Autobauer aus Leidenschaft
Herzblut, Tradition und Unternehmensführung mit Sportwagenbauer Alois Ruf!
Heute hat Johannes von Hidden Champions mit Alois Ruf, dem Inhaber von Ruf Automobile gesprochen. Als Kind hat Alois mehr Zeit auf dem Schrottplatz verbracht als im Kindergarten. Kaum, dass er krabbeln konnte, hat er seinem Vater in der Werkstatt geholfen. Gemeinsam haben sie Autos repariert und gewartet. Als Alois gerade 13 Jahre alt war, kam der erste Porsche in die Werkstatt. Seitdem lässt Alois Ruf die Faszination nicht mehr los. Heute baut er mit seinen Mitarbeitern bei Ruf Automobile hochwertige Sportwagen, die die ursprüngliche Freude am Autofahren bewahren. Ohne viele Assistenzsysteme, ohne Schnick-Schnack, einfach purer Fahrspaß mit #Tradition.
Limitierter Bildband über Alois Ruf und Ruf Automobile
„Der gute Ruf“ macht süchtig – lässt nicht mehr los. Neben tollen Fotos zu den schönsten Ruf Porsche dieser Welt, findest du persönliche Geschichten von Porsche Veredler, Alois Ruf. Folge ihm in seine Werkstatt, nach Hause oder auf die Straße. Begleite ihn beim Entwickeln des ersten 5 Gang Getriebes für den 911 Turbo, bei den Wochen im Windkanal zur Karosserie-Optimierung des Ruf CTR oder beim Forschen an neuen Reifensystemen mit Dunlop.
Alois Ruf musste früh Verantwortung übernehmen. Zunächst mit dem Vater, nach dessen Tod als Leiter der Werkstatt. Mit nur 24 Jahren war er plötzlich für alles verantwortlich, was sein Vater aufgebaut hat. Doch diese Verantwortung hat Alois nie gebeugt. Im Gegenteil: „Durchs Leben kommt man, wenn man das Leben tanzt.“, sagt er auch heute noch. Im Interview hat er uns erzählt, wie er mit seinen Mitarbeitern umgeht und warum der schnellste Wagen, den er jemals gebaut hat, offiziell nur 39 km/h läuft. Und natürlich hat auch Alois einen Tipp zur Unternehmensführung für Jungunternehmer.
Interview mit Alois Ruf
Johannes: Hallo, mein Name ist Johannes Wosilat von Hidden Champions. Heute bin ich in Pfaffenhausen bei Ruf Automobile und spreche mit dem Inhaber Alois Ruf. Alois, lass uns gleich mit einer ganz grundsätzlichen Frage einsteigen: Wie kommt man durchs Leben?
Alois: Durchs Leben kommt man, wenn man durch das Leben tanzt. Das ist ganz wichtig und man muss immer auch die gute Melodie dazu singen. Und dann funktioniert es auch. So habe ich es in meinem Leben gemacht. Deshalb habe ich auch nie in meinem Leben gearbeitet…
Johannes: … sondern getanzt. Wenn du jetzt zurückblickst, wie bist du denn der Mensch geworden, den du, der du heute bist?
Alois: Ich bin eigentlich so ein Typ, ich habe mich nicht verändert. Das sagen alle, die mich über lange Zeit kennen. Die sagen alle dasselbe, ich sei immer noch der Gleiche. Und im Kopf fühl ich mich auch noch, als ob ich immer noch 24 wäre, als ich den Laden übernehmen musste, weil mein Vater so früh gestorben ist. Aber ich hatte ihn auch vorher schon zum Teil übernommen, weil ich voll engagiert war in diesem Geschäft – mit meinem Vater. Wir zwei waren ein Duo und haben versucht, uns von schwierigen Zeiten in bessere zu manövrieren. Und da kamen im Jahr ‘74 – als mein Vater verstorben war – die größte Hürde. Das war, als die Politik und die Gesellschaft in Deutschland geglaubt haben, oder zumindest der den Glauben vermitteln wollten, dass man in einem Jahr nicht mehr Auto fahren wird. Du bist zu jung, das weißt du nicht, aber das wurde tatsächlich geglaubt. Ja, es wurde geglaubt und deshalb bin ich auch sehr skeptisch mit den ganzen Prognosen, was so bis 2030 alles passieren soll. Weil ich schon einmal so einen Rush miterlebt habe und der eigentlich aus der Geschichte fast ausradiert wurde. So unglaublich wie diese Geschichte ist, so unglaublich wie der Blaumilch-Kanal. Diesen Film muss man einfach anschauen.
