So wirst Du vom Angestellten zum Unternehmer
Denken in Herausforderungen
Ein Hidden Champion, der andere Hidden Champions sichtbar macht? Das ist Christian Götze. Der Unternehmer hat erst diesen Februar sein Unternehmen gegründet und will mit seiner Onlineplattform Toolplace künftig die Hersteller von Spritzgusswerkzeugen und ihre Kunden in einem digitalen Marktplatz zusammenbringen. Christian ist schon lange in dieser Branche tätig und hat sich immer daran gestört, dass die deutschen, österreichischen und schweizerischen Werkzeugbauer zwar die absolute Weltspitze stellen, es jedoch für ihre Kunden schwierig ist, genau den Spezialisten zu finden, den sie brauchen. Getreu seinem Motto „Wenn Du etwas ändern willst, musst Du derjenige sein, der es ändert“, hat er sich die Lösung überlegt. Doch die Idee ist natürlich nur die halbe Miete. Für Christian war klar: Wenn er die Idee umsetzen möchte, braucht er sein eigenes Unternehmen.
Den Schritt in die #Selbstständigkeit hat er sich genau überlegt und auch mit seiner Frau besprochen. Dann hat er es gewagt und sein eigenes Start-Up gegründet. Doch eines stand für ihn fest: Wenn er #Unternehmer wird, dann ohne einen Finanzinvestor. Aber ein Unternehmen nur mit Eigenkapital und einem Kredit aufziehen? Das Christian das gewagt hat, hat sicher auch mit seiner Urangst zu tun: „Ich will nicht mit 80 der sein, der, wenn er zurückschaut, sagt: Hey, hast Du eine geile Idee gehabt, aber hast es nicht gemacht.“ Christian möchte sich lieber selbst verwirklichen und nimmt dafür auch den ein oder anderen Fehler in Kauf. Denn Fehler sind für ihn nur schlimm, wenn man nichts daraus lernt. Dennoch hat er sich nicht blind in das Abenteuer gestürzt, sondern alles sorgsam abgewogen. Wie er das gemacht hat und wo Toolplace demnächst vorgestellt wird, hat er uns im Interview verraten.
Interview mit Christian Götze
Johannes: Heute habe ich einen Mann mit Bart bei mir, der es versteht, sich auf seine Zielgruppe zu konzentrieren. Er hat einen Marktplatz für Spritzgusswerkzeuge geschaffen und bringt kunststoffverarbeitende Unternehmen und Werkzeugmacher zusammen. Was hinter seiner Geschichte steckt und was seine Geheimnisse sind, um die Wünsche seiner Kunden zu erkennen und zu erfüllen, erfahren wir hoffentlich jetzt. Herzlich willkommen, Christian. Schön, dass Du da bist. Christian, was machst Du?
Christian: Ich habe im Februar dieses Jahres mein eigenes Unternehmen gegründet. Ich war vorher lange bei einem Schweizer Spritzgusswerkzeugmacher angestellt, habe dort die Verfahrensentwicklung und den Vertrieb geleitet und einen sehr tiefen Brancheneinblick bekommen und habe mich entschieden, die Erfahrung, die ich dort gemacht habe und mein Wissen über die Schwierigkeiten, die ich im Markt gesehen habe, Firmen, die ähnlich sind wie mein ehemaliger Arbeitgeber, zur Verfügung zu stellen. Jetzt baue ich mit meinem Unternehmen Toolplace einen Marktplatz auf, der auf der einen Seite Kunststoff verarbeitenden Unternehmen, vor allem Spritzgießern, die Möglichkeit bietet, sehr effizient und schnell neue, für ihre Projekte direkt passende Werkzeugmacher zu finden. Spritzgusswerkzeugmacher wie das Unternehmen, wo ich herkomme, und diese kombiniere ich auf meiner Plattform Toolplace. Es wird eine Matching-Plattform für die Kunststoffindustrie.
Johannes: Spannend. Du hast ja eben gerade gesagt, Du warst verantwortlich für den Bereich Innovation und Vertrieb. Das sind ja schon zwei unterschiedliche Bereiche, würde ich jetzt sagen. Was hast Du denn vorher gemacht? Also kommst Du wirklich aus der Technik?
Christian: Ja, ich bin klassischer Maschinenbauer. Ich habe also klassisch an der TU in Dresden Maschinenbau studiert, mit dem Fokus unter anderem auf Kunststofftechnik und bin auch über den technischen Weg in dieses Unternehmen eingestiegen. Ich habe vor zehn Jahren bei der Georg Kaufmann Formenbau AG in der Schweiz angefangen, in der Verfahrensentwicklung, also in einem ganz klassisch technischen Bereich. Wir haben dort Verfahren neu entwickelt und ich habe relativ schnell die Möglichkeit gehabt, die Innovationsleitung zu übernehmen, also die Führung des Innovationsteams. Das war aber schon immer sehr von einem ganz klaren Marktfokus geprägt, aber auch Technik auf der einen Seite, also die technische Umsetzung von einzelnen Detailfragen im Spritzgießwerkzeug, aber das immer mit einem ganz klaren Fokus. Wie können wir das verkaufen? Brauchen die Kunden das wirklich, was wir dort entwickeln? Diese Entwicklungen sind sehr kostenintensiv, da haben wir eben immer versucht, die sehr eng und sehr nah am Kunden und am Markt zu tätigen. Und so bin ich eigentlich in diese Kombinationsrolle Technik und Markt reingerutscht. Das kam für mich so automatisch, weil ich gemerkt habe, die Innovation, die muss sich verkaufen lassen und wir können nicht das Produkt fertig entwickeln und dann zum Kunden gehen, sondern das muss Hand in Hand gehen.
Johannes: Der Köder muss dem Fisch schmecken.
