verfügung gestellt, dass eine Upsale-Möglichkeit bietet und das hat immer so funktioniert: Der Kunde kommt ins Autohaus, konfiguriert sein Auto und wenn die Daten vor ein Uhr bei uns waren, hatte der Kunde am nächsten Tag die Broschüre im Briefkasten gehabt.
Das Ganze läuft ja unter dem Thema Web-to-Print. Wenn Du im Internet was bei Amazon bestellst, erwartest Du natürlich, dass es am nächsten Tag da ist. Genauso schnell muss auch der Drucker sein. Wenn jemand bei uns ein Fotobuch bestellt hat, haben wir immer 48 Stunden Lieferversprechen gehabt.
Ein Fotobuch ist ja zu 90 % Hardcover, also richtiges Buch. Das in einer Auflage von 1 herzustellen, ist früher unvorstellbar gewesen, aber es war halt für uns nicht die Auflage 1, denn durch den Digitaldruck, war es 5000 mal 1 an einem Tag.

Johannes Wosilat
Ihr wart praktisch der komplette Pionier auf diesem Feld. Ihr wart einer der Ersten bei der Digitalisierung, dann bei der Individualisierung.

Peter Sommer
Ja, es war schon pioniermäßig. Die eine Seite ist die Technologie, die gebraucht wird, um das Geschäft voranzubringen. Aber es hat auf der anderen Seite dann natürlich auch die Idee gebraucht, um die Technologie richtig einschätzen zu können.

Johannes Wosilat
Und auch den Mut, diesen Sprung zu machen? Weil man hat ja auch riesiges Investment im Offset-Bereich getätigt. Digital zu drucken bedeutet ja auch, neue Maschinen zu kaufen.

Peter Sommer
Ja und da war es natürlich ein glücklicher Umstand, dass Elanders schon immer global aufgestellt war. Da haben wir gesagt: „Lass uns Ungarn als Billigdruck-Standort nutzen. Die konventionelle Druckmaschine kam nach Ungarn, neue digitale Druckmaschinen nach Waiblingen. Dann haben wir in Ungarn die ganzen Mercedes-Kataloge, die Massenproduktionen waren, abgewickelt.

Johannes Wosilat
Wenn Du jetzt noch mal zurückblickst, verstehst Du den Grund, warum die bei Dir angeklopft haben und Dich dann kaufen wollten?

Peter Sommer
Genau das haben wir ja auch überlegt. Und dann habe den Karl Bennett, das ist Hauptaktionär und einer von den reichsten Schweden und den habe ich gefragt: „Wie kam es eigentlich, dass Ihr auf mich zugekommen seid?“ Er hat gemeint: „Wir haben den Markt gescannt und da sind wir auf Dich gestoßen und Du hast Mercedes und Porsche als Kunden. Wir sind sehr automobil-affin und haben gedacht, das ist der richtige Partner für uns.“ Also dass das alles so strukturiert abläuft, wie man immer denkt, das ist gar nicht so. Da ist auch viel Trial-and-Error dabei und dann muss es natürlich auch von der Chemie her gut passen.
Du triffst Leute, dann siehst Du, dass Ihr auf der gleichen Wellenlänge seid, dann ging es aber rasend schnell, muss ich sagen. Also habe ich selber nicht erwartet, dass das so schnell funktioniert.

Johannes Wosilat
Was hättet Ihr denn gemacht, wenn das Fotobuch oder die Kalender nicht so Eure Idee gewesen wäre, hätte Ihr dann auch so wachsen können? Oder war das schon ein Treiber?

Peter Sommer
Das war absolut ein Treiber. Also das wäre wahrscheinlich dann das Problem von viele Druckereien. Sie haben eher so ein Mischmasch und kriegen hier und da mal Aufträge, aber immer eher Aufträge, weil die Branche ja schon gewaltig unter Druck ist und das wäre schwierig ohne die Digitalisierung.

Johannes Wosilat
Gab es auch Situationen, vor denen Du auch mal Respekt oder Angst hattest, dass das vielleicht auch schiefgehen kann?

Peter Sommer
Hatte ich. Damals war ich natürlich auch noch viel jünger und wenn Du jünger bist, gehst Du ja sowieso ganz anders dann an die Thematik ran. Ich habe wohl etwas von meiner Oma geerbt. Die war auch Unternehmerin und die hat auch immer Entscheidungen ad hoc getroffen und das habe ich auch gemacht. Klar, da sind manchmal falsche Entscheidungen dabei. Aber wenn Du dann verkauft hast und nicht mehr das persönliche Risiko hast … Deswegen verstehe ich auch ganz gut, wie Manager ticken. Da agierst Du dann wieder ganz anders, als wenn Du selbstständiger Mittelständler bist. Da geht es noch mal lässiger zur Sache.