Johannes: Okay, der Blaumilch-Kanal. Was passiert da?
Alois: Da passiert, dass ein einziger Mann anfängt zu buddeln und der baut ganz Tel Aviv um zu einem Venedig. Und alle Großen machen mit. Die Politiker, die Wissenschaftler, alle sagen: „Ja natürlich, der Mann hat recht, das muss man machen.“ Am Anfang hat er Widerstand ganz, ganz großen Widerstand, bis er so viel schon geschaufelt und gebunkert hat, dass das Wasser schon in die ersten Straßen gelaufen ist – und dann haben alle mitgezogen. Somit wurde Tel Aviv umgebaut …
Johannes: …zu Venedig.
Alois: …zu Venedig. Machen wir auch ganz gerne. Ich habe 1973/74 erlebt, wo man gesagt hat, die Menschen werden in Zukunft nicht mehr Auto fahren, es wird in der Zukunft keinen Kraftstoff mehr geben und was es noch gibt, wird so rationiert, dass es vielleicht gerade noch für die Bundesbahn, für die Dieselloks, ausreicht und für manchen Schwerlastverkehr. Es wurde nie erklärt, warum diese Parolen kamen und es wurde auch nie erklärt, warum diese Energiekrise stattfand. Es gab nie eine schlüssige Erklärung? Immer nur im spekulativen Bereich und das ganze deutsche Volk war zufrieden damit. Man durfte immer wieder fragen, ob man nicht mehr dran gedacht hat. Es war alles vorbei, es ging wieder aufwärts, mit der Autoindustrie ging es wieder aufwärts. Ein dunkles Kapitel in der Geschichte.
Johannes: Heute wird mehr Auto gefahren denn je.
Alois: So ist es. Und sauberer denn je! 74 waren unsere Autos noch sehr schmutzig. Da hat sich noch niemand für das interessiert, was aus dem Rohr hinten rauskommt.
Johannes: Meine Eltern haben uralten Passat gefahren. Der Geruch war einfach ekelhaft.
Alois: Das ist bis heute mein Urteil beim Hinterherfahren.
Johannes: Da versucht man entweder Abstand zu gewinnen oder zu überholen. Aber mit alten Passats beschäftigst Du Dich ja eher weniger. Was ist denn Deine jetzige Aufgabe hier bei Hof?
Alois: Meine Aufgabe war immer, dieses Schiff so zu manövrieren, dass es zwischen allen Eisbergen und Kliffen durchkam. Und es ist mir gelungen. Ich habe nie ein Business Plan gehabt. Ich habe schon immer gewisse Ziele verfolgt. Das ist ganz klar, aber das meiste hat sich eigentlich irgendwie immer ergeben und wir sind jetzt seit 40 Jahren Automobilhersteller. Was uns am Anfang eigentlich selbst gar nicht so großartig beeindruckt hat. Es ist ein Muss, gesetzliche Dinge zu regeln, zwischen den Herstellern und uns. Und so haben wir das eben auch gemacht. Und heute wissen wir, dass dieser Status des Herstellers ein ganz bedeutender Status ist, der nicht immer einfach ist, damit meine ich insbesondere, eben diese gesetzlichen Vorgaben alle einzuhalten. Das ist schon eine große Aufgabe. Und es ist auch eine große Verantwortung, die ich auch meiner nächsten Generation weitergeben möchte. Ein Fahrzeughersteller, ein Selbstständiger zu sein und ein Auto auf die Bahn zu bringen, das einerseits die Moderne reflektiert und trotzdem die Wurzeln des Ursprünglichen, was wir früher noch in den Autos hatten, dieses aus heutiger Sicht gewisse Rohe, bewahrt. Oder um es andersherum zu sagen: Unsere Autos sind nicht weichgespült. Wir haben ganz wenig Fahrerassistenzsysteme, wir haben nur eine HBS und eine Traktionskontrolle. Und der Rest muss noch gefahren werden. Geschaltet, gekuppelt und so weiter. Und das macht eben die Freude und den Fahrspaß aus, für diejenigen, die das jetzt heute suchen. Nachdem man die modernen Dinge, die vom Engineering von A bis Z perfekt sind, natürlich schon kennt. Aber man sucht auch wieder ein bisschen das Ursprüngliche. Und in dieser Nische wollen wir bleiben und wollen weitermachen.