Christian: Genau. Wir waren ein kleines Unternehmen mit 50 Mitarbeitern. Wenn wir da Entwicklungen anstoßen, die im mittleren sechsstelligen Bereich sind – pro Entwicklung –, dann kann ich da nicht das ganze System komplett zu Ende entwickeln und erst hinterher merken, dass der Kunde das eigentlich gar nicht möchte, denn das kann sich das Unternehmen finanziell gar nicht leisten. Heute nennt man das agiles Arbeiten, so im Softwarebereich, dass man die Kunden mit einbezieht oder das Design-Thinking. Wir haben nicht gewusst, wie das heißt. Wir haben es halt gemacht. Wir sind also sehr zeitig mit unseren Prototypen und Ideen auf die Kunden zu und haben das damals so schon direkt integriert. So habe ich diesen Markt auch von dieser Seite kennengelernt. Auf der einen Seite hatte ich einen tiefen technischen Einblick in diese Produkte, die Spritzgießwerkzeuge selber und die Prozesstechnik dahinter, und auf der anderen Seite habe ich auch die Probleme des Kunden, der damit arbeitet, kennengelernt. Genau dieses Wissen kann ich eben jetzt auch für Toolplace nutzen, weil ich halt beide Seiten gut kenne. Auf der einen Seite den Markt, die Bedürfnisse: Wie redet man mit den Spritzgießern? Wie ist denn ihre Sprache, was sind ihre Schmerzpunkte? Wo kann ich ansetzen, mit meiner Plattform, um sie auch zu verkaufen? Und auf der anderen Seite eben dieses tiefe technische Verständnis für die Spritzgusswerkzeuge und die Komplexitäten in den einzelnen Anwendungen und den Prozessen selber. Das habe ich da gelernt und das kann ich jetzt gut miteinander verbinden für diesen Marktplatz.
Johannes: Klingt auf jeden Fall nach einer sehr guten Innovation und das gibt es noch gar nicht. Also Konkurrenz ist nicht da?
Christian: Es ist in dem Marktplatzbusiness. Tatsächlich, die Konkurrenz ist nicht da. Was daran liegt, dass man eben auf der einen Seite diese Produkte schon sehr im Detail verstehen muss. Also es ist kein klassisches Verkaufen wie von einem Commodity, zum Beispiel bei Amazon, wo ich sage: Ich suche ein Buch nach Titel und Autor und Amazon sucht mir einfach nach Titel und Autor die passenden Sachen zusammen. So einfach ist der Marktplatz nicht aufgebaut. Es ist schon so, dass der Kunststoff-Verarbeiter, wenn er wirklich einen Mehrwert davon haben möchte, muss er spezifisch für seine ganz genauen Anforderungen und für sein Projekt Spritzgießwerkzeuglieferanten finden. Denn genau diese Suche ist aktuell sehr aufwendig, weil eben diese Spritzgießwerkzeugmacher, super gute Handwerker sind. Wir haben hier im D-A-CH-Raum 3.500 Unternehmen und davon haben 75-80 % eine Größe von ungefähr 30 Mitarbeitern oder kleiner. Die haben gar nicht die Möglichkeit, so groß und vor allem so detailreich präsent zu sein, dass man die schnell findet. Das versuche ich mit Toolplace zu machen. Ähnlich wie ihr mit den Hidden Champions hier Unternehmen sichtbar macht, versuche ich mit meinem Marktplatz eben diese kleinen, hochqualitativen, spezifischen Unternehmen zu kategorisieren, nach den Fähigkeiten, die sie haben für diese Spritzgießwerkzeuge, für die Technologien und das eben dann auf der Plattform zu matchen mit den ganz konkreten Projektanforderungen, die die Spritzgießer haben und dann eben beide miteinander zu verbinden.
Johannes: Das Ziel, das Du dann jetzt hast, wären alle 3.000 oder 3.500 Werkzeugbauer auf Deiner Plattform zu haben, die es im D-A-CH-Raum gibt?
Christian: Richtig. Das ist so das oberste Ziel. Die Herausforderung an dieser Marktplatzunternehmung ist natürlich, dass sich das ganze wie so eine Art Wippe aufbaut. Erst mal brauche ich Spritzgießwerkzeugmacher, die registriert sind, denn ohne die Werkzeugmacher auf der Plattform kann ich keine Kunststoffverarbeiter akquirieren, die Lieferanten suchen. Habe ich aber jetzt schon zu viele Werkzeugmacher auf der Plattform und kann nicht für jeden Projekte generieren, fallen die mir wieder ab und so ist dieser Vertriebsweg ein bisschen aufwendiger, weil ich eben in beide Richtungen akquiriere. Auf der einen Seite die Werkzeugmacher als Lieferanten, auf der anderen Seite die Kunststoffverarbeiter, die Spritzgießer, die dann die passenden Projekte für die Werkzeugmacher bringen und so schaukelt sich das hoch.
Johannes: Und wahrscheinlich kommt auch noch hinzu, dass die überall in der Walachei sind.
Christian: Ja, das kommt noch dazu. Es ist eben eine ganz große Bandbreite. Da sind sehr kleine Unternehmen und die machen es auch mir schwer, sie zu finden, obwohl ich weiß, wonach ich suchen muss.
Johannes: Auch weil sie wahrscheinlich auch keine Google-Präsenz haben?
Christian: Also man kann zwar nach Werkzeugbau und Formenbau googeln, aber dann kriegt man eine Liste und schaut darauf und dann sieht man eben, dass das Unternehmen Spritzgießwerkzeuge baut, aber das ist genauso, wie wenn ich nach „Auto“ suche. Dann kommen 100 Unternehmen und alle sagen, wir bauen und verkaufen Autos. Aber vielleicht suche ich einen SUV mit der und der Motorisierung, mit der und der Farbe, mit der und der Ausstattung. Und genau diese Merkmale des Werkzeugmachers herauszuarbeiten und das auf eine Plattform zu packen, ist die Herausforderung, das zu finden, sie für die Plattform zu motivieren und ihnen einen Status zu geben, ohne dass sie selber Vertrieb machen. Trotzdem an Neukunden zu kommen, das ist so der Aufhänger, den ich habe und es funktioniert auch gut in den Projekten, die ich jetzt schon absolviert habe. Aber sie davon zu überzeugen und dann ihre Kompetenzen darzustellen, das sind die Schritte und das ist die Herausforderung auf der Werkzeugmacherseite.