Johannes Wosilat
Dann hast Du irgendwann gesagt: „Okay, jetzt ist der Punkt erreicht. Ich bin mal raus aus der Geschichte“, aber hast nicht aufgehört, sondern willst trotzdem weitermachen, darum hast Du dann P2 gegründet.

Peter Sommer
Ja, die Idee war und ist immer noch: Die Druckindustrie kriselt an vielen Ecken, das heißt, Kapazität müssen gebündelt werden. Du musst aus drei Druckereien eine machen, musst die Kunden bündeln und da wieder profitables Geschäft draus machen.
Ich fand grundsätzlich den Gedanken ganz interessant, dann habe ich gemerkt, dass ich lange genug mit der Druckindustrie zu tun hatte. Dann habe ich dieses Geschäft meinem Sohn übertragen und ich mache jetzt dieses Geschäft mit den Gesundheitszentren und das macht auch sehr viel Spaß.

Johannes Wosilat
Er ist wahrscheinlich auch ein bisschen ruhiger.

Peter Sommer
Ja, ich bin auch schon ein bisschen älter. Da ist es ganz okay, wenn es ein bisschen ruhiger zugeht. Ich bin einer, der, wenn man ein Geschäft machen kann, es auch macht, aber dann will ich es auch richtig machen. So ist es jetzt mit dem Medic-Plaza-Gesundheitszentrum. Wenn Du aus dem Marketing-Umfeld, aus dem Druck-Umfeld, kommst, dann hast Du da auch ein gewisses Gespür dafür, wo Du Aufträge herbekommst.
Wir haben jetzt zum Beispiel die Idee, mit jemand, der viele Corporate Publishing Magazine macht, ein Lifestyle-Magazin für Ärzte zu machen. Das fangen wir jetzt gerade an und witzigerweise sind die Anzeigen kein Problem. Wir müssen nur die Inhalte entsprechend füllen und dann wollen wir das mit einer Auflage von 25.000 Stück mal rausschicken und hoffen mal, dass das dann was wird.

Johannes Wosilat
Spannend. Also Lifestyle, das heißt ohne medizinische Themen?

Peter Sommer
Wir ersuchen, Themen zu finden, die für Ärzte interessant sind und dazu gehören natürlich auch Autos und Rolex und so weiter. Aber ich gucke, dass der medizinische Bereich ein bisschen reinkommt.

Johannes Wosilat
Hast Du da einfach Lust drauf oder hast Du da auch schon ein Ziel damit?

Peter Sommer
Das Ziel wäre natürlich, im Idealfall, dass sich das Magazin gut verkauft bzw. das wird ja praktisch an die Ärzte verschenkt, aber verkauft sich gut in Sache Anzeige. Man druckt es dann natürlich in der Druckerei bei meinem Sohn und hat dann eben einfach ein gut gehendes Magazin, das dann wunderschöne Inhalte produzieren kann. Das würde mir einfach Spaß machen.

Johannes Wosilat
Und wie geht es dann weiter mit Medic-Plaza? Ihr habt jetzt ein Gebäude in Waiblingen und seit gerade am Bauen.

Peter Sommer
Wir sind jetzt mit dem Rohbau fertig und sind komplett vermietet. Wir haben eine interessante Kombination von Ärzten da drin. Das Ziel ist natürlich, die Marke Medic Plaza weiterzutreiben, weitere Ärztehäuser unter der Brand zu bauen. Dann muss man sehen, was passiert. Es ist erstaunlich, was da jetzt schon an Interessenten auf uns zugekommen sind, die das Ärztehaus kaufen wollten. Also wirklich interessante Dinge, die man sich vorstellen kann, aber ich möchte mir Zeit nehmen und nicht jetzt schon verkaufen. Ich möchte im Idealfall vier oder fünf haben und dann vielleicht verkaufen.

Johannes Wosilat
Was sind so Deine drei stärksten Eigenschaften, wo Du sagst, die haben viel Einfluss auf Deinen Erfolg?