Johannes: Wenn Du jetzt auf die Anfangszeit zurückblickst, wo Du Ruf Automobile übernommen hast, was würdest Du jetzt anders machen, wenn Du die Zeit zurückdrehen könntest?
Alois: Also ich wüsste nicht, was ich hätte anders machen können. Es war irgendwie ein Weg, eine Straße nach dem immer selben Wille, die immer wieder neu gebaut wurde. Und ich habe immer wieder die richtigen Abwägungen gemacht. Es war so wie vorher die Energiekrise. Das war eine politische Angelegenheit. Danach gab es wieder eine politische Angelegenheit. Das war aber mehr Firmenpolitik. Es sollte der 911 sterben, das weiß heute kaum noch jemand. Das ist auch so eine Geschichte, die vergessen wurde. Die Seite wurde aus dem Buch gerissen. Im Jahr 77 wurde angekündigt, dass der 911 noch maximal drei Jahre hat und dann wird er ganz eingestellt und wird dann gegen die neuen Modelle ersetzt. Ja, wir wissen, dass es anders kam. Ich hatte damals so einen kleinen Hardcore-Kundenkreis, die alle eingeschworen für mein Vorhaben waren und diese Leute sagten: „Hey, das können die mit mir nicht machen. Können wir nicht Karosserie jetzt schon kaufen und in das ganze Material investieren? Dann können Sie mir noch mal ein Auto bauen, wenn Porsche keinen mehr macht.“ Die haben es vielleicht heute noch nicht verstanden, aber irgendwann werden sie es verstehen, dass das Auto geht. Und wenn es tatsächlich so kommt, dass er nicht mehr gebaut wird, dann baue ich. So waren da immer die Gespräche. Da waren wir eine ganz kleine Firma, wir hatten fünf Mitarbeiter und haben Wartungen gemacht, Reparaturen. Das war eigentlich unser tägliches Geschäft. Und dann entstand diese spezielle Nachfrage, weil eben die Leute schon diese Torschlusspanik hatten. Den 911er wird es nicht mehr geben. Das hat uns veranlasst, noch ein bisschen mehr aus dem rauszuholen und spezielle Modelle zu machen. Wir haben also was gebaut in der Richtung wie der Carrera S3-0. Dann kam das nächste Modell im Jahr 77 mit 5-Gang-Getriebe, weil ich von Anfang an nie verstanden habe, wieso man dieses Auto mit vier Gängen baut, was eigentlich gar nicht dazu gepasst hat. Solche Dinge haben wir dann angepackt. Das war für uns als kleine Firma schon eine Riesensache. Wir sind dann zu der ersten Firma, die Porsche beliefert hat und haben gesagt, wir würden gerne 5-Gang haben, da haben die mir das erste Mal eine Gehirnwäsche verabreicht. Was ich meine war, was das Getriebe kostet und was ich mir vorstelle, was allein die Entwicklung kostet und, und, und. So war das ein Riesenthema.
Johannes: Und da gab es auch noch kein 5-Gang.