Johannes: Eigentlich bist Du also der Lobbyist für Werkzeugbau? Das ist auf jeden Fall ein großes Ziel, was Du hast.
Christian: Ja, denn ich habe mich schon immer gefragt: Wie kann ich das, was ich gut kann, für mehr als nur einen Werkzeugmacher einsetzen? Wie wir in den letzten Jahren gemerkt haben, sind viele von unseren Werkzeugmachern zu einem kleinen oder doch zu einem sehr großen Anteil im Automobilbereich drin und die Projekte sind immer weiter zurückgegangen seit 2019. Dann kam noch Corona mit dazu und ich habe einfach immer mehr gesehen, wie auch ganz viele von den Werkzeugmachern, die wir gut kennen, richtig Probleme bekommen haben, weil einfach ihre Kunden sie nicht mehr automatisch mit Aufträgen versorgt haben, wie in den letzten Jahren. Und ich habe mir überlegt, wie kann ich denen helfen? Dann kam halt meine Idee. Ich baue eine digitale Lösung, weil die einfach viel, viel mehr Schlagkraft erzeugen kann und viel mehr Reichweite und natürlich die ganzen Prozesse mit automatisiert. Einfach mit der Motivation den Werkzeugmachern zu helfen, weil die super gut im Bau der Werkzeuge sind. Wenn man diesen Qualitätsvergleich global anschaut, dann ist Deutschland auf Platz 1, die Schweiz auf Platz 2 und Österreich an Platz 5 bei den Spritzgießwerkzeugmachen. Also an der Qualität liegt es nicht, dass die keine Projekte verkaufen. Es fehlt die Sichtbarkeit und die Marktpenetration und das kann ich mit Toolplace schaffen, als eine Art Knotenpunkt in einem Netzwerk.
Johannes: Was war Dein größter Fehler?
Christian: Ich denke in Herausforderungen. Für mich ist von vornherein klar, dass es nicht auf den ersten Versuch funktioniert. Eigentlich egal, was ich mache. Als Beispiel: Ich habe mir ein Grundgeschäftsmodell für Toolplace überlegt. Wie könnte das funktionieren? Wie sieht das kommerzielle Modell aus? Mache ich es über Abo-Gebühren, über Provisionen? Welcher Marktplatz-Teilnehmer zahlt? Das nehme ich als eine Hypothese, probiere die verschiedenen Hypothesen aus und merke dann schon bei Kunden: Okay, das funktioniert oder es funktioniert nicht. Aber ich sehe das in dem Fall nicht als Fehler, sondern ich sehe das eher als: Der Weg funktioniert und dann nimmst Du einen anderen.
Wenn Du mich so konkret fragst: Es gibt eine ganze Reihe Sachen, die haben nie funktioniert, wie ich sie mir gedacht habe. Aber es ist für mich nie so, dass ich sage: Oh, das war jetzt total schlimm und ich finde da keinen Weg raus oder ich bereue es. Das ist halt ein Entstehungsprozess. Ich meine, Du hast Dein Unternehmen 2007 aufgebaut. Das sieht jetzt auch anders aus als damals und es war ein gewisser Entwicklungsprozess bis dahin und genauso sehe ich das mit Toolplace auch. Die Idee für Toolplace zum Beispiel, die ist drei Jahre alt und vielleicht war es ein Fehler, wenn man es mal so definiert, vielleicht war es ein Fehler, nicht schon vor einem Jahr zu starten oder vor zwei Jahren, denn der richtige Zeitpunkt wäre da gewesen, denn der Schmerz bei dem Werkzeugmacher und dass sie keine Projekte haben – gerade zur Coronazeit – war schon sehr groß. Auf der anderen Seite sage ich aber dann zu mir: Der Grund, warum ich das nie gemacht habe, ist eigentlich die tiefe Verbundenheit, die ich mit meinem Arbeitgeber hatte. Ich habe es einfach nicht übers Herz gebracht, in der Zeit dort zu gehen und zu sagen: Ich lasse jetzt den Vertrieb dort sein und gucken wir mal, wie die das danach lösen. Sondern ich habe für mich versucht, da einen Weg zu finden, wie das für beide irgendwie gut funktioniert. Das ist das Einzige, wo ich einen Fehler sehen könnte. Ich glaube, der richtige Zeitpunkt für Toolplace wäre vielleicht vor zwei Jahren gewesen, aber ich bereue es nicht, dass ich es nicht gemacht habe, weil die Motivation, es nicht zu machen, aus meiner Sicht die richtige war.
Johannes: Du wolltest Dein Team also nicht allein lassen?
Christian: Ja, ich bin nie der Typ gewesen, der irgendwie so einen Nine-to-Five Job hat. Ich bin mit Leidenschaft und Spaß bei der Arbeit. Ich habe mir Jobs und Arbeitsstellen gesucht, wo ich meine Passion ausleben kann und wo ich eben nicht derjenige bin, der sagt: Ich tausche Zeit gegen Geld, sondern ich habe überall immer versucht, mich selber mit einzubringen, weil es mir einfach Spaß macht. Ich erschaffe gerne, ich erschaffe gerne Systeme und ich habe bei dem Arbeitgeber, bei der Georg Kaufmann Formenbau AG, so viele Möglichkeiten bekommen in meinem jungen Alter, mit wenig Erfahrung, und die haben mir so viel ermöglicht. Ich bin jetzt der, der ich bin, weil ich dort die Möglichkeiten hatte, die ich hatte und dafür bin ich tief dankbar. Deswegen habe ich es so gemacht, wie ich es gemacht habe.