Peter Sommer
Also ich würde mich mal als entscheidungsstark bezeichnen. Ich kann schnell Entscheidungen treffen, aber die sind dann natürlich nicht alle richtig. Ich kann dann aber auch sagen: „Okay, Entscheidung falsch – zurück“. Also das kann ich eigentlich ziemlich schmerzfrei machen. Ich bin immer wieder überrascht, wie viele Leute in hohen Management-Positionen sich schwertun mit Entscheidungen und immer nur den einen und anderen Rat einholen. Das habe ich nie gemacht und ich habe das Glück gehabt, dass ich damit eigentlich immer ganz gut durchgekommen bin. Also es war nie eine krasse Fehlentscheidung dabei. Das gehört sicherlich zu meinen guten Eigenschaften. Dann natürlich auch das Glück, dass mir immer mal wieder was einfällt.

Johannes Wosilat
Du beschäftigst Dich dann auch konstant mit den Dingen, oder?

Peter Sommer
Immer. Ich denke: Mensch, das könnt doch klappen, lass uns das mal probieren und dann probiert man es und dann funktioniert das so.

Johannes Wosilat
Du sagst, Du bist entscheidungsfreudig. Du warst Eigentümer und Du hattest die Verantwortung, dass es läuft. Ich glaube, Entscheidungsfreudigkeit ist sehr eng mit Verantwortung verbunden, oder? Wenn Du selbst genau weißt, Du hast die Verantwortung, dass Du das nicht an die Wand fährst, dann entscheidest Du trotz allem ja auch weise. Also Du bist ja nicht überschnell, sondern Du machst Dir schon auch bewusst, was falsch laufen kann?

Peter Sommer
Ja, zum Dritten ist da natürlich eine gewisse Risikobereitschaft. Du musst bereit sein, Risiken zu fahren. Eine gewisse Risikofreude muss sein. Du musst dann manchmal wirklich einfach den Schritt machen und sagen: „Jetzt probiere ich es aus“, denn sonst kannst Du ja nicht wissen. Beim Medical Plaza hast Du mit Kapitalmitteln, Architekten und mit Gesellschaftern zu tun und da muss man schon manchmal überzeugen, denn die Leute sagen, wir hätten ja von der ganzen Branche gar keine Ahnung. Wo ich dann zum ersten Mal den Begriff Kassenärztliche Vereinigung gehört habe und dass die bestimmen, wie viele Augenärzte sich im Rems-Murr-Kreis niederlassen dürfen, bin ich schier vom Glauben abgefallen. Da musst Du Dich jetzt mit solchen Themen auseinandersetzen, dann musst Du gucken, wie viele Kassensitze denn noch frei sind und dann musst Du genau diese Fachrichtungen ins Visier nehmen und dann musst Du einen Arzt finden, der die Fachrichtungen belegt und Ahnung hat und hier her will.

Johannes Wosilat
Was haben denn Deine Mitarbeiter damals über Dich gesagt? Also hast Du mal die gefragt, wie sie über Dich denken, wie sie Dich finden?

Peter Sommer
Also ich habe eigentlich immer gedacht, die finden mich alle ganz toll. Also ich habe mir immer eingebildet, ich war ganz okay als Chef. Ob das jeder so gesehen hat, weiß ich natürlich nicht.
Also ich war schon streng, muss man sagen, aber ich war immer fair, ich habe immer gut bezahlt, die Gehälter bei uns waren immer top. Deswegen haben wir auch immer Topleute.

Johannes Wosilat
Ich habe niemals bei Euch im Unternehmen gearbeitet, sondern manchmal für euch. Aber ich fand es immer so spannend, wie unglaublich schnell Du warst. Kann ja auch sein, dass man an einem Tag extrem viele Entscheidungen treffen muss und dann kann es sein, dass man manchmal nicht so ganz hinterherkommt.

Peter Sommer
Ja, das ist ja von Mitarbeiter zu Mitarbeiter verschieden. Also bei mir war es schon immer so, wenn man dann entscheidet, die Verantwortung für die schnelle Umsetzung den Mitarbeitern überträgt und die loslaufen lässt. Aber nicht alle kommen damit zurecht. Es gibt Mitarbeiter, die braucht es anders, die brauchen die Vorgabe und man muss man halt schon ein bisschen Gefühl dafür haben, wen man frei laufen lassen kann und wen man immer unter die Fittiche nehmen muss.
Wir haben zum Beispiel für Mercedes, immer, bevor die Modelle auf den Markt kommen sind, bevor sie veröffentlicht wurden, gedruckt. Einmal haben wir ein Plakat vom SLK gedruckt, das wurde rausgebracht und plötzlich ruft mich die Konzernsicherheit an und sagte: „Pass auf, das Plakat ist im Internet auftaucht“, dabei war das Auto noch gar nicht öffentlich vorgestellt. Da ist mir natürlich die Düse gegangen. Also Sicherheit ist ohnehin mal ein Thema. Aber nachher hat sich herausgestellt, das war eine Mitarbeiterin von mir, die hat halt das Plakat vom Stapel für den kleinen Bruder und die Mutter hat das Plakat gesehen, hat es ins Internet gestellt, zusammen mit ein paar Rollschuhen und anderem Zeug und auf Ebay verkauft. Dann haben wir da die Idee geboren, wenn es da Probleme gibt, dann lass uns doch das Thema Security Printing anbieten, also mit verschiedenen Sicherheitsstufen und das haben wir dann auch in der Automobilindustrie verkauft.