Alois: Nein, das gab und gibt es nur für die Carrera-Modelle und für die die normalen 911er, aber nicht für das Sportmodell, nicht für den Turbo. Und dann haben wir die Aktentasche aufgemacht und zwei Getriebe rausgeholt. Das waren schon Mock-ups, wie man sie dann später gebaut hat, nur waren die nicht funktionsfähig. Die waren total von den Socken. Dann gab der Verantwortliche das seiner Assistentin, aber die konnte das nicht zeichnen. Das habe ich dann an einem Tag gemacht und dann war die Zeichnung da. So ist das Gewebe ins Leben gerufen worden. Diese beiden Dinge waren Schlüsselerlebnisse für uns. Das sind so Geschichten, die erzählt man später und sagt: Mensch, man hat gewisse Dinge richtig frech angehen müssen und man musste auch diese ganzen Schutzwälle, die die Firmen aufgebaut hatten, auch wieder abschütteln. Aber man muss es bloß richtig angehen. Wir haben genau das richtige Rezept gehabt.
Johannes: Es scheint so, als würdest Du auch wirklich diese ganzen Schritte, so wie du sie damals gemacht hast, nie in die Vergangenheit gehen, sagen „Hey, das war genau richtig!“ Du scheinst ein richtiger Gefühlsmensch zu sein und auch so zu entscheiden. Und dann ergibt sich das dann auch schon.
Alois: Ja, rückblickend waren alle meine Entscheidungen emotional. Manches ging aber auch schief.
Johannes: Was ging denn schief?
Alois: Da muss ich jetzt darüber nachdenken. Ach mein Gott, ich hätte vielleicht manche Autos, die ich schon im Kopf hatte, nicht sterben lassen oder doch tatsächlich bauen sollen. Aber es ist so, wenn man so kleine Firma ist, dann ist es eine sehr, sehr kritische Sache so große finanzielle Risiken einzugehen. Ich komme aus einer Zeit, wo es uns finanziell nicht gut gegangen ist, wo wir ein sehr großes Projekt auf dem Rücken hatten. Das war mit meinem Vater. Der wollte immer ein Wasserkraftwerk bauen. Das geht zurück bis zum Jahr 1960, da war ich 10 Jahre jung. Seine Idee war genial. Er wollte an eine Stelle, wo der Fluss nutzlos 6 Meter 50 über einen Absturz des Wassers unterlässt, mit einer Turbine Strom erzeugen. Aber er war seiner Zeit voraus. Aus damaliger Sicht nicht in der richtigen Zeit, weil das war die Pro-Atomstrom-Zeit. Der Begriff erneuerbare Energien, den gab es nicht, das kam alles erst nach Tschernobyl so langsam auf. Man hat damals so in diesem Kernkraftwerks-Optimismus geschwelgt und geglaubt, dass mal ganz Deutschland komplett mit Atomstrom beliefert wird und Wasserkraftwerke sich nicht mehr lohnen werden. Den Kampf hat mein Vater dann aufgeben müssen, weil er dann verstorben ist. Aber das war auch alles sehr kostspielig, weil wir permanent umplanen mussten, neue Pläne erstellen, Planungsbüros beauftragen und, und, und. Das hat Wachstum für uns eigentlich nicht mehr möglich gemacht. Wir haben immer gekämpft, dass wir über Wasser blieben, um dieses Kraftwerksprojekt noch am Leben zu erhalten. Und dann habe ich es ruhen lassen. Eine Zeit lang, nachdem ich mich wieder hocharbeiten musste und im Jahr 1986 nach dem Tschernobyl explodiert ist, konnte man wieder neu verhandeln. Mit den Behörden kamen natürlich viele Auflagen dazu, von Naturschutz und allen möglichen Dingen, die es früher gar nicht gab. Und im Jahr 1991 habe ich dann tatsächlich die Baugenehmigung bekommen und konnte dann auch 93 bauen. Es ist jetzt auch schon seit fast 30 Jahren am Laufen. Ich konnte den Traum meines Vaters erfüllen und das war eigentlich mein größtes Projekt und mein größtes Ziel, dass ich nie aufgegeben habe.
Johannes: Wusstest du von vornherein, dass es nicht gestorben ist, sondern dass einfach nur die Zeit nicht da ist?