Johannes: Du hast ja Deine Perspektive, Deine Erfahrung und Du hast ja vorhin auch schon gesagt, dass Du die Innovation auf der einen Seite hattest und auch den Vertrieb auf der anderen. Ich glaube, das war auch ein unfassbares Learning, was dazu geführt hat, dass Du das jetzt ganz perfekt so auch angehen kannst und strukturiert bist, wie Du es jetzt auch gerade machst. Das ist mal mein Gefühl, denn das sind auch zwei unterschiedliche Sachen, die Dir aber jetzt wieder ziemlich gut in die Karten spielen.
Christian: Ja, total geil. Also mir hat das total Spaß gemacht. Auf der einen Seite dieses technische und eben der Markt. Einfach diese Gespräche im Markt. Ich merke das auch in den Gesprächen selber, die ich jetzt mit Toolplace habe. Auf der einen Seite, wenn ich mit Spritzgießern spreche, kann ich die Erfahrung, die ich vor allem in den letzten drei Jahren bei meinem vorherigen Arbeitgeber im Vertrieb gesammelt habe, da eins zu eins abrufen. Ich weiß um die Schwierigkeiten, die die in Ihrem Tagesgeschäft haben. Ich weiß, wie ich sie ansprechen muss, wen ich ansprechen muss, mit welchen fokussierten Ansprachen, mit welchen Problemlösungen. Auf der anderen Seite habe ich die Werkzeugmacher, die ich versuche, auch für die Plattform zu begeistern, die spreche ich natürlich mit dem technischen Know-how an und mit diesem Grundansatz: Ich bin einer von euch, und ich weiß, wovon ich rede, denn ich habe das Business zehn Jahre gemacht. Und ich merke auch, wenn da jemand gegenübersitzt, der versucht, mir was zu erzählen, was nicht stimmt, denn ich kenne beide Seiten und diese Kombination, die hat mich immer total fasziniert. Ich habe so im Nachgang, als ich mich dann entschieden hatte, Toolplace zu machen, dann mit verschiedenen Leuten gesprochen: Was machst Du eigentlich gerne? Ich konnte das schon immer gut auf der einen Seite mit vielen Leuten reden und im Gespräch mit dem nächsten fällt mir wieder ein: Hey, mit dem einen hast Du mal das besprochen, das könnte doch zu dem passen. Leute vernetzen, das konnte ich schon immer gut. Und jetzt versuche ich damit Geld zu verdienen.
Johannes: Wo siehst Du Dich in fünf Jahren?
Christian: Ich sehe Toolplace in den nächsten fünf Jahren als eine globale Plattform, die Werkzeugmacher und Kunststoff-Verarbeiter auf der ganzen Welt miteinander verbindet. Also wo wir schon auch den Fokus über den D-A-CH-Raum rausbauen, denn ich habe in den letzten Jahren auch gemerkt, dass es vor allem, wenn man das ganze Thema wirklich global denkt, es auf der Welt Regionen gibt, die bereit sind für diese Marke Made in Germany oder Made in Switzerland, Made in Austria, noch Preise zu bezahlen und die wir halt hier in der Region gar nicht mehr kriegen. Aber genau diesen Unternehmen, auch in diesen anderen Regionen, fällt es total schwer, auf diese Experten hier zuzugreifen, weil sie sie einfach nicht finden. Da kann Toolplace diesem riesigen Mehrwert bieten, dass ich sage: Ich gehe nach Schweden, nach England, in die USA, vielleicht noch nach Asien, nach Indien, wo auch immer hin und baue dort mit Toolplace Vertriebsbüros auf und akquiriere Kunststoffspritzgießer mit Aufträgen von da, um hier den D-A-CH-Raum zu stärken, weil die halt noch bereit sind, auch für diese Innovation, die sie gar nicht kennen, wirklich gutes Geld zu bezahlen.
Johannes: Bist Du komplett allein gestartet oder hast Du noch jemanden im Unternehmen, wo Du sagst, die pushen Dich gerade auch, weil sie den Bedarf oder die Idee für gutheißen?
Christian: Ich bin allein gestartet, das war für mich irgendwie am einfachsten. Ich habe so am Anfang probiert, ob man eventuell irgendwie ein Team aufbaut, aber ich habe dann für mich so gesagt: Ich starte jetzt mal mit der Grundidee einfach, um das Geschäftsmodell mal grundlegend zu validieren. Ich meine, viele Start-Ups bauen erst das Produkt und versuchen dann es zu vermarkten. Ich versuche es andersherum, weil ich auch das Glück habe, dass diese Art Vermittlungsdienstleistung, was es ja eigentlich ist, nicht hundertprozentig neu ist. Das ist dieses Geschäftsmodell selber, das Vermittlungs-Geschäftsmodell. Das gibt es, das gibt es aber nicht in der digitalen Form und so groß, wie ich es mir vorstelle. Deswegen habe ich für mich gesagt: Ich möchte gerne dieses Geschäftsmodell erst mal für mich selber validieren, ohne Plattform und dann fange ich an, die Plattform zu bauen. Und genau das mache ich jetzt. Obwohl ich im Februar gegründet habe, bin ich schon länger mit der Idee im Markt unterwegs und probiere die aus und rede mit Spritzgießern und rede mit Werkzeugmachern, kombiniere die miteinander und probiere auch schon diese Prozesse nicht in dem digitalen Rahmen, aber schon in der Schrittfolge aus. Aktuell mit laufenden Projekten, wo auch schon Vermittlungen stattfinden, ohne die Plattform selber zu haben. Also die konzeptionieren wir jetzt gerade, weil wir jetzt wissen, wie sie von den Prozessen her aussehen muss. Jetzt habe ich mir einen IT-Partner dazu geholt, der mit mir gemeinsam diese Plattform-Entwicklung aufbauen wird, sodass man sie dieses Jahr zur K-Messe im Oktober vorstellen wird. Das gab es so vorher noch gar nicht. Start-Up-Stände auf der Messe. Ich habe den letzten Start-Up-Stand bekommen.