Johannes Wosilat
Du hast also nicht gefeuert, sondern Du hast daraus noch eine Geschäftsidee gemacht?

Peter Sommer
Natürlich nicht. Das war eine gute und nette Mitarbeiterin. Wir haben daraus eine Geschäftsidee gemacht und dann haben wir auch Aufträge aus der Entwicklungsabteilung gekriegt. Da wurden dann die Daten auch nicht hin- und hergeschickt, sondern wo dann ein Kurier hinging, den Tagessatz geholt hat und wo das dann auch über spezielle Server lief. Daraus haben wir eine Broschüre draus gemacht, mit drei Security Levels. Das war eine ganz coole Geschichte.
Das sind so Sachen, an die Du sonst gar nicht denkst. Wir haben zum Beispiel für die Postbank diese personalisierten Mailings gemacht, also wenn die Oma einen Sparvertrag für Enkelkind abschließen oder so. Dann hat die Oma von uns einen Prospekt bekommen mit Bildern, Guthaben mit Zinsen usw. Dann hat man das der Oma zugeschickt mit dem Antrag, wo sie nur noch unterschreiben musste, da alle Daten schon vorausgefüllt waren. Da war die Erfolgsquote von den Mailings phänomenal, teilweise bei 60 %, normalerweise sind es 2 bis 3 %.

Johannes Wosilat
Aber es war auch personalisiert? Das heißt, die Oma wurde mit Namen angesprochen?

Peter Sommer
Ja, voll personalisiert. Dann haben wir uns sehr, sehr früh mit den Datenschutzgesetzen und der Datensicherheit beschäftigen müssen. Wir haben dabei ja mit sehr stark personenbezogenen Daten, mit Finanzdaten hantiert. Dann kam tatsächlich mal einer bei uns und da haben wir früh gemerkt, dass theoretisch jeder in unserem System lesen könnte. Da merkst Du dann, dass Du jetzt richtig Geld in das Thema Datensicherheit investieren musst.

Johannes Wosilat
Wo siehst Du Deine Stärken?

Peter Sommer
Ich mache gerne Vertrieb. Ich meine, ich kann mich ganz gut auf die Kunden einstellen, ganz gut in die Strukturen oder die Bedürfnisse eindenken. Es ist immer wichtiger zu wissen, wo einen Kunden der Schuh drückt. Wenn Du das rauskriegen, wenn Du da Lösungen anbieten kannst, dann funktioniert es in aller Regel auch ganz gut.

Johannes Wosilat
Rausfinden, wo der Schuh drückt. Also Nutzen bringen?

Peter Sommer
Ja, sonst kannst Du bloß über den Preis verkaufen und über den Preis kann jeder verkaufen, Du musst nur billig sein.

Johannes Wosilat
Wie würdest Du Dich denn beschreiben? Wie hast Du Hierarchien gehandhabt?

Peter Sommer
Vor dem Verkauf war bei uns eigentlich immer eine sehr flache Hierarchie mit Abteilungsleitern. Aber auf der Managementebene, da brauchst Du natürlich Hierarchie und Reporting. Da musst Du dann schon gewisses Consulting an den Tag legen. Ich war bei Elanders für circa war 17 Standorte zuständig und da muss man natürlich auch ein gewisses Konzerndenken an den Tag legen. Ich habe früher nie einen Bericht geschrieben. Wem denn auch? Aber da musstest Du monatlich über Reporte, Zahlen, Umsatz, Gewinn gegenüber dem Vorquartal usw. berichten. Das musst Du natürlich auch von den anderen verlangen, also brauchst Du eine gewisse Disziplinierung, sonst kannst du das nicht handeln. Das ist schon Management.