Alois: Also ich habe es nie aufgegeben und ich habe immer an die Worte gedacht, die mein Vater selber verfasst hat. Irgendwann wird die Menschheit kapieren, dass es keinen günstigeren, billigeren Strom gibt als den Wasserstrom. Das einfachste ist, dass Wasser den Berg runter läuft und diese Energie kann man auffangen und die kann man mitnehmen.
Johannes: Gibt es auch noch weitere Pläne?
Alois: Also so ganz große Anlagen und Pläne habe ich nicht mehr. Bin ja auch schon fortgeschrittenen Alters.
Johannes: Wie denken Deine Mitarbeiter über Dich?
Alois: Ich glaube, ich komme mit allen ganz gut zu recht. Ich habe Mitarbeiter, die über 40 Jahre hier sind, einer sogar 48 Jahre. Das war mein erster Lehrling.
Johannes: Der ist heute 63?
Alois: Ja, und stell Dir vor: Der will aufhören!
Johannes: Das kann er doch nicht machen.
Alois: Nein – und ganz wird er es auch nicht.
Johannes: Okay, er ist neben Dir also die Person, die schon am längsten mit dabei ist.
Alois: Ja, aber wir haben auch junge, begeisterte Burschen, die Spaß haben. Ich glaube, dass wir schon ein ganz gutes Team sind und dass wir uns auch gegenseitig respektieren.
Johannes: Apropos aufhören: Hast du schon Pläne? Wann willst du aufhören?
Alois: Habe ich nicht vor. Ja, ich habe noch so viele Sachen vor zu machen und dann habe ich jetzt gerade einen sehr frühen 901er fertiggestellt. Es ist auch eine interessante Sache, wegen der langen Geschichte des Autos ist das auch was ganz Besonderes. Das ist sogar ein Prototyp. Aber mehr darf ich noch nicht sagen.
Johannes: Okay, ich bin gespannt. Ich kann mich noch bestens an das Grinsen auf Deinem Gesicht erinnern, als Du in Deinem damaligen 911 gefahren bist und ich mitfahren durfte. Ich glaube, ich hatte noch nie jemanden so lange grinsen sehen. Das war so ein Erlebnis, da dachte ich: „Okay, er macht genau das, worauf er Bock hat, der ist mutig.“
Alois: Mutig, aber auch nicht übermütig. Oft sagt jemand: „Also ich würde sowas nicht machen. Das ist ein Untergang, wenn Du so ein ganzes Auto bauen möchtest.“ Aber bis jetzt sind wir nicht untergegangen und wir bauen die Autos. Also das heißt, ich bin auch gewissermaßen beratungsresistent. Das muss man manchmal auch sein.
Johannes: Hast du einen Helden der Wirklichkeit?
Alois: Ja, also ich finde, was Tesla auf die Bahn gebracht hat, das ist toll, weil er ist nicht nur mit einem Elektroauto unterwegs, er fliegt ins Weltall und schafft es, die Rakete wieder heil runterzubringen, dass sie wiederverwertbar ist. Das sind schon toll. Elon Musk ist für mich schon ein Held, egal wie er sonst noch sein mag, aber er hat was auf die Bahn gebracht. Das muss man ihm lassen.
Johannes: Was ist Deine schönste Erinnerung?
Alois: Das war 1987 in Indonesien. Da ist eine Versuchsstrecke von Volkswagen und das ist ein Hochgeschwindigkeitsbereich, weil es in jede Richtung sechs Kilometer kerzengeradeaus geht und dann kommt eine Steigung, eine steile Kurve. Übrigens mit einem sehr schönen Geschwindigkeitsbegrenzungs-Schild, da stehen 250 km/h drauf als Begrenzung in der Kurve. Leider konnte ich nicht fotografieren, weil da das Filmen und Fotografieren verboten ist. Ja und dann fährt man aus dieser Kurve wieder Vollgas und schaut, wie schnell das Auto geht. Und als wir gefahren sind, gab es damals noch diese Klappenanzeige für die Geschwindigkeit. Und dann hat es eben die drei nicht angezeigt, die war unten geblieben und als es dort die letzten zwei Ziffern zeigt, sage ich: „Das kann ja wohl nicht sein.“ Der Prüfer hatte mit seiner Stoppuhr 339 km/h gemessen und die erste drei ging nicht hoch, weil sie angeklebt und verrostet war. Das ist einfach so eine lustige Geschichte und da kann man immer wieder darüber schmunzeln.