Johannes: Die in Düsseldorf, oder?
Christian: Genau in Düsseldorf im Oktober. Und da werden wir dann auch die Plattform erstmal mal wirklich zeigen.
Johannes: Das heißt, jetzt bist Du absolut in der Vorzeit, wo Du all das jetzt aufbaust, was Du jetzt beschrieben hast?
Christian: Richtig. Auf der einen Seite ist da die Konzeptionierung der Plattform, die Entwicklung des ganzen Systems, aber schon auch mit ganz klaren Umsatzzielen, die ich für mich selber erreichen will, auch schon mit diesem analogen Modell ohne Plattform, was ich halt jetzt schon probiere, weil für mich das einfach ganz wichtig ist. Nur wenn das ganze System grundlegend funktioniert, macht es überhaupt auch Sinn, diese doch nicht ganz unbeträchtlichen Investitionen in die Plattformentwicklung reinzustecken.
Johannes: Was macht für Dich einen Hidden Champion aus?
Christian: Also ein Hidden Champion für mich laut Definition ein Unternehmen, das in seinem Bereich absolut spitze ist, qualitativ und auch von den Produkten und der Dienstleistung her, die sie anbieten; die sehr spitz im Markt unterwegs sind, also fokussiert, die Ihre Zielgruppe so gut kennen, dass sie wirklich ihre Nische besetzen, sie kennen und auch da vorwärtsgehen. Aber natürlich ist Hidden Champion sein immer schwierig, denn wenn er versteckt ist und ihn niemand kennt, hat er einen ganzen Haufen Potenzial, das er gar nicht ausschöpft. Und das ist ja auch das, was ich versuche, mit Toolplace zu ändern für die ganzen Werkzeugmacher, die Hidden Champions, die einfach gar nicht die Möglichkeit haben, so sichtbar zu sein. Also diese zwei Kombinationen irgendwie, Exzellenz und Klasse in ihrer eigenen Marktnische, aber eben trotzdem die fehlende Sichtbarkeit und damit aus meiner Sicht total verschenktes Potenzial für das Wachstum der Firma selber.
Johannes: Ich habe von einem Zulieferer gehört, die machen nur die Uhrenzeiger, sonst nichts. Ich weiß nicht, wie hoch der Anteil war, aber der hat einen Weltmarktanteil von mehr als 90 %. Für uns natürlich als Otto-Normal-Verbraucher total irrelevant, denn Du kaufst ja eine Uhr, die Dir gefällt und der Uhrenzeiger ist egal. Das ist auch so ein Hidden Champion, der Weltmarktanteil hat, dass es kracht und nicht sichtbar ist. Der braucht aber auch nicht sichtbar sein.
Christian: Der hat dann was richtig gemacht, weil der hat schon seine 90 % Marktanteil – obwohl auf der anderen Seite fehlen immer noch zehn.
Johannes: Das ist richtig.
Christian: Und auf der anderen Seite kann man vielleicht auch überlegen: Wenn man mit mehr Sichtbarkeit anders in den Markt gehen würde, vielleicht die gleiche Technologie und das gleiche Know-how, das sie für die Zeiger haben, eben für einen anderen Anwendungsbereich oder für eine andere Industrie mitzuverwenden, dann wäre das auch wieder eine andere Art Potenzial, die daraus entsteht.
Johannes: Wie sieht Dein Arbeitsalltag aus?
Christian: Ich habe den großen Vorteil, dass ich von zu Hause arbeite, denn wir haben den Platz. Das ist auch dem geschuldet, dass ich bei meinem vorherigen Arbeitgeber schon einfach eine Arbeitsstelle hatte, wo ich mindestens zwei, drei Tage die Woche von zu Hause gearbeitet habe. Da bin ich also voll eingerichtet. Man findet mich am Schreibtisch oder unterwegs, zwischen mindestens früh um sieben bis abends um sechs. Das sind so die normalen Arbeitszeiten, das waren sie aber vorher auch schon. Also das ist für mich nicht neu und stört mich auch nicht, weil es mir Spaß macht. So bis April hab ich sechs Tage die Woche gearbeitet, weil ich einfach noch gewisse Sachen kompensieren musste. Mittlerweile versuche ich zumindest das Wochenende als Wochenende zu betrachten und so viel wie möglich eigentlich in die Woche reinzustecken. Es ist sehr arbeitslastig. Aber es ist nie belastend in dem Sinn. Man ist hinterher schon erschöpft. Aber es ist nicht so, dass es mich belastet. Im Gegenteil. Ich habe halt Spaß am Probieren und Machen. Das mache ich irgendwie jeden Tag.
Johannes: Das heißt, jetzt entwickelst Du quasi mit denen, wie das Feedback ist?
Christian: Genau.
Johannes: Und sobald Du das aufgesattelt hast, weißt Du: Wie werden die Fragebögen sein, die Werkzeugbauer wahrscheinlich dann ausfüllen? Denn irgendwo muss es ja technische Komponenten geben, die dann passen müssen. Und wenn das dann alles steht, dann geht es in die Skalierung?
Christian: Richtig. Aber ich mache das jetzt schon so, also ich habe tatsächlich auf der Lieferantenseite Werkzeugmacher, die sind fix angebunden, die sind also in diesem Prozess schon komplett drin und die vermittle ich auch schon, auch ohne, dass die Plattform schon existiert, weil eben dieses Geschäft quasi das Analoggeschäft ist. Das baue ich jetzt schon auf und diese Fragebögen, diese Kompetenzbögen – oder Kompetenzprofile, so nenne ich das. Die entwickeln sich natürlich Stück für Stück. Es gibt eine Variante 1 oder eine Variante 0. Mittlerweile gibt es eine Variante 3, weil die einfach größer werden, komplexer und weil natürlich jeder so seine unterschiedliche Fokussierung und Spezialisierung hat und auch von der Kundenseite die Spritzgießer verschiedene Spezialisierungen anfragen. Und so entwickelt sich das System.