Johannes Wosilat
Du hast vorhin von Deiner Vertrieblerin erzählt, die auch ein gigantisches Gehalt gehabt hat, aber die bei Dir schon eine Ausbildung gemacht hat …

Peter Sommer
Ja, die hat bei uns ein duales Studium gemacht und bei der war von vornherein klar: Die ist eine Vertrieblerin reinsten Wassers und der hast Du auch nicht viel sagen müssen. Die hat innerhalb von zwei Jahren, von 0 Umsatz völlig selbstständig knapp 8 Millionen Umsatz akquiriert, die Kunden auch gut betreut. Die ist einfach Rakete in Sachen Vertrieb. Die hat das im Blut.
Ein guter Vertriebler ist immer derjenige, der sagt: „Grundgehalt interessiert mich nicht, ich will hohe Boni“. Wenn ein Vertriebler sagt, ich will keinen Bonus, ich will nur ein hohes Grundgehalt – dann eher nicht. Die, die mit einem niedrigen Grundgehalt und einem hohen Bonus einsteigen, das sind auch die, die das Geschäft betreiben. Die wollen Geld verdienen. Da war ich auch immer völlig schmerzfrei. Es gibt ja auch Firmen, die 10 % Bonus zahlen und dann sagen, dass der Vertriebler jetzt zu viel verdient. Das habe ich nie gemacht. Ich fand es immer klasse, wenn ein Vertriebler aufgrund seines Bonus wirklich viel Geld verdient hat. Das ist mir auch immer zugutekommen.

Johannes Wosilat
Warst Du damals auch noch im Vertrieb aktiv?

Peter Sommer
Ich war bei großen Kunden vertrieblich aktiv, habe dann aber auch immer Vertriebler mitgenommen und gleich da reingebracht, weil dann schon klar war, dass die den Kunden mit betreuen. Dann hab’ ich den da eingeführt und der hat dann weiter betreut.
Bei Daimler, als es noch ganze Kataloge gab, war das Umsatzvolumen bei knapp 10 Millionen Euro im Jahr. Da erwartete der Kunde auch, dass der Chef mitkommt. Das ist ein Vorteil und das ist dann schon die Erwartungshaltung und dann muss man dann halt auch jedes Vierteljahr mal vorbeikommen.
Mal etwas Spannendes: Sagen wir mal, man ist selbst in der Druckindustrie tätig. Ist ja jetzt nicht so populär. Viele wissen gar nicht, was es da an Technologiesprüngen gegeben hat, aber es ist schon irre, was da alles passiert ist.

Johannes Wosilat
Die meisten kennen ja auch eher Flyeralarm …

Peter Sommer
Aber als Flyeralarm gestartet ist, waren die natürlich auch ein Pionier, nur auf der ganz anderen Seite. Also die haben das Kosten-Preis-Verhältnis in der Druckindustrie absolut revolutioniert. Visitenkarten für 5 Euro waren davor ganz unvorstellbar. Aber die konnten halt durch, dass sie sehr viele gleiche Druckaufträge kombiniert gedruckt haben, Preise umsetzen, die eigentlich unvorstellbar waren. Eigentlich eine unvorstellbar geile Firma, die einen geilen Job macht.

Johannes Wosilat
Ich habe von vielen Druckern gehört, Flyeralarm war so ein Dorn im Auge. Klar, weil die natürlich ganz andere Preise haben.

Peter Sommer
Klar, der klassische Drucker legt für so einen Job nicht mal eine Auftragstasche an, da hat der Flyeralarm schon verkauft.

Johannes Wosilat
Gute Marke darüber gesetzt und sehr viel standardisiert, glaube ich.

Peter Sommer
Ja.

Johannes Wosilat
Und dann halt eben viele Druck-Partner, die dann die Sachen umsetzen können.

Peter Sommer
Flyeralarm macht viel selber. Die haben richtig große Druckfabriken und alles richtig gemacht. Da kann man auch Berufskleidung kaufen usw. Das ist teilweise so unfassbar billig, dass Du gar nicht auf die Idee kommen würdest, das bei einer klassischen Druckerei zu kaufen. Aber so wie ich nicht auf die Idee gekommen wäre, in das Flyeralarm-Geschäft einzusteigen, so ist Flyeralarm nicht auf die Idee gekommen, in das Fotobuch-Geschäft einzusteigen. So muss eben jeder das machen, worauf er spezialisiert ist.

Johannes Wosilat
Was war Dein größter Fehler?