Johannes: Und das war dann wirklich das schnellste Fahrzeug? War das auch das Ziel von Dir, der Schnellste zu sein?
Alois: Ja, schon. Natürlich muss man schon sagen, das ist das Ziel.
Johannes: War das ein Durchbruch?
Alois: Das war ein Durchbruch. Das war ein ganz kleiner Durchbruch. Das hat uns in der Nation, wo die Geschwindigkeitsbegrenzung schon längst zu Hause ist, einen derartigen Hallo-Effekt beschert. Du musst dir vorstellen, wir haben ja vor diesem CTR nur 29 Autos gebaut. Aber dann kamen hinterher die Videogames und wir sind da 80-millionenfach vertreten. Also aus den 29 Autos werden 80 Millionen. Ich habe gesagt, die Amerikaner, eine Nation, die eine Geschwindigkeitsbegrenzung hat, kauft Autos von der Nation, wo man noch frei fahren darf. Das ist genau das, was Deutschland, seine Industrie und ihr Image in der Autowelt ausmacht.
Johannes: In welchem Alter hattest Du hier schon gearbeitet? In sehr jungen Jahren, nicht wahr?
Alois: Ja, kurz nachdem ich krabbeln konnte, bin ich zu meinem Vater in die Werkstatt und ging von früh bis Nacht und zu den Autos und musste die stundenlang schrubben. Aber das war so meine Umgebung, meine Umwelt und mein Vater hat mich überall hin mitgenommen. Ich durfte mit auf den Schrottplatz und überall habe ich Sachen abmontiert, die ich mit nach Hause nehmen durfte usw. So wie es Kinder am liebsten haben sollen war meine Welt. Und als der erste Porsche zu uns kam, da war ich 13. Das war ein Riesenerlebnis. Ich fand dieses Auto bei uns und habe mich reingesetzt, habe die Ledersitze gerochen und Autofahren gespielt und dann war das Auto irgendwann mal gerichtet und fertig. Die restliche Geschichte ist ja bekannt durch die DVD mit der Historie. Aber so bin ich halt aufgewachsen in dieser Welt. Ich weiß noch viel darüber, wie ich sechs oder sieben Jahre alt war, wie mein Vater den Omnibus gebaut hat. Da durfte ich als Kleinster unter den Bus krabbeln und die Mutter halten, damit man die Sitze einschlagen konnte. Das war die Welt, in der ich aufgewachsen bin. Man hat am Tisch nur davon geredet, was machen wir morgen und kriegen wir morgen noch Dieselmotoren und dieses Rad. Ich wusste über alle Autos Bescheid, die der Papa gemeinsam mit mir gemacht hat. Es war echt schön. Das war einfach Teil meiner Jugend.
Johannes: Also eine glückliche Kindheit.
Alois: Ich glaube, ich war in meinem Leben höchstens fünf Mal im Kindergarten. Jemand musste mich abliefern und eine halbe Stunde später kam der Papa und hat mich wiedergeholt. Er sagte nur: „Wir fahren weg, wir fahren auf dem Schrottplatz. Wir müssen Teile holen.“ Damals hat man die gebraucht, um Autos zu reparieren. Es gab ja keine Ersatzteile. Man hat viel auf dem Schrottplatz improvisiert.
Johannes: Für was bist Du in Deinem Leben dankbar?
Alois: Dass ich gesund bleiben durfte und dass ich alles machen darf, was ich heute noch mache. Und ich hoffe, dass es so weitergeht.
Johannes: Wenn Du einen Rat hättest für Jungunternehmer. Was würdest Du mir mit auf den Weg geben?
Alois: Folge einfach deinem Plan, gib Dein Ziel nicht auf. Da muss man auch mal stur sein und durchhalten. Es geht nicht anders.
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