Johannes: Stelle ich mir super komplex vor. Also ich als Laie muss sagen, da kommen wahrscheinlich Sachen, die man auch erst mal kategorisieren können muss. Vielleicht wissen viele Werkzeugbauer auch gar nicht um den exakten Fokus. Ich glaube, da arbeitest Du an denen ja auch noch weiter.
Christian: Genau. Aber genau deswegen arbeite ich auch mit denen. Nicht nur mit dem klassischen Bogen, also mit dem klassischen Fragebogen. Ich schicke den dahin, der wird ausgefüllt und dann gehe ich da vor Ort hin und dann schauen wir mit dem Werkzeugmacher genau die Bögen durch. Auf der einen Seite für mich, um sicherzustellen, dass die Kompetenzen, die sie da angegeben haben, wirklich haben. Denn nur das macht auch Sinn, sodass sie natürlich Kundenkontakte kriegen, die wirklich die Kompetenzen brauchen. Auf der einen Seite das und auf der anderen Seite natürlich, um auch sicherzustellen, dass ich dem Kunden keine Lieferanten vermittle, die das eigentlich gar nicht können. Ich merke in diesen Gesprächen auch mit den Werkzeugmachern, dass wir schon noch eine ganze Reihe Sachen einfach nachschärfen müssen. Auch für mich selber zum Verständnis. Es sind dann doch Sachen, wo ich dachte, ich habe sie klar formuliert, wo Du aber halt dann schon merkst: Okay, das sehen sie anders oder sie haben die Definition nicht ganz genau verstanden oder ich habe es anders gemeint, als ich es geschrieben habe. Dann arbeiten wir das so gemeinsam durch. Dann schaue ich mir noch ein paar Beispielbauteile bei den Unternehmern an, dann gehen wir noch durch die Firma, sodass ich auch einen Eindruck davon bekomme, was das für ein Unternehmen ist. Auch das ist ein großer Mehrwert für die Spritzgießer, wenn die halt wissen, dass bei den Unternehmen, die als Lieferanten auf der Plattform registriert sind, jemand vor Ort gewesen ist, der die angeschaut hat, der weiß ganz genau, dass die wirklich in der Lage sind, das zu bauen, was sie als Kompetenzen da hinterlegt haben.
Johannes: Aber da brauchst Du doch mehr Leute, wenn Du Dir jedes Unternehmen anguckst? Bei dreieinhalbtausend Unternehmen brauchst Du ja locker dann 12 oder 13 Jahre.
Christian: Ja, wir werden dann auch skalieren. Das ist ganz klar für mich. Der Schritt ist jetzt erst mal das Geschäftsmodell auf der analogen Ebene zu beweisen und parallel dazu die Plattformentwicklung aufbauen. Das werden wir Ende drittes Quartal und dann gehen wir in die Skalierung und das natürlich mit Personal und natürlich auf der IT-Seite noch im Team.
Johannes: Bist Du mutig?
Christian: Ich glaube, das ist eine Definition von mutig. Also ich sag mal so, ich habe keine Angst Fehler zu machen oder ich habe keine Angst mal in die falsche Richtung zu laufen. Ich glaube, ich bin schon eine Person, die von Haus aus schon immer grundlegend optimistisch ist. Und ich glaube, mit einer gewissen Portion Optimismus gehen sich einfach viele Situationen leichter an. Ich bin schon eine Person, die sehr überlegt ist und die auch viel abwägt, aber auch manchmal dann trotzdem aus dem Bauch heraus entscheidet.
Johannes: Das heißt, Du bist Kopfmensch und Bauchmensch zugleich oder kannst Du das je nach Situation?
Christian: Ja, so beides.
Johannes: Wann kommt was zum Einsatz?
Christian: Ich habe zum Beispiel letzte Woche ein Gespräch gehabt, da habe ich in dem Gespräch gemerkt, dass das Bauchgefühl nicht gut ist. Dann habe ich das hinterher probiert, es mit dem Kopf über eine gewisse Logik zu verifizieren. Aber am Schluss habe ich mich entschieden, das so zu machen, wie mein Bauchgefühl es gesagt hat und das hat gesagt, das einfach was nicht stimmt. Ich habe das halt in der Vergangenheit immer auf der einen Seite mal probiert, auch Entscheidungen wirklich nur komplett rational, über eine Bewertungsmatrix und was es da alles gibt, zu machen. Am Schluss ist es aber immer so gewesen, dass das Bauchgefühl doch die richtige Entscheidung war und ich glaube, so muss man das irgendwie abwägen. Also ich bin jetzt nicht der Typ, der ohne Fallschirm vom Berg springt. Das bin ich nicht, wenn man das jetzt als mutig bezeichnet. Ich würde es als blauäugig bezeichnen oder blöd. Aber ich bin jetzt auch nicht der Typ, der sagt: Oh, da ist, da ist ein riesengroßes Risiko. Ich gehe das nicht ein, denn das, was ich jetzt gerade mache, ist ein enormes Risiko. Ich habe einen sehr guten Job aufgegeben. Ich weiß nicht, wie meine Zukunft aussieht. Das kann man schon als mutig bezeichnen, denke ich. Was ich aber für mich sage, ist: Ich habe abgewogen. Und ich habe gesagt: Eigentlich schon immer, ich will nicht mit 80 der sein, der, wenn er zurückschaut, sagt: Hey, hast Du eine geile Idee gehabt, aber hast es nicht gemacht. Das ist so ein bisschen so eine Urangst von mir. Dass Du alt bist und dass Du irgendwie denkst, Du hast einen Haufen coole Ideen gehabt und bereust es, dass Du nie gemacht hast. Es gibt so einen Entscheidungsweg, den habe ich schon zwei, dreimal angewendet in meiner beruflichen Laufbahn, so bin ich auch in der Schweiz gelandet. Ich habe damals für mich überlegt: Wenn ich jetzt zehn Jahre älter wäre und auf die Situation zurück gucke, welche Entscheidung würde ich bereuen, hätte ich sie nicht getroffen? Und die mache ich nicht, weil ich einfach nicht bereuen will. So, und jetzt war mit Toolplace einfach der Zeitpunkt, dass ich gesagt habe: Ich verwirkliche mir diesen Traum der Selbstständigkeit und des eigenen Unternehmens, denn das wollte ich schon immer haben. Es kann sein, dass es klappt oder es nicht klappt. Ich glaube, es klappt. Aber ich bin auch kein Hellseher. Was für mich aber wichtig ist, ist, dass ich mir selber sagen kann: Ich habe es probiert, denn wenn ich es nicht probiert hätte, dann würde ich es immer bereuen