Peter Sommer
Da waren sicherlich viele Fehler. Einer, der mir nachhaltig in Erinnerung geblieben ist, als man dachte, Fotobuch und Kalender und alles läuft. Dann hat mein kleiner Sohn auch Fußball gespielt und wir haben die Idee gehabt, lass uns doch so Fanhefte für die Fußballvereine machen, wo die Mannschaften, also z. B. eine C-Jugend, ihre Bilder, Autogrammkarten usw. drucken. Ich hielt das für eine gute Idee. Wir hatten sogar schon Adidas dafür gewonnen, mit Gutscheinen usw. Da bin ich ganz stolz heimgekommen und mein Sohn hat gerade Hausaufgaben gemacht. Ich hab’ ihm das erklärt und er meinte nur: „Okay Papa, ich schau’s mir nachher an.“ Da habe ich gewusst: „Scheiße, das wird nicht funktionieren!“ und es hat nicht funktioniert. Wir haben es probiert, aber es war ein Rohrkrepierer vor dem Herrn. Aber das war mir in dem Moment, so wie umgekehrt bei meiner Frau mit dem Fotokalender.

Johannes Wosilat
Habt Ihr viel Geld in Sand gesetzt?

Peter Sommer
Es ging, aber es war sehr schmerzhaft. Vor allem war schmerzhaft, dass man eine vermeintliche Superidee hatte und die jetzt so beerdigen musste.

Johannes Wosilat
Was war der beste Rat, den Du je bekommen hast?

Peter Sommer
Ich habe einen Freund und Berater, das ist ein ehemaliger Manager von Klett und den habe ich über die Südafrika Connection von Schrempp kennengelernt. Schrempp war CEO von Daimler und ein großer Südafrika-Freund und ich habe dann auch in Südafrika investiert, in Johannesburg, in eine Druckerei. Da haben wir den kennengelernt, Martin Veith. Der war der beste Berater, der hat sich nie groß eingemischt, sondern immer nur Denkanstöße gegeben. Ich bin einer, der immer schnelle Entscheidungen trifft und das ist immer risikobehaftet und der hat mich dann schon manchmal dazu gebracht noch mal darüber zu schlafen. Bei mir will es dann ja eigentlich immer raus, ich muss das dann gleich loswerden, aber ich habe dann bei manchen Sachen drüber geschlafen und tatsächlich war es dann auch so, dass es am nächsten Morgen anders ausgesehen hat als am Abend zuvor, denn man hat ja doch emotional geredet, man war da dann schon voller Euphorie. Da hat er mir schon manchmal den richtigen Rat gegeben.

Johannes Wosilat
Es kann also der Ratschlag sein, bei wichtigen Sachen noch einmal eine Nacht drüber schlafen.

Peter Sommer
Unbedingt, aber ich mache es heute trotzdem nicht immer. Also das ist einfach mein Naturell.

Johannes Wosilat
Waren Marketing und Vertrieb bei Euch immer eins oder habt Ihr das getrennt voneinander betrachtet?

Peter Sommer
Vertrieb und Marketing waren schon getrennt. Marketing war natürlich immer auch Chefsache, mit den entsprechenden Leuten darunter oder auch mit Agenturen, wir haben sehr viel mit Agenturen zusammengearbeitet. Wir haben ja auch immer sehr viel, was das Thema Fotografie angeht, mit Dir gearbeitet. Da haben wir immer professionell Texte machen lassen und wir haben schon immer mit Profis geschafft. Wir hatten nie dieses hausbackene Marketing und es hat sich auch immer ausgezahlt.
Wenn ich jetzt zurückschaue, was wir schon vor 20 Jahren für Marketingaktionen gefahren haben, da bin ich manchmal schon baff. Da haben wir auch damals schon viel mit Agenturen zusammengearbeitet und das hat sich immer auszahlt. Der größte Renner, den wir gemacht haben, das war zur Jahrtausendwende. Da haben wir für das Weihnachtsgeschäft Feuerwerke verschenkt. Komplettes Feuerwerk, mit Rakete und Böller und allem Drum und Dran. Die haben wir in Munitionskisten verpackt und unser Logo darauf gebrannt. Das war der Hammer! Was habe ich da Kisten geschleppt! Allein beim Daimler mussten wir 20 Kisten schleppen und eine ist uns auseinandergebrochen. Das war was! Aber da waren wir super erfolgreich.

Johannes Wosilat
Das war’s jetzt mit dem Interview mit Peter. Bis nächste Woche Mittwoch!

Wenn Ihr erfahren wollt, wer unser nächster Hidden Champion ist, dann abonniert unseren Newsletter!

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