Johannes: Hast Du dann auch das so weit vorbereitet, dass Du für Dich Geld zurückgelegt hast und gesagt hast: Hey, ich brauche ein Polster, womit ich dann den Zeitraum X überbrücken kann, wo ich mich dann direkt drauf fokussiere. Oder hast Du gesagt: Okay, ich gehe zur Bank, wenn wir das machen. Oder hast Du das anders vorbereitet? Sicherlich gibt es da draußen auch ähnliche Situationen bei Personen, die auch direkt davorstehen oder das sich überlegen. Vielleicht ist es ja auch ein guter Tipp, den Du geben kannst, wie Du das vorbereitet hast.
Christian: Ich habe mir ganz klar ein finanzielles Polster hingelegt. Ich habe auch für mich definiert, wie viel brauche ich, um mit Toolplace zu starten und habe das auch lange überlegt. Diese Idee selber ist schon drei Jahre alt und dann habe ich lange auch hin- und hergeschärft und habe für mich aber gesagt: Ich starte jetzt mal, selber und eigenfinanziert. Ich habe mit meinem Arbeitgeber, mit der Georg Kaufmann Formenbau AG, eine sehr gute Regelung getroffen, dass die mir ein Stück weit diesen Übergang geschaffen haben. Ich habe zum Beispiel jetzt seit Jahresanfang nur noch 50 % gearbeitet, also war ich da angestellt. Die anderen 50 % meiner Zeit konnte ich schon mal in den Aufbau von Toolplace mit investieren. Auch wenn ich das Unternehmen erst im Februar gegründet habe, konnte ich im Januar schon die Hälfte der Zeit daran arbeiten. Klar, mit einem reduzierten Gehalt logischerweise, aber so bin ich nie von heute auf morgen komplett auf null gefallen, was die Einnahmen angeht.
So habe ich versucht, schon das über eine gewisse Eigenfinanzierung zu machen. Mache ich auch jetzt noch. Also ich lebe jetzt von meinem Ersparten und gehe aber finanziell schon zwei Wege. Jetzt die nächsten Schritte, die anstehen, die will ich nicht selber weiter finanzieren, die könnte ich auch selber weiter finanzieren. Will ich aber nicht. Ich entscheide mich jetzt, den Weg zu gehen und zu sagen: Auf der einen Seite, ich gehe zu einer Bank, wo ich mir wirklich ein größeres Startkapital hole, das ich als Person, als Darlehen aufnehme. Was mir auf der einen Seite für mich wichtig ist. Es gibt eine gewisse Art Commitment und auch eigenen Druck, denn was ich viel gesehen habe in der Start-up-Welt, ist, dass man eine Idee hat, ein cooles Pitch-Deck, steckt 10.000 € eigenes Geld rein und dann läuft man irgendwie bei Investoren rum und sammelt sich einen Riesenhaufen Investoren-Gelder ein und verbrennt eigentlich deren Geld, ohne wirklich selber finanziell tief committed zu sein. Und das will ich eigentlich nicht. Ich habe für mich gesagt: Ich hole mir einen Kredit von der Bank, gehe noch mehr ins eigene Risiko, was für mich selber Druck erzeugt und gehe aber trotzdem parallel noch den Weg, wenn ich die Möglichkeit habe und wenn ich einen Angel-Investor finde, der zu mir passt und der die Idee Toolplace gut findet, dann nehme ich den noch mit rein. Aber es darf kein reiner Finanzinvestor sein. Das muss schon jemand sein, der irgendwie einen Mehrwert an der Idee Toolplace selber sieht. So laufen jetzt aber die nächsten Schritte eigenfinanziert von mir, aber über eine Bank, nicht über Eigenkapital, das ich selber habe. Wenn ich noch was brauche, dann gucke ich, dass ich mir einen Investor mit an Bord hole.
Johannes: Okay. Und der sollte bestmöglich aus der Branche sein?
Christian: Zumindest eben in dieser Prozesskette Kunststoff-Bauteile-Herstellung irgendwo mit drinstecken. Was ich gemerkt habe, ist, es darf im Idealfall keiner sein, der direkt Kunde oder direkt Lieferant ist. Gehen wir mal davon aus, ein Werkzeugmacher als Lieferant wäre ein direkter Investor bei mir und der hat zum Beispiel Zugriff auf all die Daten, die da drinstecken. In Toolplace selber würde ich Schwierigkeiten kriegen, andere Werkzeugmacher zu motivieren mit dabei zu sein, weil die zum Beispiel auch Angebote über Toolplace abgeben. Diese Transparenz, die der kommerzielle Prozess hat, da muss ich echt aufpassen, dass ich die richtigen Partner an Bord nehme. Für mich ist klar, dass es aus der ersten Reihe der Kunden- und Lieferantenseite der falsche Ansatz ist. Es müssen ein bisschen andere Player sein, die sich aber trotzdem in diesem Business bewegen.
Johannes: Was war der beste Rat, den Du je bekommen hast?
Christian: Ich glaube, dass man sich immer konstant weiterentwickeln muss. Ich glaube, das ist der beste Rat – einfach niemals stehenbleiben. Und das habe ich versucht zu verinnerlichen. Einfach dieses konstante Lernen und immer wieder das Herausfordern und das Hinterfragen des Status quo. Das ist bei mir so in der DNA drin. Ich lese sehr viel und es interessiert mich einfach. Ich bin so ein Informationssammler, ich lese viel und verknüpfe das und deswegen passt auch die Plattform. Ich habe einfach Spaß, ich habe Spaß an Daten und an Informationen und das bringt mich weiter. Immer so dieses: Vielleicht noch ein anderer Punkt, der auch wichtig ist für diese Proaktivität, dass wenn Du was ändern willst, Du derjenige sein musst, der es ändert. Gib immer ein bisschen mehr, als Du eigentlich musst. Ich glaube, das sind die Kernelemente. Da habe ich auch in meiner Laufbahn, wenn ich das so sehe, die Möglichkeiten, die ich bekommen habe, die sind viel daraus entstanden, weil ich halt immer auch derjenige war, der einfach einen Schritt weitergegangen ist. Wenn jemand von mir das eine Paket erwartet hat, dann gab es halt noch ein kleines mit dazu oder es gab mal noch einen Vorschlag mit dazu oder halt noch eine Idee: Hey, ich habe da den Einen gesehen, der könnte zu Dir passen. Ich glaube, das ist eine ganz wichtige Sache, dass man sich halt nie ausruht und sagt: Ich will, dass sich was verändert, sondern dass ich der bin, der das verändert. Ich bin der, der steuert, denn dann kann ich es in die Richtung steuern, in die ich gehen will.
Johannes: Warst Du auch für den Vertrieb und für die Innovation verantwortlich?
Christian: Ja.
Johannes: Okay. Das heißt, Du hast gesteuert?
Christian: Genau und ich habe das sehr geschätzt. Es gab den CEO bei meinem vorherigen Arbeitgeber und er hat mir einfach extrem viele Freiheiten gegeben. Ich habe mich so selber entwickeln und viele Sachen ausprobieren können. Und auch wenn sie vielleicht nicht funktioniert haben, haben wir draus gelernt und das ist auch das, was ich meinte, diese tiefe Dankbarkeit, die ich dafür habe, für die Chancen. Ich habe gestern zum Beispiel einen Tag gehabt, da waren zwei oder drei Sachen, die waren einfach echt nicht gut. Und ich führe Journal. Ich schreibe jeden Morgen mindestens zehn Sachen auf, die am Tag vorher gut waren. Ich finde es total wichtig, dass man sich auf die guten Sachen fokussiert und wenn es nur ein guter Kaffee ist, ein gutes Gespräch oder die Sonne, die Dich irgendwo anlacht oder irgendwo ein Kind, das Du gesehen hast. Ich glaube, das bestimmt unseren Tag. Deswegen dieser Fokus auf die guten Sachen. Das ist auch ein wichtiger Punkt.
Johannes: Gutes Mindset, finde ich. Gefällt mir. Was schätzt Du an Deiner Frau am meisten?
Christian: Einfach, dass sie mir die Freiheiten gibt und das Vertrauen, das zu machen. Also auch gerade mit Toolplace. Diese Entscheidung ist keine, die ich alleine treffe, sondern das ist eine Entscheidung, die wir gemeinsam treffen, weil das natürlich unser gemeinsames Leben auch grundlegend verändert. Ich meine, ich habe ein gutes Einkommen mit nach Hause gebracht. Meine Frau ist Zahnärztin. Die verdient zwar auch nicht schlecht, aber es ist schon ein Unterschied, ob jetzt ein halbes Jahr oder ein Jahr lang mein Gehalt komplett weg ist. Und so habe ich das auch viel mit ihr diskutiert. Wir haben schon lange über das Thema diskutiert. Letztes Jahr zu meinem Geburtstag schenkt sie mir eine Tasse mit dem Toolplace drauf und sagt: Hey, mach halt. Da kriege ich wieder Gänsehaut. Diese Unterstützung, die dafür da ist, das ist mega. Das schätze ich extrem.
Johannes: Was bedeutet für Dich Erfolg?
Christian: Ich setze Erfolg gleich mit Selbstverwirklichung. Für mich ist Erfolg, dass ich das erreiche, was ich mir vorgenommen habe. Das ist für mich Erfolg und eben, wie ich es mit Toolplace gesagt habe. Es kann schiefgehen oder es kann funktionieren. Ich glaube, es wird funktionieren. Aber selbst, wenn es schiefgeht: Für mich ist das Ziel, es ausprobiert zu haben. Wenn ich es ausprobiert habe, ist es Erfolg.
Johannes: Was hältst Du von dem Spruch: „Schuster, bleib bei Deinem Leisten“?
Christian: Gar nichts. „Bleib so, wie Du bist.“ Geht mir voll auf den Nerv. Ich glaube tatsächlich daran, dass wir uns jeden Tag weiterentwickeln. Und nur, wenn wir uns weiterentwickeln, kommen wir voran. Und dieses „Bleib so wie Du bist“ ist genau das Gegenteil. Es ist zwar nett gemeint. Aber es ist genau das Gegenteil. Ich kann das überhaupt nicht leiden.
Johannes: Danke. Das war ein sehr spannendes Interview und ich finde es noch spannender, was in den nächsten Jahren passieren wird.
Christian: Ich auch.
Wenn Ihr erfahren wollt, wer unser nächster Hidden Champion ist, dann abonniert unseren Newsletter! Euer Johannes von thehiddenchampion.de!
Comments are closed.